Liebhaberstück Xenia (German Edition)
willig und stöhnend vor mir auf den Rücken legen, die Beine eifrig breitmachen und…“ Meine Ohrfeige stoppte ihn mitten im Satz.
Noch nie hatte ich einen bedrohlicheren Anblick erlebt als diesen Mann, der groß und regungslos vor mir stand. Schockiert über meine Tat , seine sich rötende linke Wange und sein unheilsames Schweigen machte ich einen weiteren Schritt zurück. Dass ich mich dabei an Micks Arm festhielt, merkte ich erst, als ich gegen den Aktenkoffer stieß, den Mick in der Hand hatte.
„Das heiß t jetzt wohl, dass ich mir einen anderen suchen muss, um meine Qualifikation für den Johnson-Empfang voll zu machen“, meinte Mick trocken, doch mit einem amüsierten Unterton in der Stimme.
„Drei Tage “, sagte Thorsten Hartmann gedehnt. Obwohl er leise sprach, klang es wie eine Kriegserklärung.
Ich drängte mich an ihm vorbei, was er jetzt zuließ, und wandte mich kurz um zu meinem Geschäftspartner. „Es tut mir Leid, Mick!“
„Keine Sorge, Upline!“ , grinste der. „Um nichts in der Welt hätte ich das jetzt verpassen wollen!“
Mit der gesamten Restwürde, die ich noch aufbringen konnte, ging ich zur Tür hinaus.
Zum Gl ück war ich nicht auf Interessenten wie den Doktor angewiesen.
Daheim in meiner neuen Wohnung brauchte ich erst mal einen Tee.
Zwischen zwei Tassen fing ich an, Kartons umzustapeln. Eigentlich hatte ich jetzt nicht umziehen wollen, so mitten in der Qualifikation für die Stufe 4. Doch dann hatte sich die Möglichkeit ergeben, meinen Sohn Max in dieser Berliner Praktikumsschule unterzubringen. Bei all den schulischen Problemen, die er schon immer gehabt hatte, musste ich diesen Hoffnungsschimmer am Horizont ergreifen. Auch wenn es zur Folge hatte, dass ich während des Umzugs meine geschäftlichen Aktivitäten zurückschrauben musste.
Aber der Wohnungswechsel hatte einen klaren Vorteil: So konnte ich Olav verlassen, auf ganz elegante und undramatische Weise, einfach weil Maxis Schule einen Umzug von Gabeldorf nach Berlin jetzt erforderte.
Nicht, dass Olav mich als Frau noch wollte. Getrennte Schlafzimmer hatten wir schon seit Ewigkeiten. Die Scheidung, die ich bereits letztes Jahr eingereicht hatte, hatte Olav als reine Formalität weggesteckt. Denn ich war ja auch danach noch bei ihm geblieben, um Max die Familie zu erhalten. Solange mein Geld weiter den Lebensunterhalt sicherte, war Olav das alles recht gewesen.
D ieses Opfer hatte ich gebracht, weil all die händeringenden Schulpsychologen und Kinderpsychiater, die ich bisher konsultiert hatte, sich darin einig gewesen waren, dass Max stabile soziale Strukturen brauchen würde, um überhaupt so etwas wie einen Schulabschluss zu schaffen.
Da Max inzw ischen vierzehn war, und da nun wider Erwarten und im Gegensatz zu allen früheren künstlerischen Projekten Olavs Bildhauerei gut anlief und tatsächlich das erste Geld eingebracht hatte, konnte ich eine Trennung von Olav riskieren, ohne dass der in finanzielle Existenzängste verfiel und sie vor Maxis Augen als ein denkwürdiges Abschiedsdrama inszenierte.
So hatte ich zumindest gehofft.
Besonders wenn mein Ausklinken aus dieser Zweckg emeinschaft sich als ein Wir-ziehen-zu-Maxis-Schule-Umzug präsentierte und nicht als eine Böse-Mama-verlässt-armen-Papa-Tragödie.
W ider Erwarten setzte Olav dennoch zu einer preisverdächtigen Weltschmerz-Pantomime an, die jedoch glücklicherweise durch die Lieferung eines von ihm seit Wochen heiß ersehnten Specksteinblocks unterbrochen wurde. Sofort trat alles andere in den Hintergrund, um der Skulptur Platz zu machen, die Olav dem Stein abzutrotzen gedachte. Und er nahm unsere endgültige Trennung so gelassen hin wie eine Unebenheit in der Oberfläche jenes Steinrohlings.
Wie befreiend das jetzt war, nach Jahrzehnten öder Einlullung in eheliche Sattheit Olav endlich los zu sein, merkte ich erst hier, in meiner neuen eigenen Wohnung.
Mager sah es hier allerdings noch aus. Ein einsames Bett stand in Maxis Zimmer, eins in meinem, dazwischen viele Umzugskartons. Doch immerhin war die Küche schon da. Eine bunte helle Plastikküche hatte es sein müssen, denn ich brauchte dringend den Kontrast zu den unpraktischen und künstlerisch eigenwilligen Vollholzmöbeln, die Olav seinerzeit selbst gezimmert hatte.
Telefon- und Internet-Anschluss hatte ich auch schon. Also vorerst genug zum Überleben.
Vier ausgepackte Geschirrkartons s päter schaltete ich meinen Laptop ein und legte die Musik von Enya auf. Beim Durchforsten
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