Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
sich düster um, als suche er einen Grund zum Streiten. Zieh dich an, Gili, dränge ich und lege die Kleidungsstücke auf sein Bett, er verzieht das Gesicht, verlangt ausgerechnet das, was er gestern anhatte, zerrt die schmutzigen Sachen aus dem Wäschekorb, lehnt es ab, sich die zerzausten Locken zu kämmen, will nichts essen. Was möchtest du auf dein Schulbrot, frage ich, und er beschwert sich, ich habe die Nase voll von diesen Fragen, das ist die blödeste Frage der Welt, und ich sage, warum bist du so gereizt, sag einfach, was du willst, Käse, Erdnussmus oder Schokocreme? Und er fängt an zu schreien, warum streitest du mit mir, du willst doch nur mit mir streiten, ich widerspreche, wieso streiten, ich frage nur, was du auf dein Schulbrot möchtest, und er murmelt, ist mir egal, was du willst, aber wenn wir schon an der Tür stehen, schaut er in seiner Tasche nach, zieht die Frühstückstüte heraus und wirft sie auf den Boden, ich will kein Käsebrot, jammert er, ich will Schokocreme, und ich bereite schnell ein neues Brot, das, wie ich weiß, ein ähnliches Schicksal erleiden wird, und am Schluss gebe ich es auf zu fragen und schmiere ihm jeden Morgen einfach zwei Brote.
Tatsächlich ist die Liebe unter den schweren, unbehauenen Steinen von Reue und Schuld, von Trauer und Sehnsucht, Kränkung und Enttäuschung schwer zu identifizieren, sogar diese offenbar so einfache, die natürlichste von allen, die Mutterliebe. Dieser Schatz, der für mich heilig war, dessen Kraft mich immer in Staunen versetzt hat, der mich in den letzten sechs Jahren geschützt hat wie eine schusssichere Weste und zwischen mir und dem Rest der Welt stand, sogar zwischen mir und Amnon, gleitet mir aus den Händen, denn wenn wir beide auf dem Gehweg vor unserem Haus Eis essen, schmeckt es nicht mehr so süß wie früher, und wenn wir zusammen im Hof spielen, versinke ich nicht mehr im Spiel, wie ich es damals tat, ich betrachte ihn nicht mehr mit demselben Erstaunen und derselben Bewunderung wie einst. Mit düsterer Langeweile schaue ich auf die Uhr, wann wird es endlich Zeit, dass er schlafen geht, wann kann ich mich wieder meinem Schmerz widmen, fern von seinen prüfenden Augen, und begreifen, dass diese Liebe, die zwischen uns erblühte und an Kraft zunahm, nicht zwischen zwei Menschen existieren kann, sie braucht einen dritten, nun, ohne Amnon, ohne seine vielen vorwurfsvollen Blicke, ist sie inhaltsleer geworden und hat sich in ein Gefühl der alltäglichen Pflicht einer Mutter ihrem Sohn gegenüber verwandelt, der manchmal angenehm und liebenswürdig ist, ein andermal aber lästig und anstrengend. Es erweist sich, dass ausgerechnet Amnons Anwesenheit meine Liebe zu Gili vergrößert und sie mit Leben erfüllt hat, ich frage mich, ob es eine Provokation war, wollte ich Amnon beweisen, wie sehr ich fähig war zu lieben, wenn auch nicht ihn, oder versuchte ich ihn über den Jungen an einer einfachen, warmen Liebe teilhaben zu lassen, die eigentlich für ihn bestimmt war, die ich ihm aber nicht direkt schenken konnte.
Erstaunt verfolge ich diese Veränderungen, erschrecke vor meiner Unfähigkeit, die Zukunft vorauszusehen, entsetzt darüber, wie schnell die Grundsäulen meines Lebens zerbröckeln, und ich weiß nicht, ob Gili vor mir gefühlt hat, dass ich ihm verloren gegangen bin und er sich mir deshalb entfremdet hat, aber die Zeit ist mir hinterhergelaufen und hat mich ausgelacht, lass dir Zeit, hat sie gesagt, ein trügerisches Heilmittel ist sie, die Zeit, eine anhaltende Steinigung.
Hör auf, dich selbst zu bestrafen, sagt Dina jetzt, vor lauter Schuldgefühlen gibst du dir keine Möglichkeit, dich zu erholen, ich habe dir doch gesagt, dich hat eine starke Kraft zu diesem Schritt getrieben, verleugne sie nicht so schnell, lass die Dinge sinken, du wirst schon noch aufblühen, das verspreche ich dir. Als es auf die Trennung zuging, hast du alles Gute vergessen, das zwischen euch war, und jetzt überflutet es dich, aber das sind Schwankungen, die zu erwarten waren, versuche, dich ihnen nicht hinzugeben, sei geduldig. Ich höre ihr zerstreut zu, sehne mich danach, das Gespräch zu beenden, mit ihr und mit allen, die anrufen und anteilnehmende Fragen stellen, es ist noch nicht einmal Stolz, der mich daran hindert zu sagen, wie tief meine Depression ist, wie groß die Reue und die Hoffnungslosigkeit, es fällt mir sogar schwer, die Lippen zu bewegen, ich stimme mit fast geschlossenem Mund zu, erfinde Ausreden, um das Gespräch zu
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