Liebeslist und Leidenschaft
wollte, und obwohl sie es sich insgeheim auch ersehnte, würde sie ihm gerade das bestimmt nicht geben.
„Wo ist mein Schlafzimmer?“, fragte sie.
„Unser Schlafzimmer ist da hinten, den Flur runter.“
„‚Unser‘ Schlafzimmer gibt’s nicht“, gab sie kühl zurück. „Ich will mein eigenes. Ich habe mich bereit erklärt, für dich zu arbeiten. Aber das ist auch alles. Etwas anderes kommt überhaupt nicht infrage.“
„Was meinst du mit ‚etwas anderes‘?“
„Das weißt du ganz genau.“
„So etwas wie dies hier?“
Mit dem Zeigefinger fuhr er sanft den Ausschnitt ihres Kleides entlang und registrierte lächelnd, wie sie vor Erregung eine Gänsehaut bekam. Nicole wagte kaum zu atmen. Auf keinen Fall wollte sie sich anmerken lassen, was seine Berührung in ihr auslöste.
„Du wirst mich doch wohl nicht zu etwas zwingen, oder, Nate?“, fragte sie betont ruhig, obwohl es in ihrem Inneren ganz anders aussah.
„Dich zu etwas zwingen? Bestimmt nicht.“
„Gut. Dann sieh es ein – ich will dich nicht.“
„Willst du mich nicht – oder willst du nicht, dass du mich willst?“
Sie riss sich zusammen und schwieg. Schließlich nahm Nate die Hand weg.
„Na schön, ich habe noch ein Gästezimmer. Die zweite Tür rechts im Flur. Ich bringe deine Sachen da rein.“
„Sehr gut. Danke.“
Endlich fiel die Anspannung von ihr ab. Es war ein kleiner Sieg über ihn – aber ein sehr wichtiger. Sie kam sich vor, als hätte sie den Mount Everest bezwungen.
Es war Donnerstagabend. Eine Woche seit ihrem Kennenlernen, aber es kam ihr wie eine Ewigkeit vor. Nicole klappte ihren Laptop zu und griff nach den Unterlagen über den Auslandshandel der Firma, die sie mit ins Apartment nehmen und vor dem Einschlafen noch durchgehen wollte. Viel Schlaf hatte sie in den letzten Tagen ohnehin nicht bekommen. Zu wissen, dass er nur wenige Meter entfernt von ihr übernachtete, machte sie ganz kribbelig. Aber ich habe es ja selbst so gewollt, rief sie sich ins Gedächtnis.
Es hatte sie überrascht, dass Nate widerspruchslos auf ihren Wunsch nach einem eigenen Schlafzimmer eingegangen war. Vielleicht fand nur ich unseren Sex so umwerfend und er nicht, grübelte sie. Vielleicht ist es für ihn immer so bei jeder Frau. Dieser Gedanke behagte ihr überhaupt nicht. Ob sie es wollte oder nicht, jede Nacht lag sie im Bett und musste immer wieder an ihr Wochenende voller Zärtlichkeit denken.
Und nicht nur nachts. Gerade stieg wieder die Erregung in ihr hoch! Um Himmels willen, es ist doch nur Sex, ermahnte sie sich im Geiste. Ich kann auch ohne auskommen.
Lügnerin, flüsterte eine lüsterne Stimme in ihrem Hinterkopf.
Die Bürotür ging auf, und das Objekt ihrer Begierde betrat den Raum. Wie immer sah Nate in seinem maßgeschneiderten Anzug umwerfend aus. Sie spürte, wie sie rot wurde, und verfluchte sich dafür.
„Ich muss unbedingt mit dir sprechen“, stieß Nate unvermittelt hervor. Keine lange Vorrede, kein nettes Wort. Er kam gleich zur Sache.
So ist er eben, dachte sie. Wenn es nötig ist, kann er der charmanteste Mann der Welt sein, aber wenn es nicht nötig ist, ist er sehr direkt. Und bei mir scheint er es nicht für nötig zu halten. Das fand sie enttäuschend. Es konnte natürlich auch sein, dass er im tiefsten Inneren genauso sexuell frustriert war wie sie – und es auf diese Weise zeigte.
„Was gibt es denn?“, fragte Nicole betont sachlich.
„Dein Bruder und Anna Garrick sind heute in den Marlborough-Distrikt gefahren.“
„Judd und Anna? Warum?“
„Ich hatte gehofft, das könntest du mir sagen. Ich meine, jeder weiß, dass dort eins der größten Weinanbaugebiete Neuseelands ist, aber bisher hat Wilson Wines doch nur Importweine vertrieben.“
„Oje!“ Erschrocken hielt Nicole sich die Hand vor den Mund.
„Also weißt du doch, warum sie da hingefahren sind?“
Sie schüttelte den Kopf. „Ich bin mir nicht sicher, aber mir kommt da so ein Verdacht. Obwohl mein Vater damals meinte, meine Projektstudie wäre nur Zeitverschwendung.“
„Projektstudie?“, fragte Nate angespannt.
„Ja, ich hatte eine Idee entwickelt. Weil die internationalen Transportkosten immer mehr ansteigen und der Neuseeland-Dollar immer wieder im Kurs schwankt, hatte ich überlegt, ob es nicht günstig wäre, auch einheimische Weine zu vertreiben. Weine, die noch nicht in Supermärkten und Weinhandlungen vertreten sind. Eher exklusive Tropfen, wie man sie in besseren Restaurants, Bars und Hotels
Weitere Kostenlose Bücher