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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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nichts mehr.
    Auch davor hat nichts gestimmt, sagt sie, und ich protestiere, was redest du da, weißt du nicht mehr, wie gut es uns gegangen ist, als Noga geboren wurde, wir waren so glücklich, bis ich alles kaputtgemacht habe, und sie lacht, glaubst du das wirklich? Er war neidisch wie ein kleines Kind auf die Aufmerksamkeit, die du ihr geschenkt hast, er wollte, daß du dich nur um ihn kümmerst, erinnerst du dich nicht mehr, wie krank er war, als sie geboren wurde, und ich erschrecke, wieso denn, er hat sich sofort in sie verliebt, stundenlang hat er sie herumgetragen, er hat sie gewaschen, ist nachts für sie aufgestanden, und sie sagt, aber auch das war ein Teil seines Machtspiels, er wollte dich erniedrigen, er wollte dir zeigen, daß er sogar auf diesem Gebiet besser ist als du. Du übertreibst, Mutter, sage ich, und sie bekennt, gut, vielleicht übertreibe ich ein bißchen, ich war schließlich nicht viel bei euch, aber trotzdem war ich oft genug hier, um zu sehen, daß es auch vor dem Unfall Probleme gegeben hat, und ich höre seltsam verwirrt zu, so wie man guten, aber zweifelhaften Nachrichten lauscht, und plötzlich habe ich das Gefühl, daß es im Haus brennt, ich atme mit offenem Mund ein, eine Welle von Hitze kommt mir entgegen, eine schwache Stimme ist zu hören, was für ein Unfall, und noch einmal, was für ein Unfall? Und ich atme erleichtert auf, Noga wird gesund, da steht sie auf ihren eigenen Beinen, lehnt an der Wand, ihr Blick ist klar, aber wie lange steht sie schon da, was von dem, was wir gesagt haben, hat sie gehört? Meine Mutter senkt die Augen, und mir ist klar, daß sie Noga längst gesehen und trotzdem weitergeredet hat, ich strecke die Hand aus und ziehe Noga zu mir, setze sie auf meinen Schoß, ihr Körper ist weich, der Körper eines kleinen Kindes, und ich spüre plötzlich ein angenehmes Stechen in den Brüsten, als schieße mir die Milch für sie ein, gleich werde ich meine Bluse aufknöpfen und sie stillen, und ich drücke sie an mich und flüstere, du bist Papa aus der Hand gefallen, du warst zwei Jahre alt, eine Plastikwanne voller Wasser, die das Hausmädchen der Nachbarn draußen vergessen hatte, hat dir das Leben gerettet.

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    17
    Wie in Kriegszeiten, wenn die Männer eingezogen worden sind, um ihr Leben an der Front zu riskieren, und nur noch Frauen und Kinder zurückgeblieben sind, so leben wir, drei Frauen in einer Wohnung, die sich vollkommen verändert hat und aussieht, als wäre sie noch nie von einem Mann betreten worden. Zum Schlafen überlasse ich meiner Mutter das Doppelbett, dessen Anblick mich ohnehin traurig stimmt, und klappe wieder einmal das Sofa im Wohnzimmer auf, es streckt mir seine samtigen Arme entgegen, zieht mich in eine weitere qualvolle Nacht, mir ist, als würde die Sonne noch immer auf die Betondecke über mir knallen, ihre grauen Strahlen verbrennen mich, tätowieren mir Zeichen der Eifersucht in die Haut. Dort liegt er, in ihrem Bett, sein Körper, der in meinen Armen herangewachsen ist, bewegt sich brünstig mit ihrem geschmeidigen Körper, lang und schmal wie der Körper einer Schlange, und ich trommle ihm auf die Schulter, ich will bei euch sein, laßt mich nicht allein hier zurück, ich verspreche auch, daß ich nicht hingucke, laßt mich nur neben euch schlafen, aber er ist in sie versunken, er spürt mich überhaupt nicht, ich kann mir nur schwer vorstellen, wie er in diesem Moment aussieht, denn ich war ihm immer zu nahe, habe die Augen zugemacht. Ich kann ihn kaum von der Seite sehen, ich kann nur die Zartheit spüren, die er in Momenten der Nähe ausstrahlt, eine wunderbare, einzigartige Wärme. Ich versuche, mich zu erinnern, wie er Liebe macht, ich lege seinen Körper neben mich auf das Sofa, wie macht man Liebe, ich strecke die Hände aus, wie spaltet man Lippen, wie öffnet man einen Körper, der sich zusammenkrümmt, wie passiert dieses Wunder, ich bin so weit von Liebe entfernt, daß ich sie mir kaum mehr vorstellen kann, ganze Nächte habe ich hier allein gelegen, während er im anderen Zimmer schlief, hinter der verschlossenen Tür, warum habe ich mich nicht mitten in der Nacht in sein Bett gestohlen, wie ein Kind nach einem schlimmen Traum ins Bett seiner Eltern kriecht, warum habe ich mich nicht in seine Arme gedrängt, wie sie es jetzt macht, die ihm die dunkle Brust, prall von Milch, in den Mund drückt, und er saugt und saugt, ich trommle auf das Bett, er gehört mir, er gehört mir, er darf nicht an einer anderen Frau

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