Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
füchsisches Lachen, oder vielleicht bildete ich es mir auch nur ein, oder ich war es, die lachte, ich hörte Füchse, die zwischen den Trümmern durch das heiligste Heiligtum streiften.
Das dünne Netz lag schwer wie Gitter auf mir, und das Bett schwankte hin und her, als läge ich in einem Boot auf den Wellen, ich schwankte so sehr, ein Boot, das Gefangene von einem Ort zum anderen bringt, seltsam, mitten im Meer gefangen zu sein, mitten in der größten Freiheit, aber ich sollte nicht in ein Gefängnis gebracht werden, sondern nach Istanbul, und dort würde man mich an den Palast des Sultans verkaufen, und ich würde den Palast nie mehr verlassen, bis in alle Ewigkeit würde er mit mir machen, was er wollte, und dann sah ich, wie er sich am Bettrand eine Zigarette anzündete, weit, weit entfernt von mir, und er fragte mit heiserer Stimme, willst du noch ein bißchen Trost? Und ich sagte ja, und er schaute mich mit einem weichen Blick an und sagte halb fragend, halb feststellend, du bist traurig, in einem sachlichen Ton, wie man fragt, hast du Wechselgeld, und ich rutschte näher zu ihm und legte meinen Kopf auf seine Knie und sagte, ja, ich trauere auch.
Er fragte nicht weiter, er hielt mir nur die Zigarette hin und sagte, ich habe viel hineingetan, und er streichelte mir über die Haare und fügte entschuldigend hinzu, ich weiß nicht, ob dieses Bett eine weitere Trauer aushält, und er stand plötzlich auf, und ich erschrak und fragte, wohin gehst du, und er flüsterte, pinkeln, und plötzlich fiel mir auf, daß wir beide flüsterten, vorsichtig, um niemanden aufzuwecken, und ich fragte, warum flüstern wir, und er sagte, wir flüstern nicht, ganz bestimmt nicht, du hast ein paar Schreie ausgestoßen, die vermutlich die Nachbarn aus dem Bett geworfen haben, und ich fragte beschämt, ist das schlimm? Statt einer Antwort hörte ich den Strahl seiner Pisse, monoton vor sich hin spritzend, und dann sagte er, mach dir keine Sorgen, sie glauben sicher, daß ich mir die Haare raufe und schreie.
Dann legte er sich wieder neben mich, und plötzlich packte er mich und setzte mich mit Gewalt auf sich, bewegte mich auf und ab, als wäre ich eine Stoffpuppe, auf und ab, nach oben und nach unten, gerade und krumm, gehalten und geworfen, groß und klein, und es tat mir weh wie bei meinem ersten Mal, wie damals zwischen den leeren Bierdosen und den Kohlen, aber diesmal war es mir nicht egal, ich liebte meine Unterwerfung, dieses Beherrschtwerden, das mir noch nicht einmal die Entscheidung überließ, ob ich meinen Hintern nach rechts oder links oder nach oben oder unten bewegen sollte, und ich hörte ihn sagen, schrei jetzt, Süße, damit alle hören, wie sehr du trauerst, und ich schrie, weil er es gesagt hatte, es war kein Wille, sondern eine Art Erkenntnis, daß ich alles, was er sagte, tun würde, und es störte mich nicht einmal, daß er mich Süße nannte, und aus meinen Trauerschreien, aus meiner völligen Selbstaufgabe, sprang plötzlich eine Welle von etwas Süßem, als würde man mich in einem Bett aus Honig versinken lassen, und auch seine Bewegungen in mir wurden weicher und wiegender, da, ich habe ein kleines Kind zwischen den Beinen, das schlafen gelegt wird, und so schlief ich einfach ein, wie die Frauen, die ich immer beneidet hatte, die fähig sind, neben allen möglichen Männern einzuschlafen, die ihnen nicht versprochen haben, sie immer zu lieben, und die trotzdem gut schlafen, und ich hatte das dumpfe Gefühl, in dieser Nacht etwas herausgefunden zu haben, das ich aufschreiben müßte, um es nicht zu vergessen, aber ich hatte keine Kraft, die Augen aufzumachen, und als ich aufwachte, wußte ich es schon nicht mehr.
Ich war allein in dem großen Zimmer, und mein Kopf tat mir weh, und sofort warf ich erschrocken einen Blick auf die Uhr, und es war neun, genau die Zeit, in der das Flugzeug startete, das glückliche Paare nach Istanbul brachte, und ich dachte, was hast du getan, was hast du getan, was hast du getan, und ich rief schnell zu Hause an, ich wollte nur seine Stimme hören, wissen, daß es ihm gutging, und wieder auflegen, aber niemand nahm ab, vermutlich war er allein in die Flitterwochen gefahren, und es brachte mich zum Lachen, daß wir unsere Flitterwochen getrennt voneinander verbrachten, bis mir einfiel, daß dies kein Witz war, sondern Wirklichkeit, aber ich konnte es schon nicht mehr ändern, ich konnte nicht das Flugzeug anrufen und sagen, es solle hier vorbeikommen und mich aus dem Bett
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