Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
lacht, du Ärmster, niemand hält dich hier mit Gewalt fest, das weißt du, und dann steht sie energisch auf, wischt sich die Hände an ihrem Hemd ab, Dani, deck den Tisch, statt hier rumzuplappern, es ist schon alles fertig, ich muss nur noch den Salat machen.
Soll ich dir helfen, frage ich, und sie sagt, warum nicht, und in der Küche legt sie alles für mich zurecht, ein Holzbrett und einen riesigen Kohl, bitte schneide ihn ganz dünn, und ich habe das Gefühl, dass sie mir genau auf die Finger schaut, während sie schnell Petersilie hackt und in eine blaue Keramikschüssel streut. Ihr seht nicht besonders verliebt aus, sagt sie ruhig, ihr Messer zerteilt schon eine reife Tomate, ihr seht bedrückt und erschöpft aus, ich habe Oded schon seit vielen Jahren nicht mehr so gesehen, nicht einmal in der schlimmsten Zeit mit Michal, und ich schwanke über den weißen Kohlstreifen, wir sind beide ein bisschen überfordert von diesem Schritt, murmle ich und füge sofort hinzu, auch ich habe schon bessere Zeiten erlebt, um anzudeuten, dass auch ich eine Vergangenheit habe, dass auch ich etwas verloren habe, dass es Tage gab, an denen auch ich in meiner Wohnung Freunde bewirtet habe, genau wie sie, meinen Mann geneckt und mit meinem Sohn herumgealbert habe, das war eine angenehmere Lage als die, in der ich mich jetzt befinde, als unerwünschte Besucherin, als zweifelhafte neue Frau, die man schon in der ersten Woche satt hat.
Er hat dich ganz anders beschrieben, beschwert sie sich, als wäre sie reingelegt worden, er hat gesagt, du seist so stark und selbstständig, und ich muss sagen, dass du mir nicht weniger zerbrechlich und bedürftig vorkommst als Michal, der Ärmste, ich glaube nicht, dass er genügend Kraft für eine zweite solche Frau hat, und sie spricht diese Worte, zerbrechlich, bedürftig, voller Abscheu und Missbilligung aus, und ich weiche zitternd vor dem Bild zurück, das sie von mir hat, doch innerlich lehne ich mich auf, ich möchte dich in solch einer Situation sehen, wenn du dein Zuhause und deine Familie für einen Mann aufgegeben hast, der über Nacht fremd und feindselig wird, und ich tue so, als hätte ich bereits vergessen, dass ich Amnon nicht seinetwegen verlassen habe, als wäre die Trennung erst mit dem Verkauf der Wohnung vollzogen worden, mit meinem Umzug in die Gasse der Bußgebete.
Du bist doch nicht böse, wenn ich dir das sage, vergewissert sie sich schnell, ich weiß, dass ich manchmal übertreibe, aus einer Art Drang, den Leuten die Augen zu öffnen, lass mich den Kohl fertig schneiden, sie schiebt mich zur Seite und verwandelt die groben Stücke in winzige Schnipsel und kippt sie schnell in die Schüssel, verschwindet von hier, Kinder, Süßigkeiten gibt es erst nach dem Essen, Dani, wie lange brauchst du noch, um den Tisch zu decken? Sie zieht ein duftendes Blech aus dem Herd, Huhn mit Rosmarin, verkündet sie, und für die Kinder habe ich Frikadellen gemacht, und sofort erscheinen auf dem Tisch auch gebackene Kartoffeln mit saurem Rahm und der Salat, zu dem ich nur wenig beigetragen habe. Das ist doch mehr als genug zu essen, warum hast du mich nach Nazareth gejagt, beklagt sich Dani und sucht auf dem Tisch nach einem freien Platz für die Schüssel mit Chumus, gießt Olivenöl darüber und bestreut das Ganze mit Petersilie, Ella, warum stehst du da so rum, fragt er, setz dich neben Oded, aber Maja schreit sofort, ich sitze neben Papa, und auf der anderen Seite sitzt schon Jotam, also setze ich mich ihnen gegenüber ans Tischende, neben die schweigsame Tochter, sie scheint umso weniger zu reden, je mehr ihre Mutter es tut, ich sitze Oded gegenüber, der nach ein paar Gläsern Bier ruhiger wirkt.
Ich beobachte ihn traurig, als hätte ich ihn schon verloren, und überlege, ob ich ihn noch einmal wählen würde, diesen nicht mehr jungen Mann, mit seiner rauen Haut, den scharfen Falten im Gesicht, den malerischen Lippen, deren Schönheit nicht sofort auffällt, den verschatteten Augen, die mir ausweichen, ich höre seine weiche Stimme, die die Worte in die Länge zieht, und bekomme kaum etwas mit von dem, was gesprochen wird, früher habe auch ich mal vernünftige Bemerkungen zur allgemeinen politischen Lage von mir gegeben, über Ursachen und Schuldige, aber in den letzten Monaten scheint mir diese Fähigkeit abhanden gekommen zu sein, ich bin wie eine Kranke, die sich nur auf ihre Krankheit konzentriert und immer nur darüber spricht, was in ihrer Seele vorgeht, während jedes
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