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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Leutnant setzte sich und wandte den Kopf dann zu Kleefeld. Der Deutsche zitterte, als stände er im schneidenden Frost. Seine Zähne klapperten. »Was soll ich schreiben?«
    »Reden Sie!« sagte Kraswenkow hart.
    »Ich melde … ich melde …« Kleefeld sah sich wieder um. Sein Herz zerschmolz im Feuer der Angst. »Ich melde, daß ich Semjonow gesehen habe … den Mann auf dem Steckbrief … den amerikanischen Spion …«
    Leutnant Maximowitsch sprang auf. Der Stuhl krachte hinter ihm auf die Dielen.
    »Er ist verrückt, Genosse Major!« rief er.
    »Lassen Sie ihn reden, Stepan Maximowitsch.« Kraswenkow drehte sich um, ging zu seinem Korbsessel, setzte sich und entfaltete die Jakutskaja Prawda. »Schreiben Sie, was er sagt.«
    »Also? Dawai!« rief Leutnant Stepan. Kleefeld nickte mehrmals, wie aufgedreht.
    »Er war hier im Lager. Ich habe ihn erkannt. Zusammen mit der Ärztin ist er gekommen …«
    Das war der Augenblick, wo Major Kraswenkow explodierte. Er sprang auf, und so schnell ihn sein Holzbein trug, stampfte er auf Kleefeld zu, hob die Hand und gab ihm eine schallende Ohrfeige. Kleefeld stöhnte leise auf, fiel gegen die Wand, und Blut tropfte aus seiner Nase über den zuckenden, faltigen Mund.
    »Laß die Genossin Kirstaskaja aus dem Spiel!« schrie Kraswenkow.
    »Aber er war bei ihr«, stammelte Peter Kleefeld. »Er war hier im Lager. Mit dem Doktor hat er auch gesprochen und mit Hauptmann Rhoderich.«
    Major Kraswenkow starrte Kleefeld an. »Ein schönes Schwein bist du«, sagte er leise. »Ein wunderschönes, dreckiges Schwein!« Und dann spitzte er die Lippen und tat etwas, was niemand dem guten Väterchen Kraswenkow zugetraut hätte: Er spuckte Kleefeld an. Er spuckte ihm mitten zwischen die Augen, und der Speichel lief ihm über die Nasenwurzel und tropfte von dort bis zur Spitze und dann auf das Kinn. Kleefeld rührte sich nicht. Gelähmt stand er da, mit hängenden Armen, und sein Blick war stier und irr und wie erfroren.
    »Was soll ich schreiben, Genosse Major?« fragte Leutnant Maximowitsch vom Tisch her.
    »Machen Sie eine einfache Meldung an Generalmajor Matweij Nikiforowitsch Karpuschin in Jakutsk. Parteihaus. Der Strafgefangene Peter Kleefeld, Nr. P/49.618, meldet, daß er den gesuchten Spion Semjonow gesehen haben will. Er war mit einem Bauerngefährt im Lager und muß deshalb in Bulinskij oder näherer Umgebung wohnen.« Kraswenkow nickte. Es war erledigt. Was nun folgte, war der Sturm, mit dem Karpuschin über Bulinskij hereinbrechen würde.
    »Werde … werde ich entlassen?« stammelte Kleefeld dumpf. »Man hat es versprochen … die fünftausend Rubel will ich nicht … nur eine Fahrkarte nach Hause … nach Hause …«
    »Generalmajor Karpuschin wird alles veranlassen! Gehen Sie jetzt, Sie stinkendes Schwein!«
    Und Peter Kleefeld rannte aus dem Zimmer, als läge im Fortlaufen sein ganzes Leben.
    Niemand hatte diese Meldung gehört bis auf den Major und Leutnant Maximowitsch. Aber ein Gefangenenlager hat Ohren, feiner als die eines Luchses.
    Schon eine Stunde später wußten der Lagerälteste Josef Much, Dr. Langgässer und der Lagerkommandant Hauptmann Rhoderich, was Kleefeld zu Protokoll gegeben hatte. Woher sie es wußten, wird niemals festzustellen sein.
    Am nächsten Morgen fand man Peter Kleefeld.
    Er war in dem Waschkessel, in dem man den Kapusta wusch, ehe er hinüber zu den Kochkesseln kam, ertrunken.
    Mit dem Kopf hing er im schmutzigen Wasser. Ein merkwürdiger Unfall war's, denn in der Hand hielt er noch das Messer vom Kartoffelschälen. Was hat aber einer, der Kartoffeln schält, am Kapustakessel zu suchen?
    »Tod durch Ersticken«, stellte Dr. Langgässer nach der Untersuchung sachlich fest. Er zog ein Leinentuch über das fahle, verzerrte Gesicht Kleefelds und sah Major Kraswenkow mit leicht geneigtem Kopf an. »Er ist ertrunken, Herr Major.«
    »Und keiner hat es gesehen? Mitten in der Küche?«
    »Jeder hat seine Arbeit, Herr Major.« Hauptmann Rhoderich hob die Schultern. »Ein tragischer Unglücksfall.«
    Der Körper Kleefelds wurde hinausgetragen. Alle folgten ihm, bis auf Dr. Langgässer und Major Kraswenkow. Sie warteten, bis die Tür zufiel und sie im Untersuchungszimmer allein waren.
    »Man könnte jetzt auch bestimmte Worte des Toten vergessen, Herr Major«, sagte Dr. Langgässer.
    »Man könnte!« Kraswenkow schlug nervös mit der Gerte gegen sein Holzbein. »Leutnant Maximowitsch hat die Meldung gestern abend noch mit einem Kurier nach Jakutsk gebracht. Heute

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