Liebeslist und Leidenschaft
Drehstuhl herumschwingen und schaute aus dem Fenster auf den Hafen. Obwohl es ein Werktag war, waren viele Jachten zu sehen. Die Freiheit der Menschen auf dem Wasser hätte sie sich auch für sich gewünscht! Doch ihre Freiheit war zurzeit leider sehr eingeschränkt. Aber warte nur ab, dachte sie, irgendwann bekomme ich wieder Oberwasser. Dann zeige ich es Nate Jackson. Dann wird es ihm wie seinem Vater ergehen, und er wird bereuen, sich mit jemandem von den Wilsons angelegt zu haben.
6. KAPITEL
Nate verbrachte den restlichen Nachmittag mit Nicole und weihte sie in die Geschäfte von Jackson Importers ein. Als die Sonne allmählich unterging, waren beide ziemlich erschöpft.
„Ich glaube, heute übernachten wir lieber in meinem Apartment in der Stadt“, sagte er, während er aufstand und sich reckte und streckte.
„Wie du willst“, murmelte Nicole.
„Willst du doch lieber zurück nach Karekare? Dann müssten wir aber trotzdem zuerst ins Apartment, um deine neuen Sachen abzuholen. Ich habe sie dorthin liefern lassen.“
„Am liebsten würde ich nach Hause fahren – in mein Zuhause. Aber da du das ja nicht zulassen wirst, ist es mir völlig egal, wo ich übernachte.“
Herausfordernd sah sie ihn an. Aber er war nicht bereit, den Fehdehandschuh aufzugreifen und sich auf eine Diskussion einzulassen. „Gut, wenn es dir egal ist, übernachten wir im Apartment.“
Gemeinsam verließen sie das Büro und fuhren zum Apartmenthaus. In der Tiefgarage des Gebäudes stiegen sie aus.
„Oh“, sagte sie plötzlich. „Da steht ja mein Auto!“
Zwar hatte sie ihm im Laufe des Nachmittags viele Fragen über Jackson Importers gestellt, aber erst jetzt erwachte sie wieder richtig zum Leben.
„Ja, ich habe es herbringen lassen. Ich war so frei, mir dafür deinen Autoschlüssel ‚auszuleihen‘. Als Führungskraft musst du schließlich mobil sein. Obwohl wir sicher meistens gemeinsam in meinem Auto fahren werden.“
Sie prüfte ihren Wagen von außen ganz genau auf Schäden.
„Es ist ein Roadster, stimmt’s?“, fragte er.
„Ja, ein 58er 300 SL, um genau zu sein. Ich bin froh, dass deine Leute ihn nicht beschädigt haben.“
„Ich beschäftige nur die Besten“, gab er zurück.
Was er wohl machen würde, wenn ich mit meinem Wagen einfach davonbrause? fragte sie sich. Aber das würde ja auch nichts bringen. Er hätte immer noch die verräterische DVD. Und obendrein war das Foto von uns in der Zeitung. Das hat mein Vater bestimmt auch gesehen, und er würde mich bestimmt nicht gerade willkommen heißen.
„Sei froh“, erwiderte sie. „Hätten sie eine Schramme reingefahren, dann hätte es Ärger gegeben.“
„Jetzt komm, lass uns zum Apartment hochfahren. Du musst doch inzwischen einen Bärenhunger haben.“
Den hatte sie allerdings. Vom Muffin am Morgen hatte sie nur ein kleines Stückchen gegessen, und das Mittagessen hatten sie ausfallen lassen.
„Gut, dann essen wir in deinem Apartment was“, war sie einverstanden. „Viel anderes bleibt mir ja sowieso nicht übrig.“
Er lächelte sie freundlich an, was sie zutiefst verwirrte. Sie hatte ihn provozieren wollen, aber er ließ es einfach an sich abperlen. Na ja, er konnte sich diese Gelassenheit leisten. Schließlich besaß er im Moment Macht über sie. Sie würde sich – zurzeit wenigstens – damit abfinden müssen. Aber das hieß nicht, dass sie es ihm leicht machen würde!
Mit dem Fahrstuhl fuhren sie nach oben. Sie gingen einen mit Teppich belegten Flur entlang, bis sie am Ende Nates Apartment erreichen. Er öffnete die Tür und bat sie herein. Als sie das Wohnzimmer betrat, war sie vom Blick durch das große Fenster überwältigt. Der Blick von seinem Büro aus war schon beeindruckend genug gewesen, aber dies hier übertraf alles. Sie überblickte die Berge North Head und Mount Victoria, konnte bis Rangitoto Island und noch weiter sehen.
„Auf Seeblick scheinst du immer Wert zu legen“, stellte sie fest, während sie ihre Handtasche auf dem Sofa ablegte.
„Allerdings.“
Er stand direkt hinter ihr, und sie spürte seine Nähe. Das machte sie ganz unruhig. Seit dem Kuss im Sitzungssaal hatte er Distanz gewahrt. Jetzt sehnte sie sich förmlich nach seiner Berührung, aber sie riss sich zusammen. Das wäre nach seinem Verhalten ja wohl das Letzte! Bis auf ihren Stolz war ihr ohnehin nichts geblieben.
Sie machte einen Schritt nach vorn, um die Distanz zu vergrößern, und drehte sich dann zu ihm um. Nein, sie wusste genau, was er
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