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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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sein, dass es weitere Angehörige gibt, die…“
    „Nein, nein, auf keinen Fall“, unterbrach Sarah ihn vehement. „Wer immer die Rosen hier ablegt, ist dazu nicht befugt.“
    Der Blick, mit dem der Mann sie daraufhin ansah, wurde unvermittelt melancholisch, während er halblaut fragte: „Könnte man da nicht ein Auge zudrücken? Ich meine, die junge Frau tut mir irgendwie leid, wenn sie hier so alleine steht, die Rose in der Hand. Sie sollten sie sehen, wie sie jedes Mal weint.“
    Sarah stockte der Atem. „Wie sieht sie aus?“ stieß sie dann hervor. „Klein, dunkelhaarig, schon etwas älter? Dann ist es Gregors Frau.“
    „Nein, nein“, der Friedhofswärter schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Groß. Aber nicht so groß wie Sie. Und rothaarig. Ja, und Sommersprossen hat sie. Viele Sommersprossen. Sie ist – na ja – ich glaube, sie ist in Ihrem Alter.“
    Sarah hatte genug gehört. Sie wandte sich ab und ging ein paar Schritte, um so dem Mann den Rücken zudrehen und irgendwohin blicken zu können, wo sie nichts sah.
    Es gab keinen Aufschub mehr, wusste sie. Keinen Vorwand, die Wahrheit noch länger zu verdrängen. Sie würde sich darauf vorbereiten müssen, dass sie irgendwann – wahrscheinlich viel eher, als sie bis eben noch geglaubt hatte – der Begegnung mit Ilka Steffen nicht mehr ausweichen konnte.
    Ohne, dass es ihr bewusst war, begann sie, die Blätter der roten Rose, die sie eben noch wegwerfen wollte, behutsam zu glätten. Als sie merkte, was sie da tat, errötete sie leicht – warum, wusste sie nicht. Möglicherweise, weil sie sich durch das beschämt fühlte, was der Friedhofswärter gesagt hatte?
    Der räusperte sich, ehe er feststellte: „Ich wusste, dass Sie es nicht wirklich tun würden.“
    „Ich nicht“, erwiderte Sarah daraufhin lakonisch, während sie die Rose zurück auf die Grabplatte legte. Gleich darauf fuhr sie erschrocken hoch, denn in diesem Augenblick begannen die Kirchenglocken zu läuten – dröhnend, brausend, machtvoll, sodass der Boden unter Sarahs Füßen zitterte wie bei einem sich ankündenden Erdbeben.
    „Na, wenn das kein Zeichen ist.“ meinte sie mit einem etwas schiefen Lächeln. „Eine Beerdigung?“
    „Wie? Nein, nein, bei Beerdigungen schlägt nur die Totenglocke“, rief der Friedhofswärter in das Glockenläuten hinein.
    „Also eine Hochzeit?“
    „Nein, eine Taufe.“
    „Ach Gott, das arme Kind“, rief Sarah zurück. „Kaum auf der Welt, wird es mit diesem Lärm zu Tode erschreckt. Was denkt die Kirche sich dabei?“
    „Warum gehen Sie nicht ´rein und fragen?“ grinste da der Mann und griff nach der Harke, die er hinter sich gegen einen Grabstein gelehnt hatte. Dann ging er mit großen Schritten davon, um hinter einer Taxushecke endgültig zu verschwinden.
    Alleine der Gedanke, die Kirche zu betreten und als uneingeladener Gast bei einer Taufe zuzuschauen, rief in Sarah ein gewisses Unbehagen hervor.
    Warum sie es dennoch tat, blieb ihr selbst rätselhaft. Auf einmal fand sie sich in der weit offen stehenden Kirchentür wieder und noch ehe sie eingetreten war, sah sie schon das bronzene Taufbecken auf dem achteckigen schweren Fuß aus Marmor. Erneut schrak sie vor dem Gedanken zurück, zu bleiben, floh aber immer noch nicht, sondern sank mit einem leisen Seufzen in eine leere Kirchenbank.
    Einen Moment lang wagte sie nicht, den Kopf zu heben, und als sie schließlich doch aufblickte, sah sie eine junge Frau mit dem Kind im Arm an das Taufbecken treten.
    Sah, wie der kleine Kopf an der Brust der Mutter ruhte.
    Hörte den erschreckten Schrei des Kindes, als das Wasser auf seine Stirn tröpfelte.
    Und stellte sich vor, sie wäre es, die dort stand, glaubte zu fühlen, wie die winzigen Finger Hilfe suchend nach ihrer Hand griffen…
    Ihr Kind.
    Das Kind, das Robert sich von ihr wünschte.
    Einen kurzen Augenblick währte dieser Traum. Sie war so kühn, zu vergessen, was Maren Schellhorn ihr gesagt hatte. Sie verdrängte die Erinnerung an alles andere, was sich vor vielen Jahren ereignet und in diesen Sekunden nichts mit ihr zu tun hatte. Sie war jung, sie war gesund, sie würde schwanger werden und…
    In diesem Augenblick summte ihr Telefon zwar sehr dezent, aber laut genug, dass sich die gesamte Taufgesellschaft vorwurfsvoll nach ihr umschaute.
    Sarah schlich auf Zehenspitzen hinaus. Nachdem sie die Tür so geräuschlos wie möglich hinter sich ins Schloss gezogen hatte, blieb sie schon wieder stehen, um einige Male tief durch zu

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