Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
jungenhaft aus wie damals, und er geht mit den gleichen vorsichtigen Schritten an mir vorbei, mit denen er damals durch das Ausgrabungsareal gegangen ist, seine große Gestalt schien die bloßgelegte Ausgrabungsstätte zu beschützen, und ich bürstete gründlich den Staub ab, schaute heimlich zu ihm hin und betete, dass er wieder zu mir kommen würde, dass er mir zuliebe die Sonnenbrille absetzen und mich Pariserin nennen würde.
Da kommt er schon zurück, den Jungen auf den Schultern, natürlich hat er keine Minute an ein Gespräch mit der Lehrerin, mit einem Vater, einer Mutter vergeudet, pass auf, das Tor, hätte ich fast gerufen, als Gilis Kopf sich dem eisernen Rand nähert, aber er bückt sich gerade rechtzeitig, und ich spähe unter meinem Strohhut hervor, das sind meine beiden Männer, das ist meine ganze Familie, seine großen Hände umfassen die Knöchel des Jungen, bedecken seine Unterschenkel, Gilis Hände liegen auf seinem Kopf, spielen mit den neuen Grasstoppeln, und ich habe das Gefühl, dass er, wenn er meinen Sohn auf die Schultern nimmt, auch mich festhält, schließlich ist dies der Junge, den ich heute Morgen angezogen habe, es sind die Kleider, die ich für ihn gewaschen habe, es ist der Ranzen, den ich für ihn gekauft habe, er gehört ganz mir, dieser Junge, und wenn er so auf deinen Schultern reitet, bin auch ich dort, neben ihm, fühlst du mein Gewicht nicht, denn ich gehöre dir auch noch und du mir, ich werde mich ganz selbstverständlich neben ihn in das rote Auto setzen, aber sofort erstarre ich, so nicht, ich darf nicht durch solche voreiligen Manöver alles gefährden, wie leicht könnte das mit einer tiefen Enttäuschung enden, ich muss auf den Abend warten, nach dem Plan vorgehen, und ich atme tief, bereite mich auf die Verfolgung vor, während sie einsteigen und sich anschnallen. Noch nie habe ich so etwas gemacht, was soll ich tun, wenn sich ein Auto zwischen uns schiebt und ich sie verliere, und was, wenn uns kein Auto trennt und er mich entdeckt, ich drücke den Hut fester auf den Kopf, lasse den Motor an und fahre ihnen direkt hinterher, bete, dass der Weg nicht zu lang ist, und ich klebe fast an dem roten Heck, Ampel um Ampel, wenn er blinkt, blinke ich auch, einen Moment lang blitzt ein breites Lächeln in seinem Rückspiegel auf, und mir bleibt die Luft weg, bis ich verstehe, dass das Lächeln dem Jungen gilt, nicht mir, dem Jungen, von dessen Kopf über dem Rand des Rücksitzes nichts zu sehen ist, bis es mir vorkommt, als wäre das Auto leer, und als er in einer vertrauten, belebten Straße die Geschwindigkeit verringert, lächle auch ich, wie gut es zu ihm passt, einfach zurückzukehren, ich hätte es erraten können, in dieser Straße hat er vor zehn Jahren gewohnt, in einer voll gestopften Einzimmerwohnung, in diese Wohnung hat er mich eingeladen, um seinen Ausgrabungsbericht über die Keramikfunde zu lesen, die wir in den Trümmern von Tel Jesreel gemacht hatten. Als er das Auto parkt, fahre ich weiter, schaue ihnen dann im Rückspiegel zu, wie sie aussteigen, und als sie in einem kleinen Haus verschwinden, wende ich und wiederhole im Vorbeifahren zur Sicherheit die Nummer, obwohl ich sie nicht vergessen könnte, selbst wenn ich wollte, auch nicht das hübsche Steinhaus mit den zwei stämmigen Palmen neben dem Eingang, die aussehen wie bewaffnete Wächter.
Die bevorstehende Familienvereinigung legt einen weichen Glanz über unsere Wohnung, und ich räume selig die Vorräte in den Kühlschrank, Bier für ihn und Rotwein für mich und Mangosaft für Gili und einen süßen Hefezopf und Käse und Obst, als würde heute Abend hier ein Fest stattfinden, ja, auch ich feiere heute Abend ein Fest, so wie die schöne Keren, aber ich lade nicht alle Eltern ein, sondern nur einen einzigen Vater, den ich mir aufs Neue erwählt habe.
Aus welchem Anlass gebt ihr das Fest, hat jemand gefragt, und sie hat mit einem verlegenen Lächeln geantwortet, während ihr eine leichte Röte ins Gesicht stieg, einfach so, wir haben Lust zu feiern, und ich gebe zu, dass auch mir die Gründe für mein Fest nicht ganz klar sind, noch nicht einmal der Ort, wo es stattfinden soll, ob wir Gili mitten in der Nacht aufwecken und zu dritt nach Hause fahren oder ob ich dort bei ihnen schlafe und wir am Morgen heimkehren, vielleicht wird das Fest bei ihm stattfinden und ich werde meine Einkäufe dorthin bringen müssen, aber ich lasse mich durch solche Kleinigkeiten nicht beirren, ich stürme durch die
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