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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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können Sie kein Brot machen! Aber nun sind Sie hier, Pawel Konstantinowitsch – nun zeigen Sie mal, was Sie können.«
    »Ich bin Spezialist für Holz, Ludmilla«, sagte Semjonow sanft. »Nicht Spezialist für Bodenkultur. Und was ich darin leiste, na, warten Sie es ab. Nur eins noch, bevor wir überhaupt anfangen, miteinander zu arbeiten …« Er beugte sich vor, Ludmilla spürte seinen Atem auf ihrer Wange und umkrampfte das Lenkrad. »Ich habe nicht die Absicht, mich politisch zu betätigen, Genossin Kapitän. Ich bin Ingenieur, Russe, Kommunist, alles, was sein muß. Aber ich bin nach Kusmowka gekommen, um den Produktionsablauf auf neue Erkenntnisse einzustellen, nicht, um ideologische Phrasen zu dreschen. Mit Lenin-Worten sägen wir keinen Stamm mehr über das Soll. Verstehen wir uns?«
    »Sie sind deutlich genug.« Ludmilla hielt den Jeep an und wandte sich zu Semjonow. »Wer hat eigentlich die wahnsinnige Idee gehabt, Sie nach Kusmowka zu schicken?«
    »Ich habe mich beworben!« Semjonow hob die Schultern, als bäte er um Nachsicht. »Allerdings: Hätte ich gewußt, daß ich Sie hier antreffe, Genossin Barakowa … ich hätte mich ans Eismeer oder an die mongolische Grenze gemeldet, aber nie nach Kusmowka!«
    »Danke!« fauchte Ludmilla und ließ den Wagen wieder an. Mit einem Satz schoß er vorwärts, weil sie in ihrer Wut die Kupplung zu schnell losließ und zu sehr Gas gab. Semjonow wurde in den Sitz geschleudert und verlor seine Pfeife aus dem Mund.
    »Das nennt man Temperament!« sagte er laut. »Ich bewundere Sie, Ludmilla Barakowa … obgleich Sie, nach eigener Darstellung, keine Frau sind …«
    Von da an sprachen sie kein Wort mehr miteinander. Drei Stunden lang. Jeder kann nachempfinden, was das bedeutet. Da sitzt man neben einem so herrlichen, schwarzlockigen Vögelchen und ist stumm, und auch das Vögelchen gibt keinen Pieps von sich, sondern starrt geradeaus wie ein Bussard auf eine Maus.
    Aber denken, das taten sie beide.
    »Woran denken Sie?« fragte sie unvermittelt.
    Semjonow nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Ich denke über das Problem nach, ob man Astlöcher nicht umbenennen sollte in Holzhohlräume. Löcher – das kann bei unseren einfachen Arbeitern leicht zu erotischen Emotionen führen …«
    »Sie Idiot!« fauchte Ludmilla Barakowa und gab noch mehr Gas. »Sie infamer Idiot!«
    Dann fuhren sie in das Lager von Kalinin II ein. Der Holzwerkdirektor und der Sekretär standen auf der Treppe der großen steinernen Verwaltungsbaracke, als der Jeep durch die Lagergasse raste.
    »Ich wette, das gibt eine fröhliche Arbeitszeit«, sagte der Natschalnik und rieb sich die Hände. »Pawel Konstantinowitsch Semjonow sieht nicht danach aus, als ob er der Barakowa wimmernd am Rock hinge …«
    Im Lager flog es wie eine Feuersbrunst von Baracke zu Baracke: Der neue Ingenieur ist gekommen. Mit der Barakowa. Aber sie hat ihn einfach stehenlassen und ist in ihr Zimmer gelaufen. Können sich nicht riechen, die beiden, haha! Man wird gut tun, sich mit dem Ingenieur gutzustellen, dann spuckt die Barakowa gegen den Wind und benetzt sich selbst!
    Semjonow wurde schnell Freund mit allen leitenden Männern von Kalinin II. Er gab seinen Einstand mit vier Flaschen Wodka und einer großen, dicken Scheibe geräuchertem durchwachsenem Speck. Es wurde ein rechtes Festmahl und dauerte bis zum Morgen. Ludmilla nahm nicht daran teil. Sie lag zwei Zimmer nebenan auf ihrem Bett, hörte durch die Holzzwischenwände das Singen der wodkaseligen Männer, Wortfetzen, die aus schlechten Witzen stammten und mit brüllendem Gelächter quittiert wurden, zweimal hörte sie auch die Stimme Semjonows, der eine Rede hielt und später ein Hoch auf die Väterchen im Kreml ausbrachte, und sie drehte das Gesicht zur Wand, hieb mit der Faust wütend gegen das Holz und bezwang sich, vor Wut nicht zu heulen.
    Er stiehlt mir mein Gesicht, dachte sie und wand sich auf dem Bett, als greife jemand nach ihr. Kaum ist er da, verliere ich mein Gesicht! Aber ich werde kämpfen, ich werde gegen ihn aufstehen, ich werde ihm zeigen, daß ich der politische Kommissar bin und er nur ein Ingenieur, den man wieder wegholen kann. Ein großmäuliger Bär, weiter nichts!
    Semjonow unterhielt unterdessen die maßgebenden Herren des Holzkombinats mit Witzen und Erzählungen aus Moskau. Das war etwas, das ließ die Augen glänzen. Moskau! O unerreichbare Stadt mit den goldenen Kirchenkuppeln! Du Mekka aller Russen! Was ist das Leben wert gewesen, wenn man

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