Liebeslist und Leidenschaft
jagte ihm eine Heidenangst ein.
Als Nicole am Morgen erwachte, fühlte sie sich hundeelend. Was Nate wohl gedacht hatte, als er sich in der vergangenen Nacht die DVD angesehen hatte? Ob er sich darin gesuhlt hatte, sich die Wut und Abscheu ihres Vaters vorzustellen? Würde er irgendwann doch noch seine Drohung wahr machen und die Scheibe an ihn senden, mit einem Brief dabei, der erklärte, dass er der Sohn von Thomas Jackson war?
Bei dem Gedanken, dass ihr Vater die pikante Aufnahme eines Tages vielleicht sehen würde, wurde ihr übel. Sie rannte ins Badezimmer und musste sich übergeben.
So weit war es schon gekommen! Jetzt wirkte sich die psychische Anspannung schon körperlich auf sie aus! Oder … konnte die Übelkeit andere Gründe haben …?
Sie musste an die Panne mit dem Kondom denken. Aber sie war doch wohl nicht schwanger – oder? Prüfend betrachtete sie sich im Spiegel. Wie das blühende Leben sah sie im Moment wirklich nicht aus. Aber vielleicht war es auch nur der Stress. Die Sorge um ihren Vater.
Ihm schien es schlechter zu gehen, und sie musste unbedingt Näheres erfahren. Ihn aufsuchen konnte sie nicht, er würde sie garantiert nicht mit offenen Armen empfangen. Die einzige Lösung war, Anna zu fragen, die würde bestimmt mehr wissen. Ja, sie würde ihr vom Büro aus eine Mail schicken und um ein Treffen bitten. Vielleicht würden sich durch das Gespräch auch Wege finden lassen, ihr Leben wieder in die richtigen Bahnen zu lenken.
Weil sie sich das Büro mit Nate teilte, musste Nicole abwarten, bis er in einer Sitzung war, erst dann konnte sie Anna die Mail schicken. Sie schlug ihr ein Treffen in einem Restaurant vor.
Nicole fiel ein Stein vom Herzen, als sie Anna im Lokal auftauchen sah. Sie begrüßte sie, und die Freundin setzte sich, doch von ihrer früheren Herzlichkeit war nicht viel zu merken. Anna wirkte kühl.
„Anna, ich weiß, dass unsere Freundschaft ein paar Kratzer abbekommen hat …“
„Na ja, als wir das letzte Mal telefoniert haben, warst du nicht gerade gut auf mich zu sprechen.“
Heute wusste Nicole, dass sie überreagiert hatte, und es tat ihr leid. Schuldbewusst lächelnd, ergriff sie Annas Hand und war erleichtert, als die Freundin sie nicht zurückzog. Ja, sie lächelte sogar versöhnlich. Schließlich fragte sie: „Wie geht’s dir denn so?“
Am liebsten hätte Nicole ihr das Herz ausgeschüttet, doch deshalb war sie nicht hier. „Ach, ganz okay. Aber eigentlich hatte ich dich um das Treffen gebeten, um zu hören, wie es Dad geht.“
„Er ist nicht gerade begeistert, dass du jetzt für die Konkurrenz arbeitest.“
„Das habe ich mir schon gedacht. Ich meinte eher, was seine Gesundheit macht.“
Erleichtert hörte sie, dass es ihm relativ gut ging. Weniger gut gefiel ihr, dass ihr Bruder Judd sich nach Annas Aussage gut bei Wilson Wines eingearbeitet hatte. „Aber du solltest trotzdem zurückkommen“, bat Anna.
Traurig schüttelte Nicole den Kopf. „Ich … ich kann nicht.“
„Was soll das heißen, du kannst nicht? Natürlich kannst du. Wilson Wines ist dein Zuhause, deine Berufung. Bitte, bitte, komm doch zurück.“
Wenn das nur so einfach wäre, dachte sie. Selbst wenn ich Anna von der Erpressung erzählen würde – wie könnte ich ihr begreiflich machen, dass ich irgendwie sogar ganz gern für Jackson Importers arbeite? Dass ich dort mehr Anerkennung bekomme als bei meinem Vater?
Sie hatte Schuldgefühle deswegen, aber so war es nun mal. Also drückte sie sich um eine Antwort und schnitt andere, unverfänglichere Themen an. Und schon bald plauderten die beiden wie in alten Zeiten. Als sie mit dem Essen fertig waren, war es fast, als hätte es den unseligen Streit nie gegeben.
„Ich bin so froh, dass du mir die Mail geschickt hast“, sagte Anna und nahm sie in die Arme.
„Und ich bin froh, dass du überhaupt noch mit mir redest. Verdient habe ich das nicht.“
„Ach, Quatsch“, erwiderte Anna und machte eine wegwerfende Handbewegung. „Lass mich die Rechnung übernehmen, okay? Nächstes Mal bist du dann dran.“
Als sie das Restaurant verließen, fühlte Nicole sich unendlich erleichtert. Andererseits hatte die Versöhnung mit Anna ihr bewusst gemacht, was sie seit ihrer Fahnenflucht alles vermisste. Obendrein hatte sie im Hinterkopf die Angst, schwanger zu sein. Wie gerne hätte sie ihrer Freundin das Herz ausgeschüttet, aber das durfte sie nicht. Sie umarmte Anna noch einmal und verabschiedete sich dann.
Traurig sah sie ihre
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