Liebhaberstück Xenia (German Edition)
lcher Art die Bedenken meiner Pensionswirtin ihm gegenüber waren.
Sein jugendliches Gesicht strahlte uns genauso entgegen wie sein mit Highlighter unterlegter altrosa Lidschatten unter den gezupften Augenbrauen. Er trug einen exquisiten Hosenanzug aus beschwingter, anthrazitfarbener Seide und eine voluminöse, asymmetrische Fönfrisur, die seinem Beruf alle Ehre machte. In den mit schwarzem Nagellack aufgepeppten Fingern hielt er einen großen, schwarzen Koffer. Er sah aus wie sein eigenes Klischee.
„Hallo, ich bin Robert !“, sagte er herzlich, wobei er seinen Namen auf die französische Weise aussprach und mir seine manikürte Hand reichte.
Sein freundliches Lächeln steckte mi ch an. Ich gab ihm meine Rechte - „Hallo, ich bin Xenia.“ - und führte ihn hinauf zu Freyas und Micks Zimmer.
Freya öffnete auf mein Klopfen hin, warf einen überraschten Blick auf Robert und ließ uns ein. Sie trug einen Bademantel und hatte die Haare mit einem Handtuch umwickelt. Von Mick war nichts zu sehen, doch dafür waren Freyas Mutter und Silke im Zimmer.
„Das ist Robert .“ Ich benutzte wie er vorhin die französische Betonung des Namens. „Er ist Hairstylist und wird uns heute Vormittag zur Verfügung stehen. Robert “, ich schwenkte um auf Englisch und zeigte auf Freya, „das ist die Braut. Sie hat Vorrang vor uns allen.“
„Sehr gut “, sagte Robert , stellte den Koffer auf das ungemachte Bett, dirigierte Freya auf den nächsten Stuhl und wickelte schon mal das Handtuch von ihrem Kopf. Während er behände einen Kamm aus der Tasche seines Seidenjacketts zauberte, ihn bewundernd durch Freyas langes Haar zog und auch gleich schon ein paar Frisuren vorschlug, die ihm dabei so in den Sinn kamen, ließ Freya alles fasziniert über sich ergehen.
Ebenso konnte auch ich ihn nur mit großen Augen anstarren, denn obwohl ich in Berlin wohnte, hatte ich noch nie einen schrillen, schwulen Friseur gesehen. Erst recht keinen schottischen schrillen, schwulen Friseur.
Mrs. Sinclair klopfte erneut, und ich folgte ihr nach u nten, weil Mr. Casey, der Gärtner, gerade die Blumen gebracht hatte. Mr. Casey war ein kleiner, dürrer Mann mit stahlblauen Augen und grauen, wirren, tropfnassen Haaren.
„ Oh nein, es regnet!“ Besorgt schaute ich durch das nächste Fenster. „Ausgerechnet heute!“
„Es hat gerade erst angefangen“, meinte Mr. Casey. „Es wird kurz und heftig, aber he ute Nachmittag wird es trocken sein. Zwar leider kein sonniges Hochzeitswetter, aber trocken.“
Das beruhigte mich. Er war Gärtner. Und Schotte. Somit der Experte.
Mrs. Sinclair erklärte sich zu meiner Erleichterung bereit, die Tischgestecke auszuliefern. Nachdem sie mir den Brautstrauß und die rote Rose für Freyas Haar in die Hand gedrückt hatte, nahm sie Mr. Casey mit zu ihrem Mann in die Garage, um dort das Gesteck für das Hochzeitsauto abzuliefern.
Unterdes eilte ich zurück zu Freyas Zimmer, legte die Rose für das Haar auf den Nachttisch und riss das Papier vom Brautstrauß. Sofort kamen alle her und bewunderten das herrliche Meisterwerk aus dunkelroten Rosen, schottischem Ginster und Efeu. Ein Lockenwickler kullerte ergriffen aus Freyas Haar.
„Aber so geht das nicht, meine Liebe !“, beschwerte sich Robert geziert, hob den verlorenen Lockenwickler vom Boden auf und scheuchte Freya wieder zurück auf ihren Platz. Sie setzte sich auch brav hin, behielt jedoch den Strauß auf ihren Knien, um versonnen darüber zu streichen.
„Wann kommt eigentlich die Band ?“, fragte sie mich unvermittelt.
D ie Band! „Ich kläre das“, versprach ich, eilte sogleich aus dem Zimmer und die Treppe herunter, um Mrs. Sinclair zu bitten, dass sie…
Die Luft blieb mir weg, als ich gegen eine Mauer prallte. Eine Mauer, die aus Thorsten Hartmann und seinem Grinsen bestand. „Wohin so eilig?“
„Für Sie habe ich jetzt s icher keinen Nerv!“ Energisch stieß ich mich von ihm ab.
Er legte jedoch seine Pranke auf meinen Rücken und presste mich an sich. „Und? Hatten Sie eine heiße Nacht mit Ihrem wunderbaren Prinzen?“
Anstatt einer Antwort wehrte ich mich verbissen gegen seinen harten Griff.
Er lachte höhnisch. „Also nicht. Hast du ihn vor deiner Zimmertür abblitzen lassen, das arme Schwein? Wenn du einen Rat von mir haben willst, Schätzchen, vergiss ihn! Der Typ ist sowieso nichts für eine Frau wie dich.“
„Stecken Sie sich Ihren Rat sonst wohin !“, fauchte ich und stemmte mich mit aller Kraft gegen ihn. Von ihm
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