Liebhaberstück Xenia (German Edition)
nutzte Hartmann die Gelegenheit, um das Duschgel großzügig auf die Schuhcremespur an den Fliesen zu verteilen.
Zwar versuchte ich sofort, ihn daran zu hindern, doch wä hrend er mich mit der einen Hand zurückdrängte, verschmierte er mit der anderen das duftende Gel mit der schwarzen Schmiere. Ich trat ihm gegen das Schienbein, doch er wich geschickt aus.
„Das ist natürlich wieder nur ein Scherz!“ , wandte ich mich an die Interessenten und konnte nicht umhin, meine Stimme nun doch tadelnd zu erheben. „Das ist kein Reiniger, sondern unser neues Duschgel aus der Sweet-Ananas -Linie!“
„Da sieht man mal wieder , wie hervorragend unsere Produkte sind“, mischte sich Hartmann erneut ein. „So wie das Zeug die Schuhcreme von den Kacheln frisst, so ätzt es auch den Schweiß aus den Achselhöhlen!“
Überraschenderweise schaffte es das Duschgel tatsäc hlich, die Schuhcreme größtenteils zu lösen. Nur nicht in den Fliesenfugen, in denen die Schmiere hartnäckig haftete. Was auch Frau Lodenbichler nur allzu bewusst zu sein schien, so wie sie ihren dünnen, faltigen Hals reckte, der ganz gut unsere Anti-Aging-Creme hätte vertragen können.
Geistesgegenwärtig griff ich zu unserem Textilbleichmi ttel, rührte es eilig in meiner Tupperschüssel mit dem warmen Wasser an und tupfte es mit einem Papierküchentuch von Herrn Lodenbichlers Rolle in die Fugen. „Und für unser Bleichmittel ist das überhaupt kein Problem!“
Während ich so die Not zur Tugend machte und die schwärzlichen Schmierstellen auf fast magische Weise zum Verschwinden brachte, hörte ich hinter mir das charakteristische Geklapper der Pflanzenpresslinge in der vorteilhaften Großpackung sowie Hartmanns verhasste Stimme: „Die Krönung des Ganzen ist natürlich unser Vitaminfraß. Sie brauchen nichts mehr zu essen. Sie müssen nur noch diese Pillen schlucken! Das ist nicht nur praktisch und spart das Kochen, das gibt auch Haare auf der Brust. Und was das Tollste ist: Die Dinger lassen sich in Kombination mit unserem hervorragenden Kloreiniger auch als Abführmittel einsetzen!“
Währenddessen arbeitete ich fieberhaft an den Fliesenf ugen und stellte mir dabei mit bösartigem Vergnügen vor, wie herrlich es sein müsste, eine Flasche Toilettenreiniger in des Doktors anmaßenden Schlund zu schütten.
Plötzlich war seine Stimme wieder in meinem Haar: „G ehen Sie nachher mit mir aus?“
„Hören Sie dann en dlich auf?“, hauchte ich gequält.
„Klar!“
„Na schön!“ Dafür wirst du bezahlen!
Mit den Worten: „Das war nur ein kleiner Ausschnitt aus unserem wundervollen Produktsortiment. Den Rest erklärt Ihnen Frau Sachs!“ setzte er sich zu den Interessenten auf die Eckbank.
„Das ist nicht mehr nötig! “, trompetete Frau Lodenbichler und erhob sich resolut. Ihr Blick war nicht mehr missbilligend, sondern sehr missbilligend. Auch die Mimik ihres Sohnes hatte sich verändert - die anfängliche Begeisterung war schierer Ratlosigkeit gewichen.
„Edmund, ich verb iete dir, bei diesem… diesem Unsinn mitzumachen!“, verschaffte sich Frau Lodenbichler Luft. „Ich wünsche, dass du mit diesen… diesen…“, ihre Hand schwankte anklagend zwischen Hartmann und mir hin und her, „…diesen Leuten nichts mehr zu tun haben wirst!“ Sie rauschte aus dem Zimmer und die Treppe hinunter, obwohl ich mit den Fliesenfugen noch gar nicht fertig war.
Ihr Sohn zuckte mit den schmalen Schultern und äußerte kleinlaut: „Es tut mir Leid! Sie haben gehört, was meine Mutter gesagt hat!“
Blödes Muttersöhnchen!
Ich beschloss, dass einer, der seine Träume und Entscheidungen von Mamis Erlaubnis abhängig machte, in meiner Organisation professioneller Networker sowieso fehl am Platze war.
Und ich beschloss, Thorsten Hartmann unsäglich zu verabscheuen, als ich innerlich fluchend und selbst äußerlich nicht mehr so ganz professionell die Fugen fertig reinigte. Die waren nun zwar sauber, doch damit wesentlich heller als der Rest.
Egal!
Der Doktor hatte schon die Produkte in meine Tasche geschmissen und war damit und mit einem ungeduldigen „Können wir jetzt endlich?“ Frau Lodenbichler die Treppe hinunter gefolgt.
Ich schaffte es immerhin, noch soviel Contenance zu b ewahren, um mich von Herrn Lodenbichler zu verabschieden, dann hetzte ich hinter meiner Tasche und meinem Autoschlüssel her auf die Straße.
Hartmann wartete bereits hinter dem Steuer und trommelte mit den Fingern seiner rechten Hand auf dem Lenkrad herum.
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