Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
Schulter legt, wenn so die Paare von heute aussehen, dann bleibe ich lieber mit dir zusammen, sagt er, und sie schüttelt seine Hand ab, lass mich, du alter Nörgler, aber ich lächle ihm bedrückt zu, und da geht die Glastür auf, Oded kommt herein und bringt einen Schwall Kälte von draußen mit, seufzend legt er das Telefon hin.
Geht das die ganze Zeit so, mit diesen Gesprächen, fragt Orna leise, denn die Kinder sind schon vom Tisch aufgestanden und sitzen mit Lutschern vor dem Fernseher, und er sagt, es wird von Tag zu Tag schlimmer, sie erholt sich nicht, und Orna verzieht missmutig das Gesicht, warum sollte sie sich auch erholen, wenn du sie mit solcher Ergebenheit behandelst, wenn du ihr jederzeit zur Verfügung stehst, zischt sie, schau dich doch an, die Schuldgefühle sind dir doch förmlich ins Gesicht geschrieben, du flehst ja förmlich danach, bestraft zu werden, wie beschränkt diese Psychiater doch sind, sie erkennen nicht, was direkt unter ihrer Nase passiert, und ich juble insgeheim und bin bereit, ihr alles zu verzeihen, was sie mir an den Kopf geworfen hat, sie soll bloß so weitermachen, schau, was du tust, du kränkst Ella, du kränkst dich selbst, aber vor allem schadest du Michal, auf diese Art wird sie sich nie erholen, und du weißt, dass ich Michal gern habe, fügt sie schnell hinzu, aber wenn du dich für die Trennung entschieden hast, dann ziehe auch einen Schlussstrich.
Ich versuche doch nur, mich menschlich anständig zu verhalten, sagt er ruhig und sieht mich dabei erstaunt an, ich kann ihren Kummer doch nicht ignorieren, sie fährt ihn jedoch, ohne zu zögern, an, das klingt ganz gut, aber du musst vorausschauen, auf diese Art geht es nie zu Ende, Oded, vielleicht willst du ja, dass es nie zu Ende geht, vielleicht willst du ja, dass sich ihr Zustand so verschlechtert, bis du keine Wahl mehr hast und zu ihr zurückkehren musst, und er lächelt bitter, du also auch, Orna, die ganze Zeit unterstellt man mir böse Absichten, und sie sagt, es ist auch nicht auszuhalten, wie hartnäckig du eine Atmosphäre von Schuld und Zweifel verbreitest, los, bringen wir erst mal die Kinder ins Bett, dann können wir uns unterhalten wie erwachsene Menschen. Dani kichert, das macht sie am allerliebsten, allen das Leben in Ordnung zu bringen, aber wenn es um sie geht, soll nur einer wagen, auch bloß ein halbes Wort zu sagen, dann gnade ihm Gott, und sofort bringt sie ihn zum Schweigen, Dani, hast du Zigaretten mitgebracht? Nein, sagt er, du hast mir nur Chumus und Fladenbrot aufgetragen, und sie mault, nein, auch Zigaretten, siehst du nicht, dass ich keine mehr habe, lauf schnell zur Tankstelle und hol welche, und er steht unwillig auf, ich weiß genau, dass du es nicht gesagt hast, und sie sagt, du bist schon ganz senil, dreimal habe ich dich daran erinnert.
Hast du ihm wirklich gesagt, er soll Zigaretten mitbringen, frage ich sie seltsam betroffen, als er das Zimmer verlassen hat, und sie lacht, natürlich nicht, aber was macht es schon, ihn ein bisschen zu ärgern, er ist ja gleich losgerannt, und Oded schimpft, langsam, langsam, Orna, bring ihr nicht alle deine Tricks auf einmal bei, das muss ich dann nämlich ausbaden, und sie schaut uns nachdenklich an, beruhige dich, du wirst es nicht ausbaden müssen, für mich sieht es nicht danach aus, als ob ihr überhaupt noch lange durchhalten würdet, sagt sie leise und legt sich sofort die Hand auf den Mund, Entschuldigung, manchmal spricht mein Mund ganz von alleine, ich habe es wirklich nicht so gemeint, aber ihre Worte schweben durch das Zimmer wie fünf schwarze Raben, ihr werdet es nicht durchhalten, ihr werdet es nicht durchhalten, krächzen sie, und dann verfolge ich schweigend die abendliche Betriebsamkeit, kümmere mich weder um das Geschirr noch um die Kinder, in diesem Haus, in dem ich noch nie war und in dem ich nie wieder sein werde, Besucherin für einen Abend in ihrem Leben, Besucherin für ein paar Monate in seinem. Von weitem schaue ich dem Durcheinander zu, ein nicht mehr ganz junger Mann versucht, seine Kinder ins Bett zu bringen, eine Frau, die schon nicht mehr schön ist, versucht, die Ordnung in ihrer Küche wiederherzustellen, und ich, die ich beiden gleich fremd bin, betrachte erschüttert meine Umgebung, ich bin wie ein Gegenstand, der Tausende von Jahren in der Tiefe der Erde gelegen hat, und plötzlich wird er freigelegt und kommt mit einer neuen Umgebung in Berührung, die ihm einen physikalischen und chemischen Schock
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