Liebeslüge, Liebesglück? (Julia) (German Edition)
„Ich möchte Ihnen versichern, dass ich kein Mörder, Einbrecher oder von Interpol gesuchter Spion bin, wie sie jetzt vielleicht befürchten. Ich bin Geschäftsmann und geradezu unerträglich seriös“, sagte er offen und ein wenig amüsiert, zog ein silbernes Etui aus der Tasche und reichte ihr mit jenem Lächeln, das so eine unglaubliche Wirkung auf sie hatte, eine Visitenkarte.
Marisa betrachtete sie starr. Unter dem Firmennamen „Teodarkis Holdings“ stand eine Adresse in Mayfair und daneben: Athan Teodarkis.
Angespannt wartete Athan ab, wie Marisa reagieren würde. Hoffentlich hatte Ian ihr gegenüber nie den Namen der Familie seiner Frau erwähnt – oder den des Unternehmens, für dessen Tochtergesellschaft Ian arbeitete. Doch Marisa schien der Name nichts zu sagen.
„Ich hoffe, Sie glauben mir jetzt, dass ich absolut harmlos bin“, sagte er. „Also, kommen Sie mit? Ich gehe so ungern allein ins Theater.“
„Kennen Sie sonst niemanden, den Sie fragen könnten?“
„Niemanden, der Tschechow mag. Er ist ja nicht jedermanns Geschmack.“
Sondern der Geschmack von Leuten, die sich bei einem heißen Date am liebsten ein Theaterstück aus dem neunzehnten Jahrhundert über ein paar Provinzler ansehen, die sich ziellos durchs Leben treiben lassen und depressiv werden? dachte Marisa. „Aber Sie glauben, mir gefällt er?“, fragte sie. Absurderweise kränkte es sie, dass sie offenbar nicht zu der Art Frauen gehörte, mit denen er sonst ausging. „Laden Sie mich deshalb ein?“
„Teilweise.“ Athans dunkle Augen machten unmissverständlich klar, dass sie mit ihrer Vermutung falschlag, nicht zu den Frauen zu gehören, mit denen er sonst ausging. Und in seiner Stimme schwang nun ein ganz anderer Ton mit.
Sie fühlte sich völlig überfordert, denn hinter der Fassade der Designer-Outfits und des Luxusapartments verbarg sich nun einmal eine junge Frau vom Lande.
„Konnte ich Sie überreden?“ Er schenkte ihr ein Lächeln, das sie fast umwarf.
„Ähm, ich …“, begann Marisa.
„Sehr schön“, sagte Athan, als hätte sie zugestimmt. „Dann hole ich Sie um sieben ab.“ Er wandte sich um, hielt dann inne und sagte: „Mir fällt gerade ein, dass ich gar nicht weiß, wie Sie heißen.“
Marisa wurde von einem merkwürdigen Gefühl erfasst. Was da gerade passierte, war alles so unwirklich. „Ich heiße Marisa“, erwiderte sie langsam. „Marisa Milburne.“
„Ich bin hocherfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen, Miss Milburne“, erwiderte Athan, nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen.
Es war nur eine ganz kurze, flüchtige Berührung, die Marisa jedoch völlig durcheinanderbrachte.
„Als Wiedergutmachung, weil wir uns gar nicht formell miteinander bekannt gemacht haben“, sagte Athan. Dann wandte er sich mit seinem atemberaubenden Lächeln um und ging davon. Benommen blickte sie ihm nach, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. Anschließend ging sie wie in Zeitlupe zurück ins Wohnzimmer, wo sie eine Weile starr ihre Hand betrachtete.
3. KAPITEL
„Und, was meinen Sie – sollte sie sich lieber weiter auf Hollywood konzentrieren?“
Der Vorhang war gefallen. Als Marisa langsam ihren Platz im Parkett verließ und Athan Teodarkis dicht hinter ihr ging, war seine Präsenz nahezu greifbar. So war es den ganzen Abend gewesen, schon im Taxi und erst recht, als er im Theater neben ihr Platz genommen hatte. So nah, dass sein Arm fast ihren berührt hatte. Dabei hatte Marisa extra die Hände auf dem Schoß verschränkt.
Ich hätte seine Einladung nicht annehmen dürfen, dachte sie immer wieder. Sie kannte diesen Mann doch gar nicht! Bis vor Kurzem hatte sie nicht einmal gewusst, wie er hieß. Und dann hatte er sich vorgestellt und ihr einen Handkuss gegeben …
Unwillkürlich dachte Marisa daran, wie seine Lippen ihre Haut gestreift hatten, und ihr wurde heiß. Wie konnte es sein, dass sich eine so formelle Geste so unglaublich innig und sinnlich anfühlte? Seit dem Handkuss war ihr, als hätte sie leichtes Fieber. Sie hatte sich den ganzen Abend sehr zusammengerissen, damit Athan nicht bemerkte, was für eine Wirkung er auf sie hatte. Betont gelassen hatte sie mit ihm über den Straßenverkehr, das Stück und das Theater geplaudert.
Marisa hatte sich absichtlich brav und schlicht angezogen, damit Athan auch nicht im Entferntesten vermuten konnte, sie habe es auf ihn abgesehen. Ihr Designerkleid aus feiner grauer Wolle war zwar elegant, saß aber recht locker, hatte keinen
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