Liebhaberstück Xenia (German Edition)
zugestreutes Zimmer warf und herauspustete: „Was ist denn hier los?“
„Gut, dass du kommst !“, sagte Freya. Und in Englisch: „Sieh dir das mal an, Robert ! Kannst du das so überschminken, dass man es auf den Fotos nicht sieht?“ Sie zeigte auf Micks blaues Auge.
„ Na, mit wem haben wir uns da denn geprügelt, mein starker teutonischer Recke!“, säuselte Robert und begutachtete Micks Veilchen mit einem kleidsamen Stirnrunzeln. „Mal sehen, was wir da tun können! Eine champagnerfarbene Grundierung und ein Finish in Honigbeige könnten da wahre Wunder bewirken!“
Als Robert weiter auf Mick zutänzelte, wich der zurück. Die Augen entsetzt aufgerissen, den Mund verkniffen, presste Mick hervor: „Was immer der Typ von mir will, die Antwort ist nein!“ Damit machte er kehrt und verließ den Raum.
„Der deutsche Meister im Schwergewicht in die Flucht geschlagen von einem schwulen Friseur!“, kommentierte Freya trocken auf Deutsch.
Robert rief uns zur Ordnung, rollte schnell meine Haare noch fertig auf und schickte mich los, mein Kleid zu holen, während er sich der Frisur von Freyas Mutter zuwandte.
Stolz, seinen Zeitplan eingehalten zu haben, und entzückt, dass ich ihn und seinen Lebensgefährten später zur Feier eingeladen hatte, wies Robert uns an, ein entspannendes Gläschen Prosecco mit ihm zu trinken, bis er sicher war, dass alle anderen schon eine halbe Stunde lang unten warteten.
Nachdem er uns wie Mannequins hatte Aufstellung ne hmen lassen, schritt er voran zur Treppe. Vorbei an Mr. Sinclairs Bruder, der sich gerade die kaputte Badezimmertür anschaute und sich nun staunend am Kopf kratzte. Diese Geste lag wohl in der Familie.
Wir hatten alle la nge Kleider im mittelalterlichen Stil an, die meisten davon aus Freyas reichem Fundus. Nur ich hatte meins extra anfertigen lassen, von einer Schneiderin, die mir schon meine irischen Tanzkostüme genäht hatte.
Mein Gewand war dunkelgrün, im Rock weit ausgeschnitten, im Ausschnitt auch, hauteng in der Taille, im Rücken geschnürt, mit goldenen keltischen Ornamenten am Saum und an den langen Ärmeln. Da Freya die Rose, die ich für ihre Frisur vorgesehen hatte, zum Schluss doch nicht wollte, hatte Robert sie mir hinters Ohr gesteckt und mit zwei geschickt versteckten Haarklammern befestigt. Ansonsten war mein Haar gewellt und offen.
Und ich trug die Kette, die Thorsten Hartmann mir geschenkt hatte. Ja, ich wusste, das hätte ich lieber nicht tun sollen, aber sie passte auf so unfaire Weise gut zu meinem Kleid, dass ich ihr nicht widerstehen konnte.
Aber Freya, von Robert effektvoll mit ausgestreckten Armen und einem zufriedenen „Voilá, die Braut!“ angekündigt, war der Abschuss: Sie trug ein cremefarbenes Kleid, schulterfrei, mit tief dekolletierter Korsage und Borten aus silbernen Spiralen, die tatsächlich gut mit dem Ring harmonierten, den Hartmann ihr als kleines Extra geschenkt hatte. Ihr prachtvolles langes Haar offen, in leichte Wellen gelegt und mit einem Silberstirnreif gekrönt.
„Ist sie nicht wunderschön ?“, sagte ich unten am Treppenabsatz bewundernd zu Mick.
Doch der konnte nur schlucken und sie anstarren. Er hatte zu Freyas sichtlicher Freude einen echten schottischen Kilt an, den er von Mr. Sinclair ausgeliehen hatte, wie ich wusste.
„Ja, wunderschön “, hörte ich dafür dicht hinter und über mir. Ich hätte nicht reagieren sollen, aber wie unter Zwang drehte ich mich um und schaute in Thorsten Hartmanns beunruhigende Augen. Er ließ seinen Blick an mir herab und wieder herauf wandern, dass mir ganz heiß wurde, und sagte noch einmal „Wunderschön!“ auf unerträglich männliche Weise.
Was noch schlimmer wurde, als er sich zu der Rose in me inem Haar herunterbeugte und tief ihren Duft inhalierte. „Ich liebe es, wenn du Gemüse im Haar trägst.“ Jeans, weißes Hemd, graues Jackett, nichts sagende dunkelgraue Krawatte, und er sah trotzdem gut darin aus. Der Mistkerl!
Wo steckte Colin eigentlich? Ach ja, da kam er ja gerade hinter Freya die Treppe herunter, im dunkelblauen Anzug, mit weißem Hemd und roter Krawatte. Sehr schick. Ich hakte mich bei ihm unter, als wir nach draußen gingen, wo bereits die Taxis warteten.
Der Regen hatte zum Glück aufgehört.
Draußen tummelten sich einige Gäste, die gestern zum Sektumtrunk noch nicht erschienen waren. Einige kannte ich, zum Beispiel Jörg mit seiner stets missmutig dreinbli ckenden Frau – wie hieß sie doch noch gleich? - und Micks Mutter. Ich
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