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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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anderen an, was „meinen“ Porträtmaler zu temperamentvollem Protest veranlasste. Mit energischer Gestik wedelte er mein Gesicht zurück in die Ausgangsposition.
    „Sag du es uns“, antwortete Thorsten. „Ich war zwar vor Ewigkeiten auch schon mal in Paris, aber du hast die u nschlagbar kindertauglichsten Ideen. Allein gestern die Wild West Show, das war echt stark.“ Sein Tonfall wurde ehrfürchtig, als er hinzufügte: „Das Essen war klasse!“
    „Richtig am erikanisch!“, ergänzte Lisa. „Wie bei den Cowboys.“
    „Oh, Lisa, ich fürchte, nichts davon war am erikanisch.“ Mein Kopfschütteln erzeugte bei meinem Porträtmaler ein tadelndes Stirnrunzeln. „Sondern glücklicherweise das, was sich Franzosen unter amerikanischer Küche vorstellen, auf genießbar getrimmt. Also, wo wollen wir als nächstes hin?“
    „Ich will zu den Gargoyles “, rief Lisa. „Maxi hat mir gesagt, man kann Quasimodos Freunde sehen, die Originalfiguren.“
    „Du meinst die Wasserspeier auf Notre Dame“, folge rte ich. „Hat Maxi auch erzählt, wie lange man anstehen muss, um auf das Dach von Notre Dame zu kommen?“
    Mein Blick fiel auf meinen Sohn, kurz nur, damit der Str aßenmaler nicht wieder protestierte, doch lange genug, um Maxis Schulterzucken zu sehen. Ein Schulterzucken, das dem der Hartmänner so ähnlich war, dass ich stutzte.
    Fing er etwa schon an, Thorsten nachzueifern? Hieß das, dass er emotionalen Schaden nehmen würde, wenn Har tmann und ich uns nach der Reise trennten. Hieß das, dass er…
    Stopp! Ich wollte diese Tage gen ießen!
    Und das tue ich jetzt gefälligst auch, verdammt, ob es mir passt oder nicht!
    Maxi s Künstler war zuerst fertig. Heraus kam eine dynamische, gut gemachte Tuschezeichnung.
    Lisa liebte ihr Porträt aus zartem Pastell. Wir hatten schon extra einen Maler ausgesucht, der auf der Gratwanderung zwischen bonbonfarbenem Impressionismus und Kin dchenschema ein Prinzessinnenbild auf Papier brachte, das den Geschmack eines kleinen Mädchens traf.
    Mein Porträt ging schmerzhaft in dieselbe Richtung. Ein bisschen Renoir light, mit gerade soviel Melancholie im Blick, dass es noch schmeichelhaft wirkte.
    Scha ute ich wirklich so traurig drein, wo ich doch soeben beschlossen hatte, das alles zu genießen? Warum nur war ich ausgerechnet heute so… unangemessen nachdenklich? Gestern war doch noch alles prima gewesen!
    Als alle Porträts fertig waren , drückte Thorsten die vereinbarten Zwanzigeuroscheine in vier talentierte Künstlerhände und reichte jedem Kind sein Bild. Als ich die Finger nach meinem ausstrecken wollte, zog er es aber aus meiner Reichweite. „Das behalte ich.“
    „Dann behalte ich deins!“ Beherzt griff ich mir die Kohl ezeichnung, so dass dem Langhaarigen seine neu angesteckte Kippe aus dem Mund fiel. Das Porträt war wirklich gelungen. Aggressive Kohlestriche hatten Thorstens anmaßende Männlichkeit virtuos aufs Papier gewütet.
    Kaum hatte ich es an mich genommen, da fragte ich mich auch schon weshalb. Um frustriert dagegen zu seufzen, wenn ich meine Tage hatte und keine Schok olade da war?
    Trotzdem rollte ich es zusammen und steckte es in meine rosa Tinkerbell-Tasche. Und bekam die anderen auch noch aufs Auge gedrückt, da alle fanden, dass die zeitgenössischen Werke dort am besten aufgehoben waren.

    Anschließend, als wir die Straße hinab zu Quasimodos steinernen Freunden spazierten, fragte ich Thorsten: „Du warst schon mal in Paris?“
    Er drosselte sein Tempo etwas, bis die Kinder zwei Schritte Vorsprung hatten. „Ja, auf mei ner ersten Verlobungsreise.“
    „Ich war auf meiner Hochzeitsreise hier !“ Verwundert blickte ich zu ihm hoch. Das war es also gewesen, was mich den ganzen Tag schon belastet hatte, die Erinnerung an meine missglückten Flitterwochen!
    „Echt?“ Er runzelte die Stirn.
    „Ich stellte es mir so romantisch vor, frisch verheiratet am Ufer der Seine entlangzulaufen und den Stimmen von Paris zu lauschen. Aber dann war alles… anders.“
    „Inwiefern.“
    „Ich musste mich übergeben.“
    Er lachte.
    „Das war in der Tat seltsam!“, erläuterte ich. „Es war schon auf der Hinfahrt im Bus. Mir war noch nie schlecht auf Reisen, schon gar nicht im Bus. Dagegen bin ich immun. Aber auf meiner Hochzeitsreise war mir so schlecht wie noch nie zuvor. Und seither niemals wieder. Heute weiß ich auch wieso.“
    „Und wieso?“
    „Es war der falsche Mann. Schon kurz vor der Hochzeit hatte ich dieses Gefühl und wollte mitten in

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