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Liebesvergessen (German Edition)

Liebesvergessen (German Edition)

Titel: Liebesvergessen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Babsy Tom
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stolz. Am Rande nahm ich wahr, dass Voltaren-Salbe quasi ein Wunderheilmittel gegen fast alle von Hermine aufgeführten Leiden war. Kann sie mal oral probieren , dachte ich bei mir. Betsy hatte sich inzwischen in sitzender Position neben meinen Stuhl drapiert und wartete japsend auf ihren Morgenspaziergang. Ich überlegte, ob ich mir einen kleinen Ausgang zumuten sollte, aber ein Blick aus dem Fenster verhieß Regen. Mit meinem Cast am Fuß konnte ich das getrost abhaken. Der würde sich mit Sicherheit in Kürze in Wohlgefallen auflösen. Gereizt versuchte ich es erneut.
    „Soll ich Tom wecken oder würdest du eine Runde mit Betsy drehen?“ Unaufhörlich schwafelte sie mich von einer Krankheit zur nächsten ins Nirvana und ignorierte Betsys Jaulen. Wenn sie das auch mit ihrem Ehegatten tat, war es kein Wunder, dass der sich in Angelvereinen und Dartkneipen mehr zu Hause fühlte als in Gegenwart seiner Angetrauten.
    „Naja...“, sagte sie kränklich mit blasser Stimme, „die Tabletten wirken zwar noch nicht, aber bevor wir in der Herrgottsfrühe den armen Tom wecken, werde ich mal...“ Der Pflegefall stand knarrend auf und Betsy folgte ihr Schwanz wedelnd. Hermine zog sich einen gelben Friesennerz über und band sich eine Plastiktüte um ihre grauen Haare. Ist das eine Duschhaube? Nein, da steht Aldi drauf. Das ist eine Einkaufstüte, die sie umfunktioniert hat zum Kopftuch. Wie geschmacklos! Draußen dämmerte es bereits und für einen Moment kam mir der Gedanke, mich fremd zu schämen. Ohne falsche Scham schloss sich die Tür hinter meiner Ex-Schwiegermutter und Betsy. Jetzt muss ich nur noch von innen abschließen , ging es mir durch den Kopf. Ich hoffte, für eine halbe Stunde meine Ruhe zu haben. Ich stand auf und goss mir eine zweite Tasse Kaffee nach. Es war inzwischen 5.30 Uhr. Was konnte man zu so früher Stunde schon anfangen? Ich wollte, dass Tom aufstand und mir erzählte, was ich sonst den Tag über so trieb. Ein Blick ins Atelier sprach Bände. Der würde vor 11:00 kein Auge auftun. Nicht freiwillig. Ich ging zurück in die Küche. Dort sprangen mir zu meiner großen Freude direkt zwei Topfdeckel ins Auge. Nur zwei Minuten später stand Tom verschlafen in Unterhosen und T-Shirt in der Küche.
    „Huch Tom, entschuldige bitte, habe ich dich geweckt?“, fragte ich aalglatt und überlegte, ob ich moralisch verkommen war. So etwas tat man doch nicht. Das war gar nicht nett von mir. Ich war selber noch ganz überrascht und taub von dem Schall, der wahrscheinlich sogar die Nachbarhäuser in Mitleidenschaft gezogen hatte. Meine innere Navigation zuckte mit den Achseln und sprach: Sie haben ihr Ziel erreicht .
    „Kaffee?“, fragte ich süßlich. Tom nickte nur und setzte sich zerknautscht an den Tisch.
    „Sag mal, wie spät ist es eigentlich?“, fragte er gähnend.
    „Fast 6:00“, log ich und die Lüge kam von Herzen. Ich bin ein ungeduldiges, leicht reizbares, lügendes Miststück , dachte ich bei mir. Kein Wunder, dass Tom sich hatte von mir scheiden lassen. Mein Charakter wies einige, größere Lücken auf. Ich stellte Tom eine Tasse Kaffee vor sein müdes Gesicht und auch er hatte Ähnlichkeit mit einem Zombie. Die Misswahlen würden wir heute beide nicht gewinnen.
    „Wie hast du geschlafen?“, fragte Tom nach dem ersten Schluck Kaffee, der wahrscheinlich seinen Lebensgeistern neue Energie spendete.
    „Wie ein Stein, jedenfalls bevor deine Mutter anfing, den Geschirrspüler auszuräumen“, antwortete ich bissig.
    „Ach wie? Die ist auch schon wach?“
    „Ja, sie geht grad mit Betsy Gassi. Aber um beim Thema zu bleiben, was meinst du eigentlich, wie lange sie noch bleibt?“ Hoffentlich nahm Tom die unterschwellige Gereiztheit in meiner Stimme wahr. 
    Er setzte sich gerade hin, streckte sich genüsslich und gähnte, bevor er antwortete: „Es dauert eben so lange wie es dauert. Sie ist meine Mutter. Soll ich sie vor die Tür setzen?“
    „Warum nicht? Soviel ich weiß, gibt man todkranke Menschen in Hospize.“
    „Wie meinst‘n das jetzt?“ Tom blickte mich fragend an.
    „Hast du deiner Mutter schon mal zugehört? Deine Mutter ist im Endstadium von rheumatoider Arthritisgichtohochdruckwasweißichtomanie! Mir geht es selbst nicht gut und ich muss mir hier den ganzen Morgen Geschichten über Schaufensterkrankheiten anhören. Wäre sie jetzt nicht mit Betsy Gassi gegangen, hätte ich ihr langsam einen Arm auf den Rücken gedreht und sie einhändig aus dem Haus geworfen.“ Irre ich mich

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