Liebeswunder in Italien
brausten sie durch das Tor den Hügel hinunter und weiter durch malerische Dörfer und die faszinierende Landschaft.
Clara konnte sich in dem Moment kein größeres Glück vorstellen, als diesen unglaublichen Tag mit Valentino zu genießen. Sie fand es herrlich, die Natur zu spüren und die verschiedenen Düfte wahrzunehmen, alle möglichen Geräusche zu hören und dank des höheren Sitzes die ganze Umgebung im Blick zu haben.
Es war ein intensiveres Erlebnis als eine Fahrt im Auto, und sie erinnerte sich daran, wie er sie damals nach der Schule oder von der Kirche nach Hause gebracht hatte. Oft genug hatte sein alter Motorroller ihn im Stich gelassen, und er hatte ihn schieben müssen. Ihr Angebot, sich mit ihm dabei abzuwechseln, hatte er stets abgelehnt.
Manchmal hatten sie den ganzen Weg bis zum Gutshof zu Fuß zurückgelegt. Sie war immer etwas traurig gewesen, wenn sie sich verabschiedeten, denn von ihr aus hätten sie noch viel länger zusammen sein können.
Natürlich hatte sie Träume und Hoffnungen gehabt. Niemals hätte sie sich allerdings vorstellen können, dass sie viele Jahre später als seine Frau auf dem Soziussitz des neuesten Luxusmodells seiner Motorräder umherfahren würde. Sie schmiegte sich an ihn und legte das Kinn auf seine Schulter, um seinen Körper zu spüren und sich zu vergewissern, dass sie nicht träumte.
„Ist alles in Ordnung?“, rief er und drehte den Kopf halb um.
„Ja, alles ist bestens.“
Sie sausten vorbei an Feldern und Weinbergen und immer weiter über sanft ansteigende Hügel, bis sie auf eine schmale Straße abbogen, die am äußersten Ende der Zitrushaine ihrer Familie vorbeiführte. Der Anblick der geraden Reihen sechs Meter hoher immergrüner Bäume mit den gelben Früchten war für Clara immer wieder von Neuem eine wahre Freude.
Valentino fuhr in südlicher Richtung weiter, vorbei an anderen Anwesen, Olivenhainen und Zypressen. So viel Natur um sie her war für Clara das reinste Paradies, sie konnte davon gar nicht genug bekommen. Und dann gelangten sie an den See „Clarissa“, an dem das Ferienhaus der Casalis stand.
Viele Male war sie mit ihrer Schwester Bianca daran vorbeigefahren in der Zeit, als Valentino ein Autorennen nach dem anderen gewann. Dass er dort nicht wohnen wollte, konnte sie verstehen, es waren für ihn zu schmerzliche Erinnerungen damit verbunden.
Auf einem Rastplatz am westlichen Ufer des Sees hielt Valentino an. Sie stiegen ab und hängten die Helme an die Griffe.
„Wir machen eine Pause“, erklärte er, ehe er das Gepäckfach öffnete und eine Wolldecke, zwei Flaschen Mineralwasser, Äpfel und Schokoladen-Biscotti hervorholte.
„Daran hast du dich erinnert?“ Sie nahm die Kekspackung in die Hand. „Ich habe keine mehr gegessen, seit dir damals ganz übel wurde, nachdem du den Inhalt von drei Schachteln hintereinander verschlungen hattest.“
Er warf den Kopf zurück und lachte sein tiefes, herzliches Lachen, das sie so faszinierend fand.
„Dieses Mal habe ich nur eine mitgebracht, um nicht zu riskieren, unpässlich zu sein, wenn ich mit so einer kostbaren Fracht unterwegs bin.“
„‚Unpässlich‘ beschreibt den Zustand, in dem du dich befunden hast, nur unzureichend“, scherzte sie, um ihre Emotionen zu verbergen, die außer Kontrolle zu geraten schienen. Dann ging sie den schmalen Pfad hinunter, der zum See führte.
Valentino folgte ihr. Am Ufer setzten sie sich auf die ausgebreitete Wolldecke. Dann zog Clara die Handschuhe aus, öffnete die Wasserflasche und trank einige Schlucke. „Hm, das tut gut.“
„Finde ich auch“, stimmte er ihr zu, nachdem er die Hälfte seiner Flasche geleert hatte.
Sie streckte sich lang aus und betrachtete den Himmel, an dem sich Wolken zusammenzogen. „Es gibt heute noch ein Gewitter.“
„Gut, dass wir so früh aufgebrochen sind.“ Er legte sich neben sie und öffnete die Packung Biscotti.
Dann drehte er sich plötzlich zu Clara um und war ihr so nah, dass es ihr den Atem raubte. Schweigend hielt er ihr einen Keks an die Lippen, während es in seinen Augen fröhlich aufblitzte. Sie biss ein kleines Stück ab, und er verdrückte den Rest, ehe er das Ganze wiederholte.
Nach dem dritten Mal hatte sie jedoch genug. „Das reicht jetzt.“
„Wie wäre es mit etwas anderem?“
„Einen Apfel esse ich später.“
„So war das nicht gemeint“, entgegnete er mit rätselhafter Miene und sah sie liebevoll an. „Sei nett zu mir“, bat er sie leise, ehe er unvermittelt die
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