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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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Begriff passend. Es war wirklich eine Art Gondel oder besser noch ein schwebender Ausleger, der an seinem einen Ende durch einen Turm gehalten wurde und an seinem anderen in ein Bergrestaurant mündete.
    »Irre«, sagte sie.
    »Warte erst, bis wir oben sind. Die Aussicht in der Bar ist spektakulär, und es macht Spaß, den Kellnern beim Mixen der Cocktails zuzuschauen.«
    »Schmecken sie dann auch?«
    Roger grinste. »Bien sûr«, sagte er, und er sollte recht behalten. »Du kannst sie alle durchprobieren.«
    Innen erinnerte die Bar mit ihren Holzplanken und der langen Holzbar an ein Schiff mit riesigen Fenstern. Der Eindruck einer schwebenden Bar verstärkte sich.
    »Das wird meine Lieblingsbar«, erklärte Ella. Roger lachte und küsste sie auf die Stirn. »Wie viele hast du denn schon besucht, dass du das so genau sagen kannst?«
    »In Stockholm?« Ella grinste. »Zwei.«
    »Gut, die Eisbar fehlt dir noch. Ist übrigens nicht weit von unserem Hotel entfernt, die solltest du auch noch erleben, damit deine Rangliste Sinn macht.«
    »Und wie sieht deine Rangliste aus? Deine persönliche?«
    Es kam völlig unüberlegt. Ella wollte das eigentlich gar nicht wissen, trotzdem hatte sie es gesagt.
    Sie hatten sich gerade auf zwei frei gewordene Barhocker gesetzt, und Roger hatte nach der Getränkekarte gegriffen. Jetzt ließ er sie sinken und sah Ella an.
    »Ist das wichtig für dich?«
    »Für welchen Menschen ist so etwas nicht wichtig?«
    »Für mich …«
    Er lächelte ihr zu und vertiefte sich in die Karte.
    War ja auch blöd, dachte Ella. Genauso gut hätte er mich nach meiner Rangliste fragen können. Da gab es ja auch noch einen anderen Mann. Sie vertiefte sich ebenfalls in die Karte. Und musste lachen.
    »Ich nehme den Kiss The Boys Goodbye .«
    »Aha?«, Roger blickte auf. »Okay, dann nehme ich den Colorado Bulldog oder den Knochen bocker Special .«
    » Leather Neck hätte ich da auch noch. Den Ledernacken mit Scotch, Curaçao, Orangensaft und Lemon.«
    »Wir nehmen es hintereinander.« Roger klappte die Karte zu. »Und dazwischen genießen wir den Blick auf Gamla Stan, Skeppsholmen und Djurgarden.«
    »Und du erzählst mir, was du den ganzen Tag so getrieben hast.«
    »Dass Frauen immer alles wissen müssen.«
    »Darum wissen sie alles.«
    Roger gab die Bestellung auf, Kiss The Boys Goodbye und Knochen bocker Special, und erzählte nebenher von seiner Arbeit am Nachmittag. »Jetzt, da ich meine Ideen, Begebenheiten und Schauplätze fein sortiert in den Computer eingegeben habe, kann ich mit der Geschichte anfangen.«
    »Da musst du wohl ganz schön viel recherchieren?«
    »Meine Geschichten brauchen ein Skelett. Dann kommt das Fleisch.«
    »Im Tod ist es genau andersherum. Zuerst geht das Fleisch, dann bleibt das Skelett.«
    »Nanu«, er legte seine Hand auf ihre. »Sind wir heute morbide?«
    »Ein Teil von mir ist immer morbide.«
    »Erzähl mal von dir.«
    »Von meinem Tag?«
    »Nein, überhaupt.«
    Ella überlegte. Sie konnte ihm ihr Leben nicht erzählen. Es war zu abenteuerlich, wer wusste schon, was er aus Inkas Tod machen würde? Und deren Liebhaber, dem mutmaßlichen Mörder? Sie wollte nicht urplötzlich in einem Krimi auftauchen.
    »Alles ganz normal«, sagte sie. »Schule, Abitur, gutes Elternhaus, Ausbildung, nicht das, was ich eigentlich wollte, aber doch immerhin, es trägt und finanziert mich. Erste Liebe, zweite Liebe …« An dieser Stelle unterbrach sie.
    »Und warum glaube ich dir nicht?« Er sagte es so nebensächlich, dass Ella es beinahe überhört hätte.
    »Wie, du glaubst mir nicht?« Sie war froh, dass in diesem Moment die Cocktails vor ihnen hingestellt wurden. Das brachte ihn vielleicht auf ein anderes Thema.
    »Ich werde das Gefühl nicht los«, fuhr er fort, »dass du auf der Suche nach etwas bist, aber nicht wirklich auf der Suche nach einem neuen Gemälde.«
    »Ich bin auf der Suche nach dem Leben«, sagte Ella schnell. »Mein Leben drohte in Mittelmäßigkeit abzudriften. Da musste ich mal raus.«
    Er stupste ihr mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Und, Chérie, bist du dieser Mittelmäßigkeit jetzt entkommen?«
    Sie schnappte spielerisch nach seinem Finger. »Jedenfalls hat mein Leben eine Wendung genommen.«
    »Wie sieht der Weg nach der Wendung aus?«
    Die Frage überraschte sie. »Warum?«
    »Gibt es einen Weg, oder bleibt es bei der Wendung?«
    Ella fuhr sich durch ihr langes Haar. Das machte sie immer, wenn sie keine Antwort wusste, diese hilflose Geste hatten schon

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