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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Palisade und sprang von da hinunter ins Dorf, indem sie sich abstieß und einfach fallen ließ. Sie kugelte durch den Schnee, sprang aber sofort wieder auf und rannte, ohne sich umzusehen, geradewegs auf die erste Hütte zu.
    Was sie vermutete, traf zu. Das Haus war leer, die Tür nicht verschlossen, selbst der Hund war mitgenommen worden. Und als sie in der Tür stand und sich umblickte, sah sie alle Häuser so verlassen und wußte, daß die Männer vorn am Tor waren und auf den Angriff der Leute aus Nowo Bulinskij warteten.
    Ludmilla handelte schnell. Sie nahm die Petroleumlampe, goß den Brennstoff auf dem Boden aus, sprengte ihn über Tisch und Bank, Stühle und Schränke, bespritzte sogar die Wände damit, den gemauerten Ofen und die dicke Balkendecke. Dann lief sie zum Herd, stieß einen dicken Birkenzweig aus dem Reisig, das überall in den Hütten in einer gemauerten Höhlung zum Feueranzünden unter dem Ofen lag, ins Feuer, ließ ihn hell aufflammen und warf ihn dann auf den Tisch. Es zischte, und dann loderte das Petroleum auf. Flämmchen, blauschwarz qualmend, liefen durch das ganze Haus, leckten die Wände empor, ergriffen die besprengten Möbel und Dielen!
    Dann stand Ludmilla draußen im Schnee, sah hinüber zum großen Frauenhaus und erkannte die zusammengeballte Gruppe der Frauen und Kinder und mitten unter ihnen die dunklen Gestalten der Brodjagi. Und plötzlich erkannte sie auch, was dort vor dem großen Tor geschehen sollte, und sie ballte die Fäuste, preßte sie gegen den Mund und stöhnte in ohnmächtiger Wut und verzweifeltem Entsetzen. Sie lief von Haus zu Haus.
    Und dann zersprangen mit lautem Knall die ersten Scheiben der brennenden Hütten. Aus der Enge befreit, schossen die Flammen mit einem dumpfen Dröhnen aus den Fenstern, der Rauch entfaltete sich zu großen, grauwallenden Wolken, die mit ihrer glühenden Hitze gegen den Frost prallten, daß die Luft sogar knisterte und sich eine Wand aus brodelndem Nebel bildete.
    Drei Häuser standen in hellen Flammen, umgeben von wallenden Nebeln. Im vierten zerplatzten jetzt die Scheiben, im fünften brodelten die Flammen. Nur das sechste lag dunkel gegen den Wald und die Palisadenwand, und in ihm war ein kleines blondes Mädchen, verkroch sich vielleicht irgendwo in eine Ecke wie eine sterbende Katze und sah mit von Grauen verzerrtem Gesicht in die flackernde Dunkelheit.
    Der Kreis vor dem Frauenhaus hatte sich aufgelöst. Die Brodjagi rannten zu ihren Häusern; die Frauen hatten sich über die brüllenden Kinder in den Schnee geworfen und schützten sie mit ihren Leibern, und vom Tor her stolperte mit hocherhobenen Armen eine kleine Gestalt, die wie ein gedrungener Bär wirkte. Diese Gestalt schrie mit gellender Stimme: »Schießen, Brüder! Schießen! Laßt die Hütten brennen! Wehrt euch doch! Ihr Memmen! Ihr Feiglinge! Ihr erbärmlichen Hunde! Die Frauen und Kinder schützen euch doch, ihr Idioten! Halt! Halt!«
    Hinter Ludmilla zischten die Flammen aus dem Haus. Wie versteinert blieb der ›Professor‹ stehen und starrte auf sein qualmendes, brennendes Haus.
    »Oh!« sagte er dumpf. »Oh, ihr Schweine! Aber mich überlistet ihr nicht!« Er wandte sich ab, rannte zu einer Gruppe Frauen, die vom Platz weg zu den noch nicht brennenden Häusern flüchtete, und schwenkte dabei seine Pistole. »Verreckt alle!« schrie er wie irr. »Verdient habt ihr es! Alle! Aber nicht ich! Nicht ich!« Er erreichte die letzte der Frauen, fiel sie an wie ein Wolf, sprang auf sie und krallte sich in ihren Rücken. Die Frau schrie gellend auf, ließ sich in den Schnee fallen, wälzte sich herum wie ein angeschossener Fuchs und trat und schlug um sich. Und dabei schrie sie mit unmenschlicher Stimme, als röste man sie bei lebendigem Leib am Spieß.
    Der ›Professor‹ trat sie in den Leib und ins Gesicht, bückte sich und wollte sie mit der linken Hand zu sich emporreißen, um sie als lebenden Schild vor sich herzuschieben. Er hatte es jetzt leicht, denn die Frau war besinnungslos aus Angst und von seinen Tritten.
    Da sah er Ludmilla im Schnee vor seinem brennenden Haus stehen, und er sah auch, daß sie eine Nagan in der Hand hielt und auf ihn zielte.
    »Du mistiges Weibsstück!« brüllte er.
    Noch einmal bückte er sich, um die ohnmächtige Frau hochzureißen, da drückte Ludmilla ab. Der Schuß ging unter im Geschrei und Schießen vom Tor her, im Prasseln der Flammen und dem krachenden Gebälk, und daß es überhaupt ein Schuß war, sah man nur am Hüpfen der

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