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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Omelette aus vier Eiern und mild gesalzenem Speck, trank ein Becherchen Kwass und war stark genug, Marfa Babkinskaja mit der Zärtlichkeit eines Walrosses von seiner Manneskraft zu überzeugen.
    Diese erste Liebesnacht war für Karpuschin trotz nachfolgender Atembeschwerden, Kreislaufstörungen und Flimmern vor den Augen das ganz große Erlebnis seiner letzten vierzig Jahre. So wie jetzt hatte er nur als Zwanzigjähriger geliebt, und wenn er an seine ›Witwe‹ Olga Jelisaweta dachte und an ihre Geziertheit, dann mußte er mehrmals schlucken und sich gestehen, die besten Jahre eigentlich versäumt zu haben. Wie sanft, wie zart und doch voll Glut war da Marfa Babkinskaja. Sie sprach nicht immer wie Olga Jelisaweta und stieß wohleinstudierte Quietscher aus, sondern sie hatte die Augen geschlossen, die Lippen etwas geöffnet, und ihr Gesichtchen zerschmolz unter seinen Küssen. Sie gab sich hin wie Leda, und Karpuschin fühlte sich als zärtlicher, wilder Schwan.
    In dieser Nacht hatte Karpuschin auch seine Entscheidung gefällt. Er mietete in Jakutsk ein Zimmer in einem neuen Wohnblock und schimpfte mit den beiden Baubrigadieren, weil schon jetzt der Putz von der Decke fiel, die hölzernen Fensterrahmen sich verzogen hatten und der Wind ins Zimmer pfiff.
    »Was wollt ihr, Genosse?« brüllte der Brigadier der Tischler zurück. »Die Fenster kommen aus der staatlichen Fabrik Lastotschkuscha (was soviel heißt wie ›Schwälbchen‹), sie sind qualitätsgeprüft, haben ihren Gütestempel, und wir bauen sie nur ein. Beschwerden also dorthin, Genosse! Können wir dafür, daß die Genossen von Lastotschkuscha mit dem Hintern am Hobel stehen statt mit dem Gesicht?«
    Karpuschin seufzte und bezog das Zimmer. Er war froh, überhaupt ein Zimmer bekommen zu haben, denn auch in Jakutsk herrschte Wohnungsnot wie in allen sowjetischen Städten. Nur sein Ausweis aus Moskau verschaffte ihm diese Bleibe; und es war Marfa Babkinskaja, die Möbel kaufte. Nicht viel Möbel … ein breites Bett, einen Tisch, vier Stühle, zwei Sesselchen, einen Schafteppich, einen Kohlenherd, einen runden Eisenofen, Geschirr für vier Personen, ein Transistorradio, ein Bild von Lenin, eine hölzerne Deckenlampe mit vier Glasschalen und einige andere Kleinigkeiten, die ein Zimmer wohnlich werden lassen.
    Währenddessen besuchte Karpuschin nacheinander die chinesische Handelsdelegation, den größten mongolischen Silberhändler in Jakutsk und eine Versammlung merkwürdiger Männer, die sich mit Pferde- und Eselhandel beschäftigten und sich im vertrauten Kreise mit ›Herr Oberst‹, ›Herr Major‹, ›Herr Oberstleutnant‹ und einmal sogar mit ›Herr General‹ anredeten. Es waren Chinesen, vornehm, zurückhaltend, unauffällig, höflich, immer freundlich. Das ewige Lächeln Asiens lag auf ihren schmalen Lippen, aber ihre Augen waren wach und von sanfter Klugheit.
    Mit diesen Männern kam Karpuschin ins Gespräch, nachdem man ihm auf der Handelsmission einen Brief mitgegeben hatte. In einem alten Haus mitten in Jakutsk traf man sich, saß um einen großen schwarzen Lacktisch, und der Rauch süßlicher Zigaretten lag im Raum und verzauberte die Gemüter der Anwesenden.
    »Wir haben uns erkundigt, Exzellenz«, sagte der freundliche Eselhändler, den man mit ›Herr Oberst‹ ansprach. »Sie sind tatsächlich der Generalmajor Matweij Nikiforowitsch Karpuschin. Es stimmt auch, daß Sie in Moskau und der Welt als tot gelten, als liquidiert wegen Konspiration mit dem Westen. Sie wurden erschossen. Es stimmt alles.«
    »Ich lüge nicht!« erwiderte Karpuschin stolz und beleidigt zugleich. »Es ist meine Art, mit Ehrlichkeit durch das Leben zu gehen.«
    Das war nun gewaltig übertrieben und gelogen, aber sehen wir darüber hinweg, denn Karpuschin begann ja, Politiker zu werden! Da gelten andere Gesetze als die der üblichen Moral.
    »Ich erkläre mich bereit«, fuhr Karpuschin fort, »meine Erfahrungen in der Roten Armee und als Abteilungsleiter des KGB dem Aufbau der chinesischen Armee zur Verfügung zu stellen. Ich glaube, daß es sehr nützlich sein könnte.«
    »Davon ist unsere Regierung auch überzeugt, Exzellenz.« Der Eselhändler, ›Herr Oberst‹, nickte und blätterte in einigen Papieren. »Sie waren in Stalingrad, an der Leningradfront und später beim Durchbruch über die Oder«, sagte er. »Sie galten, als sie noch lebten« – hier lächelten die anderen Herren höflich und verneigten sich im Sitzen vor Karpuschin – »als ein Experte der

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