Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)
die riesige Fensterfront fiel freundliches Sonnenlicht herein, und die Aussicht auf Donau und die Burganlage der Veste Oberhaus war fantastisch. Sicher gab es schlechtere Arbeitsplätze als diesen.
Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass die Sekretärin Kaffee gebracht hatte. Matthias bat mich, auf einem der bequemen Ledersessel Platz zu nehmen.
Ich fragte mich, warum ich hier war.
»Du fragst dich wahrscheinlich, warum du hier bist?«
Wow. Er konnte Gedanken lesen.
»Geht es um den Artikel?«
Es fiel mir schwer, in seine Augen zu schauen, die wie Smaragde leuchteten und mich aufmerksam musterten. Womöglich konnte er noch mehr meiner Gedanken erraten, und das wäre mir doch peinlich gewesen. Ging mir doch vor ein paar Sekunden zu meinem Entsetzen die Frage durch den Kopf, wie wohl die Küsse eines Verlagschefs schmecken würden.
»Als ich gestern Morgen den Bericht über dich las, war ich amüsiert über deine Feststellung, dass es keinen Ausdruck für ›Ich liebe dich‹ auf Bairisch gibt. Inzwischen hat mich das sehr nachdenklich gemacht, Lene.«
»Wirklich?« Meine mündliche Kommunikationsfähigkeit war immer noch auf ein Minimum beschränkt.
»Ja. Ich frage mich, warum das so ist.« Sein Blick war jetzt ernst. Erwartete er eine Antwort von mir?
»Wenn ich das nur wüsste«, mehr konnte ich dazu zum jetzigen Zeitpunkt leider auch nicht sagen.
»Es ist sehr schade, dass Paare keinen eindeutigen Ausdruck dafür haben, sich im bairischen Dialekt die Liebe zu gestehen, und auf Umschreibungen oder andere Sprachen ausweichen müssen.«
Dieser Mann brachte es auf den Punkt.
»Das ist genau das, was ich meine. Und ich finde das ganz schrecklich«, stimmte ich ihm zu.
Mann, was redete ich für einen Unsinn? Warum fiel mir denn nicht ein geistreicher Satz ein, mit dem ich ihn beeindrucken konnte? Ein Satz wie: Yes, we can vom amerikanischen Präsidenten Obama oder Schau ma mal, dann sehn mas scho vom deutschen Kaiser Beckenbauer.
Matthias stand auf, ging zum Fenster und schaute hinaus. Mir fiel auf, dass er in seiner Hose einen unglaublich knackigen Hintern hatte. Huch. Schnell etwas anderes denken, Lene, ging mir durch den Kopf.
Er drehte sich zu mir um und lächelte wieder.
»Wollen wir das Rätsel um die Liebe auf Bairisch gemeinsam lösen, Lene?«, fragte er.
Ich schluckte. Was meinte er damit? Wollte er mich anbaggern? Wir kannten uns doch erst seit einer Viertelstunde. Also, zumindest er mich. Er wartete auf meine Antwort.
»Wir können es ja versuchen.« Meine Antwort war unverfänglich und schien ihn zu freuen.
»Sehr schön. Wir werden die Geschichte weiter in unserer Zeitung verfolgen und mit deinen Gedanken und Erkenntnissen dazu später über unseren Schwesterverlag einen bayerischen Beziehungsratgeber herausgeben.«
»Beziehungsratgeber?« Hatte ich das jetzt richtig verstanden? Ich prustete innerlich los. Ausgerechnet ich sollte einen Beziehungsratgeber schreiben? Meinte er das wirklich ernst? Aber andererseits, wer außer mir konnte denn besser darüber berichten, was man als bayerische Frau alles verbocken konnte? Das jüngste Beispiel dafür war meine wenig glorreiche Aktion heute früh vor Michis Haus. Wenn ich nur eine Frau davor bewahren konnte, einen ähnlich bescheuerten Auftritt hinzulegen, dann hätte so ein Beziehungsratgeber eine Daseinsberechtigung.
»Ich könnte es versuchen«, meinte ich noch ein wenig zurückhaltend.
»Frau Zanolla würde dich dabei unterstützen, was das Schreiben betrifft. Allerdings habe ich erfahren, dass du schon ab und zu Berichte für den Lokalteil geschrieben hast, wenn Not am Mann war. Und die waren gar nicht mal schlecht. Ebenso wenig wie deine Noten in Deutsch.«
Meine Güte, was der alles über mich wusste! Und mir dann auch noch so direkt sagte. Ich war beeindruckt.
Ich sollte also ein Buch schreiben. Einen Ratgeber über das Thema, das mich momentan so beschäftigte. Autorin Lene Koller. Das klang doch gut, oder? Michi würde Augen machen! Und Sabine erst!
»Traust du dir das zu, Lene?«, fragte er.
Ich nickte entschieden. »Ja. Das tue ich.« Man musste die Gelegenheit beim Schopf packen, wenn sie gerade an einem vorbeiflitzte.
»Sehr gut. Ich hoffe, du hast heute Abend noch nichts vor.«
»Äh. Eigentlich nicht.« Ich war baff über das Tempo, in dem er mir sein Interesse zeigte, und erwartete gleich eine Einladung zum Abendessen.
»Das freut mich. Ich weiß, es kommt ein wenig überraschend, aber Radio Passau möchte dich heute
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