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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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spätestens einer Woche verwelkt sein, und bis ich daran dachte, ihn wegzuwerfen, würde noch eine Woche vergehen, und bis dahin würde ich nicht verstehen, woher dieser Gestank kam und warum ich das Gefühl hatte, die Wohnung sei vernachlässigt und ekelhaft, und auf dem Weg zum Mülleimer würden die welken Blätter abfallen und sich in der ganzen Wohnung verstreuen und mein Leben beherrschen, und es würde mich sehr viel Zeit kosten, bis ich mich davon gelöst hätte, von dem Trauma, einen Blumenstrauß in der Wohnung gehabt zu haben.
    Ich dachte, daß ich vielleicht am besten die Zeit herumbrachte, indem ich lauschte, was sie drüben sprachen, nicht gerade über Joséphine, in Wahrheit interessierte sie mich jetzt viel weniger, ich war schließlich auf der Seite des Bräutigams und nicht der Braut, warum sollte ich das leugnen, etwas an ihrem Sterben begeisterte mich, aber als sie tot war, kam sie mir im nachhinein wie eine ganz normale Frau vor, die ein paar Jahre gelebt hatte und dann gestorben war und ein anonymes Schlafzimmer mit herzförmigen, ziemlich eng stehenden Gitterstäben hinterlassen hatte, und ich hatte das Gefühl, ihr Sterben sei eindrucksvoller gewesen als ihr Leben, vermutlich war das ihre Chance gewesen, seelische Größe zu demonstrieren, und sie hatte gewußt, daß dies ihre letzte Chance war, und hatte sie genutzt, mit einer gewissen Berechtigung, aber Gott weiß, was ich damit zu tun hatte, und warum sollte ausgerechnet ich päpstlicher als der Papst sein, das heißt als ihr Mann.
    Ich nahm einen Stuhl, der in der Ecke stand, und setzte mich dicht an die Tür. Erst hörte ich gedämpfte Stimmen, die aber langsam deutlicher wurden, gerade kam eine Frau herein, die überschwenglich begrüßt wurde, sie hatte eine laute Stimme, zu meiner Freude keine junge, ich konnte sie ziemlich gut verstehen, sie erzählte, sie sei gerade vom Tierarzt gekommen, und fragt mich nicht, was passiert ist. Jemand erkundigte sich, ob ihr Hund krank sei, und sie sagte, frag mich nicht, ich ging hin, um den Hund kastrieren zu lassen, denn er hat angefangen, Schwierigkeiten zu machen, und ich hatte keine Kraft, mich mit ihm zu beschäftigen, und alle Leute haben gesagt, laß ihn kastrieren, das ist nur zu seinem Besten, und dann, als er schon in Narkose auf dem Operationstisch lag, sagte der Tierarzt, sind Sie blind oder was, das ist kein Hund, das ist eine Hündin, und ich war so geschockt, als hätte er das über meinen Mann gesagt, ich war so sicher gewesen, daß es ein Hund war, und ich sagte, und was machen wir jetzt, und er sagte, für den geplanten Zweck spielt es keine besondere Rolle, es ist im Gegenteil noch wichtiger, eine Hündin zu sterilisieren, denn ihre Läufigkeit macht mehr Ärger, also sagte ich, dann los, sterilisieren Sie sie, und ich setzte mich ins Wartezimmer, und nach ein paar Minuten kam er und zeigte mir ihre Gebärmutter, und es stellte sich heraus, daß sie darin schon vier Junge hatte, klein und rund wie Walnüsse, und ich schrie ihn an, tun Sie alles zurück in den Bauch, Sie Mörder, und er sagte, was wollen Sie, wir hatten eine Sterilisation ausgemacht, es war ihm gar nicht eingefallen, sie zu untersuchen, und jetzt ist alles bei ihm im Mülleimer, ihre Gebärmutter mit den Jungen, und er sagte, die Hündin wird wieder gesund, und sie wird nichts wissen, aber ich weiß es, und es macht mich verrückt.
    Ich hörte, wie sie anfing zu jammern, und um die Wahrheit zu sagen, auch ich kratzte schon fast an der Tür vor Erschütterung, und draußen fingen alle an, die Frau zu trösten, als sei sie die Leidtragende, und niemand dachte mehr an Joséphine, und jemand, vielleicht war es Arie, sagte, versuch, zu vergessen, was passiert ist, denk einfach, es ist doch ein Hund und keine Hündin, und ohne Gebärmutter ist das auch fast richtig, und es ist ziemlich natürlich für einen männlichen Hund, keine Jungen zu werfen, wo ist da eigentlich die Tragödie?
    Und sie sagte mit ihrer lauten Stimme, schön, wirklich, tröstest du dich selbst auch auf so eine Art? Ich hörte ihn nicht antworten, eine andere Frau, mit einer jungen Stimme, fragte, möchtest du Kaffee, Tami, und sofort geriet ich in Panik, wer konnte die Frau sein, die dort auf eine so selbstverständliche Art Kaffee servierte, wenn nicht die Nichte mit der Zigarettenspitze oder eine andere Freundin von ihm, die völlig frei in seinem Leben herumspazierte.
    Ich hörte das Klappern von Löffelchen, die in Kaffeetassen rührten, und

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