Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Geruch einer anderen Frau wegzuwaschen, oder daß er mich ignorierte, weil er wußte, daß ich log. Wieso hieß dieser junge Mann plötzlich Arie, das klang mir nicht logisch, bestimmt hatte Joni das erfunden, um zu signalisieren, daß er alles wußte. Und als ich hörte, wie er in der Dusche anfing zu summen, lief ich ins Wohnzimmer und wühlte in seiner Tasche, bis ich sein Notizbuch mit den Telefonnummern fand, und suchte unter A, aber da gab es keinen Arie, und ich überflog das ganze Alphabet und fand ihn auch nicht unter irgendeinem Familiennamen, und dann rief Joni, Ja’ari, ein Handtuch, und ich steckte das Notizbuch zurück in seine Tasche und ging mit einem Handtuch in der Hand zum Badezimmer.
Mir war es schon immer als die höchste Form der Intimität vorgekommen, als wichtigster Vorteil, wenn man mit jemandem zusammenlebte, daß man aus dem Badezimmer nach einem Handtuch rufen konnte und wußte, daß dieser Ruf den anderen dazu brachte, aus dem Bett zu steigen oder vom Stuhl aufzustehen oder das Blättern in Notizbüchern zu beenden und zum Schrank zu gehen, und das alles durch die Kraft eines einzigen Wortes.
Dort stand ich also und schaute ihm zu, wie er sich abtrocknete, sein Körper war weich wie Teig, und das Rubbeln hinterließ rote Stellen auf der Haut, und wieder kam es mir vor, als lächle er, also summte ich mir die Melodie vor, die ich mir vorhin ausgedacht hatte, die mit dem Rad, das sich gedreht hatte, und ging zurück ins Bett. Nur die Zeit konnte die Situation klären, entschied ich, aber inzwischen sehen wir mal, ob er ins Bett kommt. Wenn ja, ist es ein Zeichen, daß er von keiner Frau kommt, doch dann erinnerte ich mich daran, daß ich sehr wohl von einem Mann kam und trotzdem bereit war, mit ihm zu schlafen, um den Verdacht wegzuwischen, warum sollte er nicht das gleiche tun, und ich sah, daß all diese Zeichen nur ein großes Durcheinander waren und daß man sich damit abfinden mußte, nie alles über den anderen zu wissen, noch nicht mal die Hälfte, und ich dachte, daß er sich bestimmt mit ähnlichen Gedanken herumschlug, denn auch er wußte nichts, und das brachte mich erst zum Lachen, dann machte es mich traurig.
Er kam herein und fragte, ob ich Hunger hätte, und ich sagte, schrecklichen Hunger, und sofort bereute ich es, denn wenn ich mich nicht wohl fühlte, war es logischer, keinen Hunger zu haben, und ich merkte, daß ich bei allen Testfragen, die er mir stellte, versagte, aber er begann, in der Küche Gemüse zu schneiden, in einem gleichmäßigen, schnellen Rhythmus, und die Bewegung des Messers verriet nichts von seelischen Stürmen oder einem Gefühl der Ungewißheit.
Ich ging zu ihm in die Küche und machte Spiegeleier, und während sie brieten, umarmte ich ihn und sagte ihm, wie sehr ich ihn liebte, und in diesem Moment empfand ich das auch so, und er lächelte und sagte, ich weiß, und plötzlich wurde ich gereizt, woher weißt du das, vielleicht sage ich es nur so dahin, und ich sah, daß er keinerlei Verdacht hegte, und einen Moment lang spürte ich Erleichterung, aber dann tat es mir leid, denn ein Verdacht, besonders ein gegenseitiger Verdacht, machte uns gleich, und nun waren wir wieder ungleich, wie Mutter und Kind, und sein Vertrauen warf wieder die Schwere der Schuld auf mich zurück, die mir für einen Moment genommen worden war. Ich fühlte, wie die Schuld in meinem Bauch wühlte, und plötzlich hatte ich keinen Appetit mehr, ich wendete die Spiegeleier, die schon fast verbrannt waren, und sagte, mir wird wieder schlecht, ich gehe zurück ins Bett.
Ich lag in der Dunkelheit und hörte ihn kauen, gründlich und energisch, er schnitt sich Brot, tunkte es in die Salatsoße, alle Geräusche konnte ich unterscheiden, und danach wischte er sich den Mund mit einer Serviette ab, dann brachte er das benutzte Geschirr zum Spülbecken, wo es sich zu den Kollegen von gestern gesellte, so wie er sich mit einem müden Seufzer zu mir gesellte.
Und dann fing er an, mich zu streicheln, und ich hatte schon fast vergessen, wofür das ein Zeichen war, und versuchte mich darauf zu konzentrieren, was ich am besten tun sollte, ob ich sagen sollte, ich hätte keine Lust, das wäre zwar nichts, aber vielleicht doch verdächtig, als wäre ich für heute sexuell befriedigt, und wenn ich ihm Leidenschaft vorspielte, dann wäre das auch verdächtig, als würde ich etwas verbergen, und ich wußte nicht, wie ich aus dieser Verwirrung herauskommen sollte, deshalb beschloß ich, mich
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