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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geschieht. Ich muß mich allein durchschlagen. Das, was ich sehen soll, ist nicht gebunden an Tage oder Wochen. Noch einmal, Alajew: Leben Sie wohl. Und seien Sie etwas lieber zu Ihrem Weibchen Jekaterina. Die Gute hat Angst um Sie. Seien Sie vorsichtig.«
    Alajew nickte. Die Kehle schnürte es ihm zu, als Semjonow über das Rollfeld ging, sich an der Tür noch einmal umwandte und zurücksah.
    Was mag er jetzt denken, fragte sich Alajew. Ob er denkt: Leb wohl, du schönes Leben? Leb wohl, alles, was einmal Franz Heller hieß?
    Die Gangway wurde weggeschoben, die Türen schlugen zu, aus den Motoren quollen Rauch und donnerndes Gedröhn. Langsam setzte sich die riesige IL-18 in Bewegung und rollte zur Startbahn.
    Stepan Iwanowitsch Alajew winkte. Vielleicht sieht er mich, dachte er. Noch einmal winkt dir das Leben zu, Pawel Konstantinowitsch.
    »Do swidania!« sagte Alajew leise. »Auf Wiedersehen!«
    Aber er glaubte nicht an ein Wiedersehen.
    Von Komssa nach Kusmowka hatte man eine Kleinbahn gebaut. Sie wurde von den Holzwerken betrieben. Es hatte sich nämlich gezeigt, daß Lastwagen für den Holztransport nicht ausreichten, und auf die Steinige Tunguska war auch kein Verlaß. Im Winter fror sie zu, im Frühling und im Herbst trat sie über die Ufer, im Sommer machte sie ihrem Namen alle Ehre und wurde steinig und trocken. Wie kann man da Holz flößen? Es war schon eine schöne Schweinerei, Genossen! Also baute man eine Bahnlinie quer durch Tundra und Taiga bis zum Jenissej nur zu dem Zweck, Holz wegzuschaffen.
    Mit diesem Zug sollte nun der neue Holzingenieur nach Kusmowka kommen. Er hatte aus Krasnojarsk von der Direktion Nachricht geben lassen, daß er am Freitag in Komssa sein würde. Am Nachmittag wollte er seine neue Heimat Kusmowka begrüßen.
    Ludmilla Barakowa hatte diese Nachricht mit Erleichterung aufgenommen. »Ich hole ihn vom Bahnhof ab«, sagte sie zum Natschalnik. »So habe ich gleich auf der Fahrt zum Lager Gelegenheit zu sehen, ob er ein guter Kommunist ist. Wenn er so ist wie ihr, Genossen, schicke ich ihn gleich wieder zurück.«
    Man nickte. In den wenigen Tagen der Machtübernahme durch die Barakowa hatte man es sich abgewöhnt, eigene Meinungen zu äußern oder gar zu widersprechen. Hinter Ludmilla stand der mächtige Distriktsowjet Jefimow in Krasnojarsk. Eine Meldung an Jefimow und man konnte sich auf ein noch einsameres Leben vorbereiten.
    Also fuhr Ludmilla Barakowa mit einem Jeep nach Kusmowka zum Bahnhof, um Semjonow abzuholen. Sie hatte ihre Sonntagsuniform angezogen. Die breiten Schulterstücke eines Kapitäns der Roten Armee leuchteten in der trüben Septembersonne. Sie war glücklich. Wenn er so ist, wie er aussieht, werde ich Hilfe an ihm haben, dachte sie immer wieder. Es ist ein Satansgeschäft, mit diesen störrischen, wilden Männern im Holzlager auszukommen. Und erst die Weiber aus den Hobelfabriken! Am Tage benehmen sie sich wie störrische Esel und nach Einbruch der Dunkelheit wie heiße Füchsinnen. Gebe der Himmel, daß dieser Semjonow ein ganzer Kerl ist …
    Aber Semjonow traf nicht in Kusmowka ein. Eine Stunde über die Zeit wartete Ludmilla Barakowa vor dem Bahnhof, dann stürmte sie in den Vorraum des Holzhauses und griff sich einen Mann, der hinter den Weichenhebeln saß, gähnte und Schmalzkuchen aß.
    »Was ist mit dem Zug?« schrie die Barakowa. »Seit einer Stunde warte ich!«
    »Der Zug aus Komssa?«
    »Du Idiot. Fährt denn ein anderer? Wo bleibt der Zug?«
    »Er liegt bei Ajachtaska «, sagte der Weichensteller gemütlich und suchte mit dem Zeigefinger einen Krümel, der an seinem Gaumen klebte. »Er ist entgleist, Genossin Kapitän! Rumbum, springt einfach aus den Schienen. Es soll bis jetzt dreiundzwanzig Tote gegeben haben, sagt man. Liegen alle unter den Wagen. Aber es sind noch mehr, bestimmt! Man hat ja erst angefangen, aufzuräumen …«
    »Entgleist?« Das schmale Gesicht der Barakowa wurde fahl. »Weiß … weiß man schon Namen?«
    »Nichts, Genossin Kapitän. Die man gefunden hat, sehen aus wie geplatzte Blutwürste. Wie kann man da einen erkennen?« Er biß wieder in sein Stück Schmalzkuchen und kaute schmatzend.
    Mit steifen Beinen, aber aufrecht und beherrscht, verließ Ludmilla Barakowa den Bahnhof. Sie stieg in den Jeep, ließ ihn an und fuhr bis zu einer Kreuzung, an der ein Polizist stand und den Verkehr beobachtete.
    »Nach Ajachtaska?« fragte sie. »Wie fahre ich da und wie lange dauert es?«
    »Die Straße nach Komssa.« Der Polizist

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