Liebhaberstück Xenia (German Edition)
in meiner dritten Geschäftslinie. Er war derjenige, der einen großen Traum hatte, nämlich seine eigene Kampfschule zu gründen, und er hatte somit die beste Voraussetzung für den Aufbau eines Network-Marketing-Geschäftes. Er war auch derjenige, der von drei Leuten, denen er das Geschäftskonzept präsentierte, mindestens einen ins Geschäft brachte.
Mick war die absolute Kanone meines Teams und genau das, was ich brauchte, um die Stufe 4 zu erreichen, die mich reich machen würde.
Trotzdem würde ich ihm später klarmachen, was ich d avon hielt, meinen Erfolg vor allen Geschäftspartnern dieser Telefonsession herabzuwürdigen. Wo es eigentlich nur darum ging, den Leuten zu zeigen, wie man Termine buchte, und ihnen die Angst davor zu nehmen.
„Willst du noch einen Termin machen, Upline, oder soll ich?“ Mick griff schon nach dem Telefo nhörer.
„M ach du!“ Ich nickte ihm zu und beobachtete, wie er einen weiteren potentiellen Interessenten aus seiner Namensliste anrief und ihm geschickt einen Termin aus dem Telefon leierte.
Nachdem sich auch Mick einen Strich in der Ja -Spalte verdient hatte, reichte er das Telefon an Nicole Pfeifer, die sich nun immerhin traute, ihren Reitlehrer anzurufen.
Gut!
Noch während Nicole die brillante Terminabsprache völlig ignorierte, die ich ihnen beigebracht hatte, und ihren Reitlehrer fragte, ob er „auch nebenbei Kosmetik und Vitaminpillen verkaufen“ wollte, fragte ich mich, was um alles in der Welt mich geritten hatte bei meinem verrückten Entschluss, so etwas Bizarres wie ein Network-Marketing-Geschäft aufzubauen.
Doch, natürlich wusste ich, was mich dazu trieb. Es war genau wie bei Mick und bei jedem anderen, der sich darauf einließ.
A uch ich hatte einen Traum.
Dann kam die Konzeptpräsentation bei dem Doktor .
Ich bestand darauf, dass Mick mitging, damit er lernte, wie man einen potentiell negativen und überheblichen Interessenten handhabte.
Mick selber bestand ebenfalls darauf mitzugehen, „um seine Upline vor meinem gefräßigen Ladykiller von Bruder zu schützen.“
Von derart unterschiedlicher Motivation beseelt machten wir uns auf den Weg. Ich holte Mick mit dem Auto ab, da ich sowieso damit unterwegs war. Anschließend wollte Mick gleich bei seinem Bruder bleiben, um mit ihm zum Training zu gehen.
Ich kam gerade von einem viel versprechenden Termin bei Frau Gerhardt, einer patenten Tankstelleninhaberin, die sich begeistert gezeigt hatte von dem Geschäftsko nzept und übernächste Woche nach ihrem Wellnessurlaub sicher einsteigen wollte.
Daher war ich bester Laune.
Während Mick seine breitschultrigen Ein-Meter-Neunzig auf die Beifahrerseite meines VW Golf faltete, schärfte ich ihm ein, dass er mich unbedingt wie eine hochgestellte Respektsperson behandeln musste, damit sein akademischer Bruder mir die internationale Geschäftsfrau abkaufte.
Und dass Mick sich, obwohl es sich bei dem Interessenten um seinen Bruder handelte, oder vielmehr weil es sich bei dem Interessenten um seinen Bruder handelte, nicht zu leger geben durfte, sondern dass geschäftsmäßiges Auftreten für den Erfolg dieser Aktion unerlässlich war.
Und dass sein Bruder auf jeden Fall mit mindestens 100 € Erstbestellwert gestartet werden würde, ob er wollte oder nicht, um Micks Qualifikation voll zu machen für den Spezial-Empfang mit Dave Johnson auf dem nächsten Wochenendseminar. Denn dafür waren fünf neue Geschäftspartner nötig, deren erste Produktbestellung einem Wert von mindestens 100 € aufwies.
Und Mick hatte schon vier.
Eigentlich wäre mir vieles eingefallen, was ich Mick noch schnell mit auf den Weg geben wollte, doch nun standen wir schon vor der Tür zur Wohnung seines Bruders. Auf Erfolg fokussiert klingelte ich. Zweimal und energisch, wie es mir Bernadette beigebracht hatte.
Denn das wirkte selbstbewusster, und schließlich kam es auf den ersten Ei ndruck an.
A ls der Interessent öffnete, wankte ich zurück und stolperte über meine hohen Absätze, bis ich von Mick aufgefangen wurde. „Hoppla, Upline!“
„Xenia!“ Freudig trat der Doktor aus der Wohnung und nahm meine unwillige Hand, die ich ihm sofort entzog. Sein Raubtierblick wanderte über meine hochgesteckten Haare zu meinem weinroten Business-Hosenanzug bis zu den Pumps und wieder zurück. „Xenia, Sie überraschen mich!“
„Ihr kennt euch?“ Mick sah nicht minder verblüfft auf seinen Bruder.
Seinen Bruder!
Wieso war mir die Ähnlichkeit nicht schon vorher aufgefallen?
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