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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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gegeben. Offenbar nur ihr. Sonst niemand. Warum nicht?
    Sie unterbrach Robert hastig: „Lass uns später darüber reden, ja? Ich glaube, ich habe eine Ahnung, wo Julian ist. Verlass dich auf mich. Und ich werde mich auch um Jessica kümmern.“
    Er seufzte erleichtert. „Ich liebe dich. Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, auf den man sich immer verlassen kann.“
    Und beendete das Gespräch abrupt, worauf Sarah nicht im Geringsten vorbereitet war.
    Dann allerdings begann es in ihr zu arbeiten. Sie fühlte sich sekundenlang wie in einem Sog, der sie unwiderstehlich immer tiefer hineinzog in etwas, das sie nicht begriff und das dennoch in einem verstörenden Zusammenhang miteinander zu stehen schien.
    Bilder stiegen in ihr auf, Bilder, nur verschwommen und dennoch von beängstigender Bedrohlichkeit.
    Eine junge Mutter, die mit ihrem Kind am Taufbecken stand…
    Dr. Maren Schellhorn, die sie ernst ansah und einen Satz ständig wiederholte: „Du bist unfruchtbar, Sarah, du wirst nie ein Kind haben.“
    Und schließlich hatte Sarah das Bild einer vor Schmerzen schreienden Jessica vor Augen, obwohl sie doch gar nicht dabei gewesen war. Jessica, in ihrem eigenen Blut liegend, und Sarah hörte Robert sagen: „Eine Fehlgeburt. Sie wäre fast gestorben…“
    Kinder, überall Kinder.
    Kleine Gesichter, winzige Finger, die nach den großen Händen der Erwachsenen griffen.
    Kinder, noch vor der Geburt verloren.
    Kinder, die nie gezeugt wurden.
    Sarah begann schneller zu gehen, lief, rannte schließlich so schnell sie konnte über den Friedhof, vorbei an Gregor Beckers Grab, auf dem die rote Rose leuchtete wie Blut.
    In ihrem Auto sitzend, noch nach Atem ringend, zwang sie sich zur Sachlichkeit. Das war schon immer ihre Stärke gewesen. In kritischen Situationen keine Emotionen zulassen, sondern sich auf das besinnen, was jetzt, in diesem Augenblick wichtig war.
    So gelang es ihr, in die Realität zurück zu kehren. Plötzlich sah sie alles völlig klar und unsentimental.
    Bis zu diesem Moment war sie voller Selbstmitleid gewesen.
    Jedoch angesichts der Qualen, die Jessica hatte aushalten müssen und vielleicht noch immer aushielt, schämte sich Sarah für ihre eigenen egoistischen Gefühle.
    Was Jess durchlitt, war wirkliche Seelennot.
    Sarahs Einsamkeit, ihre Bedürftigkeit wirkten im Vergleich dazu lächerlich.

12. Kapitel
    S arah rief abends gegen halb Elf an.
    Da hatte Julian fast drei Tage und drei Nächte auf dem alten Sofa im Wohnzimmer gelegen, eingetaucht in einen Narkose ähnlichen Schlaf, zu dem ihm in regelmäßigen Abständen eine Flasche Rotwein verhalf und aus dem er nur erwachte, sobald die Wirkung des Alkohols schwächer wurde.
    Er weigerte sich, aufzuwachen.
    Er wollte nichts mehr sagen oder hören, keinen Schmerz mehr aushalten müssen – diesen Schmerz, der ihn wie in einer Klammer gepackt hielt, seit er Christophs Brief irgendwann, in einem anderen Leben, auf dem Küchentisch gefunden hatte.
    Er wollte eigentlich nur noch sterben.
    Als sein Mobiltelefon klingelte, huschte eine einsame, vage und deshalb umso verzweifeltere Hoffnung durch sein betäubtes Gehirn.
    Christoph…
    Das war vielleicht Christoph…
    Christoph, der anrief, um zu sagen, dass er sich geirrt hatte…
    Dass er Julian nicht belogen und betrogen hatte und dass er das neue Leben am anderen Ende der Welt nicht ohne Julian anfangen wollte…
    Doch es war nicht Christoph, der ihm antwortete, sondern eine Frauenstimme, die er nicht sofort erkannte, und als er dann endlich begriff, stieß er nur immer wieder „Ja! Ja, ja!“ und: „Bis gleich!“ hervor, um im nächsten Moment schon vom Sofa zu springen, mit den nackten Füßen mitten hinein in die Scherben eines zerbrochenen Weinglases.
    Der Schmerz, der ihn daraufhin durchzuckte, war höllisch, kam ihm aber irgendwie gerade recht, weil er ihn von dem verdammten Schmerz in seinem Innern ablenkte.
    Auf dem Weg zum Badezimmer musste Julian am Chaos in der Küche vorbei, und obwohl er sich nicht erinnerte, sich auch nur ein einziges Mal während der letzten drei Tage und Nächte von seinem durchgelegenen Sofa erhoben zu haben, musste er doch irgendwann in der Küche gewesen sein, denn dort stand ein Stapel schmutziges Geschirr im Spülbecken, das Ketchup darauf eingetrocknet und dunkel wie Blut.
    Kaum im Bad angekommen, übergab Julian sich in die Toilettenschüssel, wusch sich dann das Gesicht mit kaltem Wasser und vermied dabei, in den Spiegel zu schauen, weil er ahnte, wie er

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