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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Fenster geschoben hatte, sah aus, als wachse es armselig und schmal aus der Landschaft hervor, und in diesem Bett lag Tante Tirza.
    Sie lächelte mich an, ein freudloses Lächeln, geradezu verärgert, noch nie hatte sie mich leiden können. Warum bist du gekommen, fauchte sie, ich habe deiner Mutter doch gesagt, daß ich außer ihr niemanden sehen will.
    Meine Mutter hat heute keine Zeit, log ich, sie hat mich gebeten nachzuschauen, ob du was brauchst. Davon hatte sie kein Wort gesagt, meine Mutter, sie hatte nur erwähnt, daß sie es heute nicht schaffe, Tante Tirza zu besuchen, und ich war aus eigenem Entschluß am Krankenhaus ausgestiegen, eine Haltestelle vor der Universität, ich hatte mich nicht beherrschen können, denn immer wieder zog es mich in den lauwarmen Schutz der schmalen Korridore, zu den engen, häßlichen Zimmern voller Husten, Seufzer, Schmerzen und vergeblicher Hoffnungen, eine armselige Umgebung, die im geheimen Gewächse von blassem, königlichem Adel hervorbrachte.
    Natürlich brauche ich was, unterbrach sie mich, ich glaube nur nicht, daß du es mir geben kannst.
    Versuch’s, was hätte ich sonst sagen können.
    Dein Alter, sagte sie, deine Jugend.
    Ich kam mir selbst eigentlich gar nicht mehr so jung vor, auch ich wollte manchmal junge Mädchen auf der Straße erwürgen, nur wegen ihrer Jugend, aber hier, gegen diese von der Krankheit gezeichneten Gesichter, fühlte ich mich ziemlich jung und ziemlich gesund, selbst wenn mir diese Tatsache nicht unbedingt ein Versprechen auf Glück zu sein schien. Vermutlich möchte jeder Mensch einen anderen aus Neid erwürgen, es muß eine Art Pyramide sein, in der immer jemand ist, der einen ermorden will, egal, wie tief unten man sich selbst wähnt. Sogar Tante Tirza, in ihrem harten Bett, mit dem leeren Büstenhalter unter der Pyjamajacke, konnte immer noch den Neid eines anderen erregen. Nicht daß das ein Trost für sie gewesen wäre.
    Du siehst gut aus, sagte ich.
    Ja? Sie fragte es im Ernst und zog einen kleinen Spiegel hervor und kämmte sich mißtrauisch, als wolle sie meine Ehrlichkeit prüfen. Ihr Gesicht war magerer, als ich es im Gedächtnis hatte, und weniger glatt, doch die Magerkeit betonte die hohen Wangenknochen und ihre großen grünen Augen mit dem kalten, harten Blick. Auch jetzt würde ich mich freuen, wenn jemand sagt, wir sähen uns ähnlich, sagte ich.
    Warum sollte das jemand sagen? Du bist ganz anders, und wir sind nicht blutsverwandt. Du kannst höchstens deinem Onkel Alex ähnlich sehen, was ich dir aber nicht empfehlen würde. Und mit überraschendem Eifer fragte sie, was ist mit ihm? Wie sieht er jetzt aus, als alter Mann?
    Er hat sich nicht besonders verändert, sagte ich, seine Haare sind ganz weiß, aber er ist noch immer klein und schwarz.
    Klein und schwarz, sie lachte, klein und schwarz und mit weißen Haaren, und sie fuhr fort, sich prüfend im Spiegel zu betrachten, als blicke ihr von dort Onkel Alex höchstpersönlich entgegen. Es interessiert mich, wie er gealtert ist, murmelte sie in den Spiegel, ich habe jedes Detail seines Gesichts gekannt, ich wüßte gerne, wie seine Augen gealtert sind, oder seine Lippen. Hat er Falten um den Mund?
    Ja, ich glaube schon, ich erinnere mich nicht genau, ich habe nicht darauf geachtet.
    Sie versuchte sich aufzurichten, ihre Bewegungen waren erschreckend. Ich weiß gar nicht, warum das noch immer weh tut, sagte sie.
    Sich aufrichten oder an Alex denken?
    Beides, sie verzog den Mund zu einem bitteren Lächeln, man hat uns versprochen, daß die Schmerzen vorbeigehen, und das ist eine Lüge. Nicht die des Körpers und erst recht nicht die anderen. Man muß bei jeder Bewegung, die man macht, überlegt vorgehen, denn wenn man auf die Nase fällt, geht es nie vorbei. Ich habe noch nie eine Wunde gesehen, die verheilt wäre.
    Bereust du es, fragte ich leise.
    Ja, sagte sie, aber das macht nichts, denn auch wenn ich mit ihm zusammengeblieben wäre, hätte ich es bereut, nur daß er dann dagewesen wäre und mir Kaffee ans Bett gebracht hätte, und jetzt bereue ich, daß er mit einer anderen Frau zusammen ist und ihr Kaffee ans Bett bringt. Ich nehme an, die erste der beiden Möglichkeiten wäre in gewisser Hinsicht leichter.
    Da hörte ich das Bett neben ihr stöhnen. Ein leeres Bett, jedenfalls war das mein Eindruck gewesen, bevor das Stöhnen begann und aus den blassen Laken eine kleine weiße Frau auftauchte. Sie sah aus, als sei sie in der Wäsche eingegangen, jemand hatte versäumt,

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