Liebhaberstück Xenia (German Edition)
Er startete den Motor und ich warf mich auf den Beifahrersitz.
Er fuhr los. „Na, was ist? Keine Vorwürfe?“
Aus Trotz gab ich ihm keine und schwieg.
„Machen Sie sich nichts draus! Der Typ war eh nicht am Geschäft interessiert, glauben Sie mir, sondern nur daran, Ihnen unter Ihren Rock zu kneifen.“
Ich dachte an die Lodenbichlers und musste lachen.
„Was ist so lustig?“
„Ich musste gerade an Frau Lodenbichlers Miene denken.“
Er lachte auch. „Irgendwe lche Wünsche?“
„Wünsche?“
„Wohin möchten Sie mit mir ausgehen?“
„ Von möchten kann ja wohl kaum die Rede sein! Sie haben skrupellos den Alles-geht-nach-dem-Willen-des-gottgleichen-Doktor heraushängen lassen und mich erpresst.“
„Sie hassen wohl Ärzte, oder?“
„Nein, natürlich nicht! Ich hasse nur arrogante, bornierte und anmaßende Ärzte!“
Er warf mir einen undefinierbaren Blick zu. „Wohin gehen wir. Zu Ihnen oder zu mir? Oder zuerst in ’ne Kneipe?“
„In Gregors Bar “, verlangte ich.
Denn ich hatte eine Idee.
Gregors Bar hatte ich gezielt ausgewählt, weil Carlo mit ein paar anderen Tänzern da sein würde.
Carlo lernte wie ich bei Olive Murphy irischen Stepptanz, nur dass er im Gegensatz zu mir bei den Fortgeschrittenen war und außerdem eine eigene Tanzschule für modernen Showtanz hatte, wo ich auch ab und zu trainierte.
Erst he ute hatte er mich am Telefon bekniet, doch bitteschön auch zu Gregors Bar zu kommen, weil er knapp an Mädels sein würde für seine wöchentliche „spontane“ kurze Kneipen-Showeinlage zu Werbezwecken.
Mit den Besitzern von Gregors Bar und anderen Berliner Tanzlokalen war das so abgesprochen. Ich wusste nicht, welche Vergünstigungen die Wirte dafür bekamen. Bisher hatte ich mich fast immer davor drücken können, denn ich wollte bei eventuell anwesenden Geschäftspartnern und Interessenten nicht den Eindruck erwecken, ich hätte es nötig, nebenbei für eine Tanzschule zu jobben.
Noch etwas sprach dafür, dass ich Gregors Bar ausgewählt hatte. Denn dort saß man in dem hellen Neonlicht ungemütlich exponiert – kein lauschiges Eckchen, das Hartmanns Absichten zuarbeiten würde. Entsprechend abfällig war auch dessen Gesichtsausdruck, als er das Etablissement inspizierte.
Als ich hinter ihm eintrat, sah ich zwar ein paar Le ute auf der Tanzfläche, die sich langweilig zu irgendeiner öden Disco-Schnulze bewegten, aber weder Carlo noch einen anderen aus der Tanzschule. Während ich mich von Hartmann an die äußerste Ecke des Tresens führend ließ, musste ich feststellen, dass Carlo auch an keinem der Tische saß.
Typisch!
Wenn ich einen Mann brauchte, war keiner da!
Thorsten Hartmann bestellte gerade ein Hefeweizen für sich und einen Campari Orange für mich.
„Sie hätten ja doch nur Mineralwasser bestellt“, reagierte er auf meine fragend hochgezogenen Augenbrauen.
„Da könnten Sie Recht haben! “
Als die Getränke kamen, prostete Hartmann mir mit einem Ich-kriege-dich-ja-doch-bald-herum-Lächeln zu, ich prostete unverbindlich zurück.
„Sie wollen hoffentlich nicht tanzen!“ , bemerkte er. „Falls das der Grund ist, weshalb Sie diese Kneipe ausgewählt haben. Ich bin nämlich nicht gerade der Tanzfreak.“
„Nein .“ Ich nippte von meinem Drink. „Dieses fade Disco-Gehopse verstehe ich nicht unter Tanzen .“
Er beugte sich zu mir. „Lassen Sie mich raten! Sie stehen sicher auf was Konservatives, Verklemmtes. Foxtrott, Walzer oder so.“
„Unbedingt!“
Endlich sah ich Carlo den Raum betreten, gefolgt von Tim und Peter. Keine Frauen dabei.
Y es!
Dankbar für das perfekte Timing sagte ich zu Hartmann: „Ich stehe tatsächlich nur auf konservative Tänze, Herr Doktor. Hauptsache verklemmt, steif und förmlich.“
Carlo hatte mich entdeckt und stach gleich auf mich zu.
„Gegen steif hätte ich prinzipiell nichts einzuwenden.“ Hartmanns anzügliches Grinsen vertrieb zuverlässig jegliche Begriffsstutzigkeit meinerseits.
Aus Verlegenheit lachte ich. „Sie sind ein unmöglicher Kerl, Herr Dr. Hartmann!“
„Nennen Sie mich Thorsten!“
Ich schüttelte den Kopf. „Wie Sie wissen, bevorzuge ich das Verklemmte und Förmliche.“
„Und das Steife!“
Wieder musste ich lachen und stellte dabei bestürzt fest, dass ich nun endgültig rot wurde. Mistkerl!
Glücklicherweise war Carlo endlich bei mir angeko mmen und begrüßte mich mit einem Küsschen auf die Wange.
„Bin ich froh, dass du da bist!“ , sprach er zu meiner
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