Liebesvergessen (German Edition)
oder werde ich gerade laut? Oh Mann! Mein Nervenkostüm scheint ja nicht das Dickste zu sein. Bin ich schon immer so gewesen?
Tom grinste mich breit an. Mir wurde übel. Grinst der?
„Du läufst ja zu alter Hochform auf. Respekt!“
Was sollte das denn jetzt heißen? Ich versuchte mich zu beruhigen, bevor ich platzte. Ich goss mir die dritte Tasse Kaffee ein, stellte sie auf den Tisch und humpelte ins Wohnzimmer.
Lauthals fragte ich: „Würdest du bitte so freundlich sein und mir den Kaffee hinterher tragen?“ Ich setzte mich vorsichtig in die Kissen. Meine Rippen schmerzten höllisch.
„Aber ja doch Gnä´ Frau“, sprach Tom belustigt, „sonst noch etwas?“, grinste er breit, während er mir den Kaffee hinterher trug.
Tom stellte die Tasse vor mich auf den Tisch und verließ das Wohnzimmer. Ich war mir fast sicher, dass er so viel Langmut besaß und sich getrost noch eine Runde in die Federn schmiss.
Zornig schaltete ich den Fernseher an. Es lief eine Tierdokumentation und ich ließ mich berieseln, während meine Gedanken zum gestrigen Ausziehmanöver wanderten. Und an Toms Arm, der mich im Schlaf so fest umschlungen hatte, so selbstverständlich, es fühlte sich so gut, so richtig an. Ob ihm das bewusst war, dass wir so eng umschlungen geschlafen hatten? Im Fernseher paarten sich gerade zwei Schimpansen, als Hermine mit Betsy vom Gassi heimkehrte.
Bepackt mit zwei Kartons Eiern erzählte sie freudig erregt:
„Ich hab die Fischin getroffen. Ich soll euch die Eier geben. Die sind ganz frisch. Und wenn ihr noch Tomaten wollt, ihr wisst ja, wo sie wohnt.“
Tom hatte sich wohl gegen das Bett entschieden und war nun komplett angezogen. Bluejeans, rotes T-Shirt, Wuschelkopf. Super! Sex pur!
„Du meinst wohl die Fischerin...“, sagte Tom, während er seine Mutter von den Eiern befreite.
„Frau Fischer ist unsere nette Nachbarin. Die baut jede Menge selber an und hält sich Hühner und da wir gute Nachbarschaft pflegen, sind wir Nutznießer“, klärte Tom mich auf.
„Ja, ja Tom“, winkte Hermine ab, „jedenfalls soll ich euch schön grüßen von der Fischin und vor allem dir gute Besserung wünschen, Penny.“ Ich nickte dankend.
„Fischerin“, verbesserte Tom nochmals und schüttelte geduldig den Kopf. Betsy legte sich nun zu meinen Füßen nieder und beobachtete hechelnd die kopulierenden Affen. Nachdem Hermine sich von ihrer Alditüte befreit hatte, setzte sie sich zu mir und bemächtigte sich nun meiner Fernbedienung.
„Was guckst du denn da bloß für einen Quatsch? Jetzt kommt doch TV-Homeshopping. Die verkaufen heute BH´s. Welche, ohne Bügel, die, die nich drücken.“ Sie fingerte so lange auf der Fernbedienung herum, bis nur noch der Videokanal piepte.
„Na toll, euer Fernseher ist kaputt, auch das noch!“ , jammerte Hermine am Rande der Verzweiflung. Geduldig nahm Tom ihr die Fernbedienung aus der Hand und stellte ihr den Shoppingkanal ein.
„Na Gott sei Dank“, lehnte sich Hermine entspannt zurück und hielt erwartungsvoll den Telefonhörer in der Hand. Ich konnte das nicht mit ansehen. Würde so meine nahe Zukunft aussehen? Schleichend genesend auf meiner Jamy-Wohnzimmerlandschaft zusammen mit meiner Ex-Schwiegermutter beim Teleshopping?
Und genauso gestaltete sich mein Leben in den nächsten Tagen, nein Wochen! Grausam und schleichend. Tagein, tagaus um 4:45 Uhr Weckzeit, danach eine halbe Stunde Neuigkeiten aus der Hermin´schen Schmerzwaldklinik, gefolgt von mürrischem Gassi gehen mit Betsy, herzlichen Grüßen von der Fischin , mündend im Teleshopping. Und Tom machte keinerlei Anstalten, seiner Mutter Einhalt zu gebieten. Das einzige, was ich wirklich genoss, waren die Nächte, in denen sich Tom an mich schmiegte und mir ein Gefühl der Sicherheit vermittelte, auch wenn ich wusste, dass ihm sein Unterbewusstsein einen Streich spielte. Tagsüber gab er sich weiterhin distanziert und kühl. Sobald ich den Versuch machte, ihm näher zu kommen, zog er sich in sein Atelier zurück mit der Begründung, arbeiten zu müssen.
Der Unfall war nun drei Wochen her und ich hatte heute einen Arzttermin, zu dem Tom mich begleiten würde. Mir ging es inzwischen relativ gut, bis auf die Tatsache, dass Übelkeit mein ständiger Begleiter (und auch Spielverderber) war. Ob ich aufstand oder ins Bett ging, mir war immer flau im Magen. Ich
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