Liebesnöter
aber ist, wie du mich ablenken willst. Was ist denn an diesem Bild so Geheimnisvolles, dass du mich unbedingt loshaben willst?«
»Nichts«, entgegnete sie lahm.
»Wie heißt denn die Malerin überhaupt?«
»Inger Larsson.«
»Inger Larsson?« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Über der Nase zeigten sich zwei steile Falten, und seine braunen Augen verdunkelten sich.
»Stimmt was nicht?« Ella starrte ihn an und ärgerte sich im selben Moment, dass sie nicht einen Phantasienamen gewählt hatte.
»Du lässt bei Inger Larsson ein Bild malen?« Auch seine Stimme hatte sich verändert, sie war rauer geworden.
»Ja, das sagte ich doch.«
Er schüttelte den Kopf. »Dann weißt du auch, wo sie wohnt?«
Jetzt war sie in der Zwickmühle.
»Warum interessiert dich das denn?«
Er drehte sich um und ging zur Teeküche, um sich ebenfalls einen Kaffee zu machen. Ella sah ihm nach und betrachtete seinen Rücken. Was er jetzt wohl dachte? Und was seine Reaktion zu bedeuten hatte?
»Warum interessiert dich das?«, wiederholte sie ihre Frage.
Er drehte sich nach ihr um. »Wir sind hinter derselben Person her«, sagte er, während die Kaffeemaschine hinter ihm zischte.
»Hinter derselben Person?«
»Ja, wie auch immer das passieren konnte, aber du hast die Malerin gefunden, deren Liebhaber vor Kurzem spurlos verschwand.«
Ella rutschte der Magen in die Kniekehle. »Deren … was?«
»Ich denke, das weißt du.«
Ella sah plötzlich den Kapitän vor sich und seine Aussage, ein Mann habe nach Inger gefragt.
»Und was willst du von ihr?«
»Ein paar Informationen zu dem Fall. Das ist der zentrale Punkt in meinem Krimi, und es ist noch genau das Stück Fleisch, das an meinem Skelett fehlt.«
Ben, hilf, dachte Ella. Das alles war ihr jetzt zu beängstigend.
»Das ist wirklich ein Zufall.« Wie komme ich jetzt aus dieser Nummer wieder raus?
»Dann, hopp, zieh dich an, das gibt einen schönen Ausflug in die schwedische Inselwelt.«
»Aber vielleicht will Inger ja gar nicht besucht werden? Ich rufe sie erst mal an.«
»Keine gute Idee. Dich kennt sie schon, ich komme mit, dann werden wir sehen.«
Täuschte sie sich, oder war da ein drohender Unterton in der Stimme? Nein, sie täuschte sich bestimmt. Er lächelte ihr zu, dann ging er zu dem Sessel, auf dem nachts ihre Kleider gelandet waren, und ließ ihren hauchdünnen Slip um seinen Zeigefinger kreisen.
»Willst du hiermit anfangen?«
»Ich nehme einen frischen.«
Er zog ihn sich langsam unter der Nase entlang. »Schade«, sagte er. »Riecht gut.«
Ella schwang die Beine aus dem Bett und setzte die nackten Füße nebeneinander. Sie betrachtete ihre Zehennägel. Der rote Nagellack blätterte etwas ab. Sah nicht gerade erotisch aus. Konzentrier dich, Ella, sagte sie sich.
Wie sollte sie jetzt bloß reagieren?
»Darf ich dir einen aussuchen, oder machst du das lieber selbst?« Er stand an ihrem Koffer, den sie letzte Nacht geholt hatten, um ihr Zimmer nicht frühmorgens räumen zu müssen.
Auf so eine Idee wäre Ben nie gekommen, dachte sie und wusste im Moment nicht, ob sie das als charmant oder unangenehm empfand. Schließlich war nicht mehr alles frisch, was nun in ihrem Koffer lag.
»Wenn du willst … Ich gehe unter die Dusche.« Im selben Augenblick fiel ihr ein, dass sie ja nun auch alle Unterlagen hier in seinem Zimmer hatte. Ihre Ausdrucke und handschriftlichen Vermerke zu der Galleri Anna K. – und Ingers Telefonnummer und Adresse in ihrem Smartphone. Wenn er nun schnüffelte, während sie duschte? War ihm zuzutrauen, dass er an ihre Sachen ging?
Roger war offensichtlich fündig geworden. Mit einem begeisterten »Oh, là, là« zog er ihren Lieblingsslip, einen hauchzarten String mit durchsichtigem Blumenmuster, aus dem Koffer.
»Wie wäre der für den heutigen Tag?«, fragte er, während er zum Bett ging. »Und für die kommende Nacht?«
Ella schaute zu ihm hoch und nickte.
»Mache ich dir Angst?«
Sie stand auf. »Wieso?«
»Weil du im Moment aussiehst wie das berühmte Kaninchen vor der Schlange.«
»Die Schlange ist aber weiblich, das müsste in dem Fall ich sein«, konterte sie und nahm ihm den Slip aus der Hand. »Nein, ich weiß nur nicht, ob das richtig ist.«
»Ob was richtig ist?«
»Dass wir zu zweit bei ihr auftauchen. Kommt mir ein bisschen wie Verrat vor.«
»Aber du hast sie doch auch aufgespürt«, sagte er. »Dafür übrigens chapeau ! Hut ab! Mir ist es nicht gelungen.«
Ella zuckte mit den Schultern. »Mir ging es
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