Liebeslied für einen Prinzen
Thronfolger zu sein, zweifelte. Sie liebte ihre Heimat und wünschte sich für San Rinaldi einen guten König – vor allem einen, der das Land liebte. Bisher deutete nichts darauf hin, dass Adam viel für San Rinaldi übrig hatte.
Seine Einstellung zu diesem Land beunruhigte sie. Anfangs hatte er gelegentlich ironische Bemerkungen über ihre Heimat gemacht. Das hatte Elena auf seine etwas zynische Grundhaltung zurückgeführt. Bevor er jedoch zum Palast gefahren war, hatte er etwas gesagt, das sie ernsthaft betroffen machte.
Hatte er es ernst gemeint? Und konnte Elena über diese Einstellung hinwegsehen?
5. KAPITEL
Kurz vor seiner Abfahrt waren Elena und Adam im Gästehaus gewesen. Auf der Suche nach einer Krawatte hatte er sein Gepäck durchwühlt.
„Ich habe den Eindruck, es kommt Ihnen komisch vor, sich auf San Rinaldi so förmlich anzuziehen“, bemerkte sie lachend.
„Ja, ehrlich gesagt finde ich es ziemlich blöd.“ Er musste etwas gefunden haben. Elena hörte, wie er sich vor den Spiegel stellte. „Man hat mir aber geraten, eine Krawatte zu tragen. Und solange ich die Krone nicht in meinen kleinen Händen habe, halte ich mich lieber an derartige Hinweise.“
„Klingt vernünftig“, murmelte sie.
„Hoffentlich treffe ich heute Abend endlich den alten Mann“, fuhr er fort.
„Den alten Mann?“, fragte sie betroffen. „Sprechen Sie womöglich über den König, Ihren Großvater?“
„Genau den meine ich.“
Ihr gefiel absolut nicht, in welchem Ton er über den Herrscher des Inselreichs sprach. „Finden Sie nicht, dass Sie etwas mehr Respekt zeigen sollten?“
„Für wen?“, entgegnete er sarkastisch. „Für den Mann, der meine Mutter aus dem Land verbannt hat, um mich nicht als seinen Enkel anerkennen zu müssen? Für den Mann, der nun doch zu dem Schluss gekommen ist, dass er mich braucht, und der darum bereit ist, mir Rosen auf den Weg zu streuen? Vor diesem Mann soll ich Achtung haben?“
„Ja. Wenn Sie ihn schon nicht als Menschen respektieren können, dann wenigstens für seine Stellung. Er ist unser König!“
„Nicht mehr lange“, entgegnete er. „Und dann werden Sie wahrscheinlich allen Leuten sagen, dass sie vor mir Respekt zeigen sollen, wie?“
„Natürlich.“
Adam lachte und tippte ihr leicht gegen das Kinn. „Sie sind wirklich süß, Elena, aber Sie irren sich.“
Danach verabschiedete er sich und fuhr los. Nachdem er gefahren war, hatte Elena sich seine Worte durch den Kopf gehen lassen und Susan Nablus angerufen, eine alte Freundin ihrer Mutter und Expertin für die Geschichte von San Rinaldi. Wenn jemand über die Geschehnisse Bescheid wusste, die sich zur Zeit Adams Geburt abgespielt hatten, dann Susan.
Susan war gerade vom Einkaufen heimgekommen und freute sich, von Elena zu hören. Sofort erklärte Susan sich bereit, vorbeizukommen und sämtliche Fragen der Tochter ihrer Freundin zu beantworten.
„Adam Ryder? Aha, so heißt er also“, meinte Susan. „Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, dass der Palast ihn als möglichen Nachfolger betrachtet, nachdem sich unter den direkten Erben kein geeigneter Kandidat gefunden hat.“
„Ich würde sagen“, wandte Elena ein, „dass er als Prinz Antonios Sohn doch auch ein direkter Erbe ist.“
„Ja, sicher, aber er ist ein außerehelicher Nachkomme.
Und seine Mutter genießt hier kein Ansehen.“
„Das ist wohl der springende Punkt“, überlegte Elena laut.
„Ich kenne Adam nicht“, fuhr Susan fort, „aber ich habe seine Mutter damals auf San Rinaldi getroffen. Du liebe Zeit, das ist schon über dreißig Jahre her. Sie hieß Stephanie, wenn ich mich nicht irre. Sie war eine dieser perfekten Schönheiten, die einige Jahre als Supermodel arbeiten, auf den Titelseiten sämtlicher Zeitschriften auftauchen und dann wieder verschwinden.“
Susan griff nach ihrer Tasse und trank einen Schluck von dem starken Kaffee. „Auf mich hat sie den Eindruck gemacht, eines von diesen hübschen Mädchen zu sein, die von reichen Männern quasi herumgereicht werden. Sie kam für Modeaufnahmen nach San Rinaldi. Das war zwei Jahre nach der schrecklichen Entführung der Enkelsöhne des Königs. Du weißt doch, dass damals eines der Kinder verschwand und für tot gehalten wurde.“
Elena nickte. Auf San Rinaldi gab es wohl niemanden, an dem diese Ereignisse völlig vorbeigegangen waren.
„Es heißt, Prinz Antonio sei vor der Entführung seiner Kinder ein perfekter Ehemann gewesen. Aber die Tragödie, ein Kind zu
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