Liebesnöter
gesehen?«
Ella zauberte ein verlegenes Lächeln in ihr Gesicht.
»Ja, und ich habe mich total vertan, entschuldigen Sie!«
»Womit haben Sie sich denn vertan?« Die Frau trat einige Schritte auf sie zu.
Ja, womit habe ich mich vertan, fragte sich Ella, aber bevor ihr eine schlüssige Antwort einfiel, zeigte ihre Gesprächspartnerin auf ihre Servierplatte, die Ella noch immer unter dem Arm trug.
»Haben Sie das bei Linda gekauft?«
»Bei Linda?« Einen Moment lang war Ella verwirrt, dann nahm sie die Servierplatte in beide Hände und hielt sie der Frau hin.
»Sie lag in Gamla Stan im Schaufenster eines Ladens. Ich weiß nicht, bei wem.«
»Ich kenne sie. Ein sehr schönes Stück.«
Ella nickte.
»Hat Linda sie Ihnen verkauft?«
Ella schüttelte den Kopf. »Nein, es war ein Mann. Er sagte, seine Frau sei gerade nicht da.«
»Ja, das glaube ich«, die andere lächelte traurig. »Linda hätte sie sicherlich nicht verkauft, sie hängt an dieser Servierplatte.«
Ella drehte das kostbare Stück in ihren Händen. »Ah ja?« Sie schaute auf. »Warum lag sie dann im Schaufenster?«
»Kleines Lockmittel.«
»Hm.« Die andere Frau war etwas näher getreten. Sie standen sich jetzt direkt gegenüber. Sie war größer, schlanker, und ihre Gesichtszüge zeigten eine Zielstrebigkeit, die Ella sehr gut von sich selbst kannte.
»Und warum laufen Sie mit diesem Schmuckstück hier herum?«
Gute Frage.
»Gestern, in einer Kneipe in Södermalm, saß ich zufälligerweise an einem Künstlertisch. Und ich hatte diese Servierplatte schon vorher in der Auslage gesehen, als das Geschäft geschlossen war. Aber das Motiv hat mich verfolgt, und ich habe gefragt, wer mir so ein Bild malen könnte. Und da fiel der Name Inger Larsson. Also habe ich heute die Servierplatte gekauft und bin hierhergefahren.«
»Das heißt, wenn Ihnen meine Schwester ein Bild mit diesem Motiv malen würde, bekäme Linda ihre Platte möglicherweise zurück?«
Ihre Schwester? Und Zugang über diese Servierplatte? Da taten sich ja ungeahnte Möglichkeiten auf.
»Wenn Ihre Schwester überhaupt Interesse an so einem Auftrag hat.«
Die Frau streckte die Hände aus. »Geben Sie mir die Servierplatte, ich werde sie einfach fragen.«
Ella sah ihr nach, wie sie im Hausgang verschwand.
Aber Inger wird nicht so blauäugig sein, dachte sie. Da gab es ja noch die Frage, wie sie die Adresse herausgefunden hatte. In diesem Moment klingelte ihr Smartphone. Ella zog es heraus, eigentlich nur, um es auszuschalten.
Ben.
Er ließ wirklich nicht locker.
»Ben, ich kann jetzt nicht …«
»Nur kurz. Es wird dich interessieren: Sein Bild hängt nicht mehr da.«
»Sein Bild?«
»Das Portrait von Moritz wurde aus der Ausstellung entfernt.«
»Nein!« Ella holte tief Luft. Jetzt ruhig Blut. »Hast du nachgefragt, warum?«
»Die Lücke zwischen den Portraits ist geschlossen, und keiner weiß was.«
Ella starrte auf die angelehnte Haustür vor sich. »Ben«, flüsterte sie, »ich stehe genau vor dem Haus der Künstlerin und werde sie gleich kennenlernen. Ich ruf dich später an … danke für die Info!«
In diesem Moment kam Ingers Schwester wieder heraus. »Ich bin Malin«, stellte sie sich vor und hielt Ella die Servierplatte wieder hin, »und meiner Schwester kommt es etwas komisch vor, dass Sie hier aufkreuzen, sagt sie.«
»Komisch?« Ella machte einen erstaunten Gesichtsausdruck. »Es ist doch nicht komisch, wenn man zu einem Künstler fährt und ihm einen Auftrag bringt?«
»Ja, und ich erinnere mich auch, dass ich Sie schon auf der Fähre gesehen habe, da wollte ich Sie eigentlich schon wegen der Platte ansprechen … sind Sie mir nachgefahren?«
»Ich Ihnen? Ich kenne Sie doch gar nicht!« Ellas Verwunderung muss so echt geklungen haben, dass Malin den Kopf schüttelte.
»Ja, da haben Sie recht, das ist Blödsinn. Kommen Sie bitte rein.«
Ellas Herz schlug bis zum Hals. Lass dir deine Aufregung bloß nicht anmerken, sagte sie sich, aber es wurde immer schlimmer. Was, wenn sie nun auch gleich noch anderen Portraits von Moritz gegenüberstehen würde? Und was hatte es zu bedeuten, dass sein Portrait in Frankfurt verschwunden war?
Ella trat direkt in eine geräumige Küche mit einem großen Holztisch in der Mitte, auf dem Malins Einkäufe neben zwei großen Teetassen standen und einige Kunstkataloge herumlagen. Die ganze Küche hatte einen gemütlichen Charakter mit ihren zwei einfachen Bauernschränken, einer Bank unter dem Fenster und zwei Herden,
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