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Liebesnöter

Liebesnöter

Titel: Liebesnöter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gaby Hauptmann
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auch um ein Bild und nicht um einen Krimi. Und schon gar nicht um einen verschwundenen Mann.«
    Roger nahm sie in den Arm. »Komm, entspann dich. Ich bin nur ein Bewunderer ihrer Kunst. Wir werden sehen, ob sie darüber reden will oder nicht.«
    Der Kapitän nickte Ella zu wie einer alten Bekannten. »Na, wieder da?«, sagte er und reichte ihr seine Hand zum Einsteigen. Sie fühlte sich rau und rissig an, aber auch fest und vertrauenswürdig. Dann musterte er Roger, und Ella spürte, dass er sich an ihn erinnerte. Sein Blick wanderte von ihm zu Ella und zurück.
    Ella überlegte, ob sie etwas erklären sollte.
    »Du bist ja wohl ein häufiger Gast.« Roger lächelte ihr zu.
    »Der Herr ist auch an einem Bild interessiert, ist völlig in Ordnung«, sagte Ella schnell zum Kapitän.
    »Ist das so?«, fragte er leise, als Ella an ihm vorbei hinunterstieg. Warum sagte er das? Sah es hier nach Zwang aus? Roger wirkte doch in seiner aufgeräumten Stimmung nicht wie ein Entführer.
    »Alles in Ordnung«, beruhigte sie den Kapitän und fand es trotzdem schön, dass er sich offensichtlich Sorgen um sie machte. So einem Raubein hätte sie das gar nicht zugetraut.
    »Na, alles in Ordnung?«, fragte Roger, als sie sich neben ihn setzte.
    »Irgendwie bist du ihm wohl nicht geheuer«, erklärte Ella leise und sah ihn an.
    Roger grinste. »Nun, wir sind uns ja auch schon mal begegnet«, sagte er.
    »Hast du gedroht, ihn über Bord zu werfen, wenn er dir die Adresse nicht verrät?«
    »So ähnlich.«
    Drei weitere Fahrgäste kamen an Bord, und Ella erkannte die alte Dame vom ersten Mal. Auch sie schien Ella wiederzuerkennen, denn sie nickte ihr freundlich zu und sagte etwas auf Schwedisch, das Ella nicht verstand. Sie antwortete auf Englisch, aber das hatte nur ein weiteres freundliches Nicken zur Folge.
    »Sie freut sich, dass dir die Insel so gut gefällt«, sagte Roger neben ihr.
    Erstaunt sah Ella ihn an. »Du sprichst Schwedisch?«
    »Nur bruchstückhaft. Aber das habe ich verstanden.«
    »Kannst du ihr antworten?«
    »Glaube ich nicht. Ist auch nicht nötig.«
    Ella überlegte. Roger hatte in all den Tagen noch überhaupt nie ein schwedisches Wort benutzt. Er wurde ihr immer unheimlicher.
    Der Kapitän legte ab, und der Dieselmotor schien sich heute besonders anstrengen zu müssen, so laut hatte ihn Ella nicht in Erinnerung. Er röhrte und schluckte, und Ella bemerkte sogar kleine Aussetzer. Oder kam das durch die hohen Wellen, dämpften sie zeitweise das Motorengeräusch? Jedenfalls schaukelte das Schiff ordentlich hin und her. Ella drehte sich um und spähte durch die beschlagenen, fast blinden Fenster hinaus. Das Wasser war aufgewühlt, es schien, als strömten die Wellen von überallher, und sie klatschten mit heftigem Schwall gegen das Glas.
    »Ganz schön unruhig heute.« Roger legte den Arm um sie. »Ertrinken wollte ich eigentlich nicht.«
    »Wer will das schon.« Ihr Ton war heftiger, als sie wollte.
    »Und trotzdem kommt es immer wieder vor.«
    Ella holte tief Luft.
    Da hat er doch recht!
    Verdammt, Inka, dachte sie. Halt dich da raus.
    »Ist was?«, wollte Roger wissen.
    »Wieso? Nein.«
    »Du bist zusammengezuckt.«
    »Heftiges Wasser macht mir Angst. Und außerdem wird mir dann leicht übel.« Sie sah zur Treppe. »Ich überlege gerade, ob ich nicht besser hoch an die frische Luft gehe.«
    »Das lass mal lieber bei dem Seegang, sonst gehst du noch über Bord.«
    Am Ende der Treppe fügte sich oben rechts die gläserne Brücke des Kapitäns an. Ella betrachtete seinen breiten Rücken in der alten Regenjacke und fragte sich, ob ihm eine solche Fahrt wohl Spaß machte? Dann bemerkte sie, dass er sie über seinen Rückspiegel beobachtete. Ella kreuzte die Arme über der Brust und blickte aufs Wasser.
    »Ist dir kalt?«, wollte Roger sofort wissen und drückte sie noch ein wenig enger an sich.
    »Ja, sterbenskalt«, sagte sie und dachte, wie schön wäre es, jetzt zu Hause neben Ben im Bett zu liegen und seine warme, breite Hand zu spüren.
    »Ja, es hat ganz schön aufgefrischt.« Roger zog ihre Jacke an der Schulter etwas hoch. »Du bist auch ziemlich dünn angezogen.«
    »Es ist das Wärmste, was ich mithabe. Ich wollte mir schon die ganze Zeit einen Norwegerpullover mit Windstopper kaufen oder so was in der Art.«
    »Dann sollten wir das ganz schnell nachholen.« Roger rubbelte ihren Oberarm wärmend mit seiner Hand, und Ella dachte, dass die Kälte vor allem von innen kam. Nicht mehr lang, und sie würde mit den

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