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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Tochter, die mit ihrem Mann nach Istanbul gefahren war, und vor lauter Scham hätte ich am liebsten mit der Stirn an die Tür geschlagen, aber ich hatte Angst, Lärm zu machen, und ich betete nur, daß er nicht sagen würde, es sind ihre verspäteten Flitterwochen, und daß Arie nicht zuhörte, vielleicht war er in der Küche, aber ausgerechnet ihn hörte ich, laut, als wolle er, daß ich es mitbekam, sprach er über Istanbul. Ich war schon fast in der ganzen Welt, sagte er, und wenn es eine Stadt gibt, in die ich zurückkehren möchte, dann ist es Istanbul, und mein Vater erwähnte Prag, und Arie sagte, ach, Prag ist viel zu vollkommen, eine derartige Vollkommenheit ist letzten Endes langweilig, Istanbul ist voller Fehler, voller Widersprüche, gleichzeitig sehr anziehend und abstoßend, warm und grausam, ich weiß zwar nicht, ob diese Stadt zu einem jungen Paar in den Flitterwochen paßt, er lachte, aber wer seine Lebensmitte hinter sich hat und weiß, was er sucht, für den ist es der richtige Ort.
    Und ich dachte, genau so würde ich ihn beschreiben, voller Fehler, voller Widersprüche, vermutlich war er mein Istanbul, während Joni mein Prag war, und vielleicht war ich in einem bestimmten Sinn doch nach Istanbul gefahren, und das ermutigte mich ein bißchen, denn mein Aufenthalt bei ihm kam mir jetzt weniger zermürbend vor, weniger beängstigend, schließlich war er trotz allem der Freund meines Vaters, er würde mich nicht wirklich verletzen, aber dann sagte ich mir, Süße, laß deine Eltern aus dem Spiel, man kann seine Eltern nicht überallhin mitnehmen, und ich erinnerte mich an ihren ersten Besuch bei mir, als ich beim Militär war, wie sie sich in der Hitze durch das Tor des Militärlagers schleppten, wie alle anderen Eltern beladen mit Körben, und wie bei allen waren in den Körben Töpfe, und trotzdem sahen sie anders aus, verloren, in ihre Streitereien verstrickt. Ich hatte so sehr auf sie gewartet, ich hatte mit meinen neuen Freundinnen am Tor gesessen, wir trugen unsere neuen Uniformen und warteten aufgeregt, bis ich sie von weitem sah, bevor sie mich entdeckt hatten, tastend wie Blinde, blaß, verschreckt, wie Fische, die auf dem Land zappeln, und meine erste Reaktion war, daß ich weglaufen wollte, mich vor ihnen verstecken. Ich war unfähig, ihre Last zu ertragen, die Last ihrer Körbe, das Gift in den Töpfen, und spöttisch sagte ich zu mir, und du hast geglaubt, sie könnten dich retten, sie würden dich von diesem bedrückenden Ort wegholen, und so ging ich rückwärts, den Blick wie hypnotisiert auf sie geheftet, voller Angst, ihnen den Rücken zuzukehren, als würden sie mich dann erkennen, sie kamen näher, und ich zog mich zurück, bis ich ihre Blicke fühlte und sie zu winken begannen und ich langsam, besiegt, in ihre trockenen Arme zurückkehrte. Wir gingen mit den Töpfen zu irgendeinem abgelegenen Platz, setzten uns auf die Erde, und meine Mutter breitete eine Tischdecke über das neue Gras, es war Winteranfang, eine Decke, die aussah wie die Wachstuchunterlage von Babys, die noch nicht sauber sind, verteilte darauf Plastikteller und Plastiktassen, und dann stellte sie fest, daß sie vergessen hatte, Papierservietten mitzubringen, und ihr Gesicht wurde traurig, und sie sagte, Schlomo, warum hast du mich nicht daran erinnert, und er sagte, ich habe dich daran erinnert, ich bin mit dir die Liste durchgegangen, und er begann in seinen Hosentaschen zu wühlen und zog eine zerknitterte Liste hervor und zeigte sie ihr, und sie sagte, aber bevor wir aus dem Haus gegangen sind, hast du mich nicht daran erinnert, und sie begannen zu streiten.
    Nichts tust du so, wie es sein soll, schimpfte er, und sie schrie, sie hätte schon seit zwei Wochen diesen Besuch vorbereitet, damit alles tipptopp wäre, und sie hätte ihn nur darum gebeten, die Liste nachzuprüfen, und ich riß ihm die Liste aus der Hand und las sie traurig, wie man einen Liebesbrief liest, der zu spät kommt, wenn das Herz schon gebrochen oder verschlossen ist, und da stand, Sandwiche mit Avocado, Erdbeeren mit Sahne, Orangensaft, Salzkekse, Schokolade, Eiersalat und Thunfischsalat, Käsekuchen, Papierservietten, Plastikteller und -tassen, Plastikbesteck, und ich las die Liste wieder und wieder, während sie stritten, und meine Freundinnen gingen vorbei, Arm in Arm mit ihren Freunden, und ich dachte, wenn ich einen Freund hätte, wäre alles anders, und da beschloß ich, den ersten, der versprechen würde, mich immer zu lieben, zu

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