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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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und ich drehte mich um, spreizte die Beine und schob ihn hinein, und seine Berührung war glatt, wie von Gummi, auch wenn es nicht so war, hatte ich immer das Gefühl, als habe er ein Kondom übergestreift, und ich packte ihn sehr fest am Hintern, und die ganze Zeit sagte ich mir, als Gebet oder als Drohung, das ist das letzte Mal, das ist das letzte Mal, und er fragte, geht es dir gut, willst du noch? Und ich gab ihm keine Antwort, deshalb fragte er wieder, und das hörte sich mitten beim Ficken so schrill an, Wühlmäuschen, antworte doch, und mir traten die Tränen in die Augen, und ich schrie, ja, ja, und kniff ihn wütend in seinen dicken Arsch, und dann war er plötzlich fertig, mit einem langen Seufzer, mit dem traurigen Heulen eines Schakals, und er legte seinen Kopf auf meine Brust und drückte sich dankbar an mich.
    Ich streichelte seine Locken und wartete darauf, daß er einschlief, das war die übliche Prozedur, aber er war in gesprächiger Laune und flüsterte, ich liebe es, dich so nah zu fühlen, und ich sagte, ich auch, was hätte ich schon sagen sollen, und er flüsterte, ich kann vor lauter Aufregung nicht einschlafen, ich glaube, morgen feiern wir unsere richtige Hochzeit, und ich sagte, das glaube ich auch, und er wartete einen Moment und fragte, in den Jahren, die wir zusammen sind, warst du schon mal mit einem anderen so? Und ich fühlte, wie eine Welle in mir aufstieg und mich überschwemmte, das ist deine Gelegenheit, erzähl ihm alles, fang neu an, warum schonst du ihn die ganze Zeit, ihn und dich, aber ich war unfähig, ich sagte nur leise, nein, warum fragst du das, und er sagte, ich habe das Gefühl, daß du sehr viel für dich behältst, und er streichelte mir die Haare, es ist in Ordnung, Ja’ara, ich bin nicht der Meinung, daß du mein Besitz bist oder so, ich möchte es nur wissen, das ist alles, und ich sagte, da gibt es nichts zu wissen, komm, schlafen wir, Biber, und er drehte sich um und machte das Licht aus und sagte, gute Nacht, Wühlmäuschen.
    Ich wußte, daß ich diese Stimme nie wieder diese Worte aussprechen hören würde, und ich lag still in der Dunkelheit und versuchte, mich zu beruhigen, versprach mir, es sei noch nicht zu spät, ich könnte in diesem warmen Bett bleiben, am nächsten Morgen zum Flughafen fahren, ein schafsgesichtiges Kind bekommen, und ich versuchte, mir Argumente dafür und dagegen zu überlegen, eine Gewinn- und Verlustrechnung, bis mir der Kopf platzte vor lauter Tabellen. Ich beschloß, wenn ich einschlafen würde, sei das ein Zeichen dafür, daß ich bleiben, und wenn ich nicht einschlafen würde, ein Zeichen, daß ich gehen solle. Und ich bemühte mich, an angenehme Dinge zu denken, um einzuschlafen, aber ich fühlte innerlich heftige Schläge, als hätte ich ein wildes Pferd im Bauch, und die Schläge schmerzten immer mehr, als wäre es eine ganze Herde wilder Pferde, jede Sekunde wurde noch eins geboren, Pferde der Finsternis, der Totenwelt, des Blutes, des Nebels standen auf feurigen Weiden und grasten. Ich konnte nicht länger liegenbleiben, also stand ich leise auf und ging zum Badezimmer, wusch mich schnell mit kaltem Wasser und ging ins Zimmer zurück, um mich zu überzeugen, daß er schlief, seine Atemzüge waren ruhig und gleichmäßig, ich stand da und betrachtete ihn voller Mitleid und Angst, wie man ein krankes schlafendes Kind betrachtet, und dann trug ich leise den Koffer ins Wohnzimmer, und dort zog ich mich im Dunkeln an, zufällige Teile, die ich aus dem Koffer nahm, und an der Tür blieb ich stehen und suchte ein Blatt Papier und einen Bleistift, ich wünschte, ich könnte mit dir in die Flitterwochen fahren, schrieb ich.

#
    9
    Die Nacht war anders, als ich sie mir vorgestellt hatte, anders als sie vom Bett aus ausgesehen hatte, weniger dunkel, weniger bitter, man konnte schon das nahende Ende des Winters spüren, und ich überlegte, wo mich der Frühling wohl finden würde, wo der Sommer, und zog auf dem verhaßten Weg den Koffer hinter mir her, der prall war von Büstenhaltern und Strumpfbändern, Strumpfhosen und Slips. Einige Taxis hielten neben mir, aber ich zog es vor, zu gehen, schwitzend, trotz der Kälte, ich wollte jetzt nicht in irgendein Gespräch verwickelt werden, ich wollte nur langsam vorwärtskommen, mit einer Art privatem Siegesgefühl an den Geschäften, den Ampeln und den Verkehrsschildern vorbei, und den Spalierstehenden ernst zunicken, aber ständig blickte ich mich um, ob ich nicht verfolgt wurde, und mir

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