Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

seiner Worte empfinde ich als Bedrohung, Oded, das ist wirklich traurig, aber du bist nicht schuld daran, sage ich nachdrücklich, du musst aufhören, dich zu verurteilen, mich überkommt der Gedanke, seine Schuldgefühle ihr gegenüber seien eine Gefahr für mich und ich müsse mich sogleich zur Wehr setzen, meine Fingerknöchel färben sich weiß auf dem Messergriff.
    Er seufzt, vermutlich hast du Recht, aber ich war so vertieft in mich selbst, dass ich fast nicht bemerkt habe, was mit ihr los war, als ich jung war, hatte ich einen wahnsinnigen Ehrgeiz, ich wollte der ganzen Welt beweisen, dass der Sohn eines Verrückten Verrückte behandeln kann. Im Lauf der Zeit verstand ich, dass das niemanden beeindruckte, außer meine Mutter, sie hat es all ihren Nachbarinnen erzählt, doch die haben sowieso geglaubt, sie lügt, aber Michal hat unter meinem Ehrgeiz gelitten, und dann haben ihre Eifersuchtsanfälle angefangen, die Frustration und die Medikamente, und in dieser schwierigen Zeit wurden die Kinder geboren, kurz gesagt, nichts ist glatt gegangen, und jetzt habe ich ihr den endgültigen Schlag versetzt.
    Ich laufe zwischen den Kartons im Wohnzimmer herum, traurig, wie zwischen Grabsteinen mit roter Aufschrift, stundenlang habe ich gepackt, habe ein Fach nach dem anderen ausgeräumt, während der Junge hilflos in dem Durcheinander herumirrte, langsam und qualvoll wurden seine Kleider aus der Wohnung entfernt, und wozu das alles, nur um das Leid zu verdoppeln und zu verdreifachen? Sein Gesicht verschwindet in dem dämmrigen Zimmer, wir sind beide verloren, verloren, so wie die beiden Kinder in der unterirdischen Wasserquelle von Megiddo verloren waren, ich habe dir doch gesagt, du sollst bei ihr bleiben, sage ich mit einer Stimme, die so dünn und hoch ist wie Gilis, ich habe dich gewarnt, dass sie es nicht ertragen wird, dass du es nicht ertragen wirst, was sollen wir jetzt tun, und ich gehe in die Küche, werfe geräuschvoll Töpfe und Pfannen in die Kartons, die gerade erst leer geräumt wurden, ich will hier nicht wohnen, Oded, ich gehe weg.
    Genug, Ella, beruhige dich, schimpft er ungeduldig, mach es mir nicht noch schwerer, es geht nicht darum, etwas zu tun, mit anderen Worten, es gibt keinen Handlungsbedarf, es tut mir Leid, dass ich es dir erzählt habe, das war ein Fehler, und ich mache das Licht an und sage, was war eigentlich kein Fehler von all dem, was wir gewollt und geplant und getan haben, und wie soll ich morgen meinen kleinen Sohn in ein Zuhause bringen, das auf lauter Fehlern aufgebaut wurde, und als ich mich an die kühle Marmorplatte lehne, kommt es mir so vor, als würden die Klagelieder jener Frau, die nicht weit von hier ihr Leben beweint, durch die metallgefassten Glasquadrate des Küchenfensters dringen, als würden sie die Wohnung erfüllen wie Gas aus einem nicht abgeschalteten Herd, bis ich schon nicht mehr weiß, ob die Klagen aus ihrer Kehle dringen oder aus meiner.

#
    20
    Es muss alles genau richtig sein, ausgewogen und bemessen, organisiert wie eine militärische Aktion, wie ein Kampf, den man nicht verlieren darf, an alles habe ich gedacht, habe versucht, alle Hürden vorauszusehen, alle Bedürfnisse zu erahnen, den Kühlschrank habe ich mit Lebensmitteln gefüllt, die er mag, die leicht sind und beruhigend auf seinen kleinen Magen wirken, die Schränke habe ich mit Süßigkeiten voll gestopft, damit sie klebrigen Frieden spenden, sein Fenster habe ich mit dem bunten Vorhang versehen, ich habe dafür den doppelten Preis bezahlt, damit er schon heute Morgen fertig ist, immer wieder betrete ich sein Zimmer, um mich zu versichern, dass nichts fehlt, die Kuscheltiere sitzen nach Familien geordnet auf seinem Bett, der Löwe und die Löwin mit ihrem Löwenkind, der Tiger und die Tigerin mit ihrem Tigerkind, ihre Pupillen sind riesig und ihr Blick gelassen, der Geist des Umsturzes hat ihre ruhige Welt nicht erschüttert. Der Computer steht auf dem Tisch, die Bücher in den Regalfächern, die Spielsachen liegen in Strohkörben, und auf dem Teppich steht das in buntes Papier gewickelte Geschenk, und sogar ich selbst bin tadellos verpackt, in einem schwarzen Hosenanzug, mit gewaschenen und zusammengebundenen Haaren, noch nie habe ich mich so sorgfältig darauf vorbereitet, meinen kleinen Sohn zu treffen, es ist, als stünde heute meine ganze Existenz auf dem Prüfstand, meine Liebe und meine Fürsorge, meine Vernunft und mein guter Geschmack, meine Hingabe und meine Treue.
    Sogar für