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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vergiftete Fliegen herum.« Bradcock sah Wilson forschend an. »Was macht ihr mit ihm, wenn er zurückkommt?«
    »Mal sehen.« Mike Wilson hob die Schultern und lächelte schwach. »Man sollte ihm raten, untergetaucht zu bleiben, das wäre am besten.«
    »Danke, Mike.« Bradcock stieß die Tür auf. »Möge er nie wiederkommen!«
    »Bitte, James.« Wilson winkte Bradcock zu. »Und halte dich bereit. Am nächsten Zehnten nach Moskau!«
    Oberstleutnant Wilson stand oben am Fenster und blickte hinab auf den kleinen Menschen, der auf dem Parkplatz vor dem Hochhaus in seinen Wagen stieg.
    James Bradcock, dachte er, man macht Weltgeschichte nicht mit Gefühlen. Sie sind ein tödlicher Luxus, wenn auch die anderen keine Gefühle kennen.
    Aber das kann man nicht lernen, James. Dazu muß man geboren werden.
    Spionage ist ein dreckiges Geschäft, ich weiß es, James … Aber oft hängt das Schicksal eines ganzen Volkes an einer einzigen Meldung …
    Vier Nächte waren sie nun durch die Taiga gezogen. Sie hatten die Ebene überwunden, die felsigen Riegel vor den Hügelwäldern und zogen nun dem Golez-Kamm entgegen, einem niedrigen, von Urwald überwucherten Gebirge, hinter dem wieder die weite Hochebene sich dehnte bis zum Fluß Taimura.
    Tagsüber schliefen sie, unter Fellen und Decken, Körper an Körper, nackt und glücklich. In der träumenden Umarmung vergaßen sie alle Mühen der vergangenen langen Stunden.
    »Ist die Welt nicht schön, Pawluscha?« fragte Ludmilla, wenn sie beieinanderlagen und die Wärme ihrer Körper ineinanderfloß. »Was wollen wir mehr vom Glück?«
    Die Suche der Hubschrauber hatte aufgehört. Vor zwei Tagen hatten sie in der Ferne Schüsse gehört. Aber es war so weit weg, daß es wie dünnes Peitschenknallen klang.
    Es waren Soldaten, die während ihrer Suchaktion einen Bären aufgeschreckt hatten. Brummend kroch er aus seinem Bau und trottete in den Wald, und da es dämmerig war und die Soldaten nur einen Schatten sahen, schossen sie sofort, in der Hoffnung, den gesuchten Spion gestellt zu haben.
    In den vier Tagen hatte Semjonow schon neun Füchse erlegt. Er tat es auf raffinierte Weise, ohne zu schießen. Er setzte eine Falle mit fauligem Fleisch auf die Spur des Fuchses, wartete, bis sie zuschnappte und tötete das Tier dann mit einem Stich eines langen Dolches in den Nacken. Das hatte er alles in Alaska gelernt, als man ihn über einem vereisten, namenlosen Gebirge aus dem Flugzeug stieß mit den Worten: »So, nun sieh zu, wie du weiterkommst. Siebenhundert Kilometer südlich ist die nächste Ansiedlung! Mach's gut, boy!« Und er war durchgekommen … Drei Monate hatte er dazu gebraucht. Man hatte ihn schon von der Liste gestrichen, als er plötzlich vor dem Militärposten stand.
    In der fünften Nacht hörten sie wieder Schüsse, und sie waren näher und ganz deutlich. Sofort hielten sie an, mitten im Wald, schirrten die Pferde ab, bauten ihr Lager und warteten. Dann knackte es im Unterholz. Der Schnee knirschte leise, und die Pferdchen begannen zu schnauben, traten gegen die Baumstämme, an die sie Semjonow gebunden hatte, wieherten und gebärdeten sich wie toll.
    »Wölfe«, sagte Ludmilla. Ihre Stimme war klar wie der Ton einer gläsernen Glocke. Sie stand auf, nahm das Gewehr in die Hand und lud durch. Semjonow sprang ebenfalls auf, aber er drückte den Lauf von Ludmillas Gewehr nach unten in den Schnee.
    »Nicht schießen!« sagte er. »Du lockst die anderen ja heran.«
    »Aber die Wölfe, Pawluscha!«
    Sie starrten in das Dunkel und lauschten. Die Pferdchen hinter dem Schlitten schnaubten leise mit gesenkten Köpfen.
    »Da … Pawluscha … da …« Ludmilla hob wieder das Gewehr. Ein großer grauer Schatten huschte nahe am Schlitten vorbei. Einen Augenblick hörten sie ein heißes Hecheln, es war fast, als röchen sie den scharfen Wolfsgeruch. Die Pferde heulten auf und stampften wild mit den kleinen Hufen.
    Rund um sie herum raschelte es jetzt. Und dann heulte ein Wolf auf, langgezogen, auf- und abschwellend wie eine Sirene, ein Ton, der das Herz aufschnitt und das Grauen hineinträufelte.
    »Mit dem Gewehr erreichst du gar nichts«, sagte Semjonow heiser. »Du kannst einen erschießen oder zwei … aber um uns ist ein ganzes Rudel. Sie haben uns eingekreist. Und sie werden über uns herfallen wie eine Woge, die von allen Seiten kommt.«
    Ludmilla starrte Semjonow an. Ihre Augen waren voller Angst, aber ihr Mund sagte: »Ich habe gar keine Angst, Pawluscha. Ich weiß, daß uns

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