Liebhaberstück Xenia (German Edition)
später keine Fragen meiner Eltern über die Männerstimmen in meiner Wohnung beantworten!“
„Warum denn nicht?“ Mick hielt sein lädiertes Gesicht dicht neben das seines Bruders, als würde er für ein Familienfoto posieren. „Sehen wir denn nicht aus wie der Traum jeder Schwiegermutter?“
Lachend räumten Freya und ich das Geschirr ab. Die Hartmänner kamen zu Hilfe, behinderten dabei aber eher die Aufräumarbeiten. Als ich mich dann verabschiedete, hatte Mick mit Freya bereits ein Date arrangiert. Er hatte sie zu einem Kosmetik-Abend eingeladen. Nach Braunschweig!
„Pst! Pst!“ , zischte Freya kichernd, als Mick und der Doktor die Treppe herunterpolterten. „Es wäre schön, wenn nicht die ganze Nachbarschaft sieht, dass Xeni und ich diese Nacht hier mit zwei Männern verbracht haben. Gabeldorf ist ein Kaff! Und die halten uns sowieso schon für… seltsam!“
Draußen in der strahlenden Mittagssonne dieses Frühherbsttages streckte Mick sich ausgiebig, verkündete sodann der staunenden Frau Amselmüller, die gerade entlang des Wegs kam, was das doch für eine unglaubliche Nacht gewesen wäre und schickte ihr einen „Guten Morgen!“ mit auf den Weg.
Frau Amselmüller erwiderte den herzlichen Gruß leicht konsterniert, und Freya stieß lachend ihren Ellbogen in Micks Rippen.
„Wann sehen wir uns wieder?“ , wehte Thorsten Hartmanns Stimme von oben herab in meine Haare, als ich mich meinem Auto zuwandte.
„Gar nicht!“ O hne ihn anzusehen öffnete ich die Autotür.
Er hielt seine Hand dagegen, so dass ich das Auto nicht aufbrachte. „Soll das wirklich heißen, Sie lassen mich endgültig abblitzen?“ Seine Stimme klang unangemessen fassungslos.
„Ja, allerdings.“ Ich drehte mich zu ihm um und erklärte versöhnlich: „Das ist nichts Persönliches, Herr Dr. Hartmann. Es ist nur so, dass ich nicht so viele Jahre in einer unglücklichen Ehe verbracht habe, um jetzt wieder faule Kompromisse ertragen zu wollen.“
„Ich wäre also ein fauler Kompromiss für Sie?“ Er schien beleidigt.
„Ich warte lieber auf einen Mann, bei dem wenigstens die Chance besteht auf eine glückliche Beziehung.“
„ Der Prinz auf dem weißen Pferd, der Ihnen ewige Liebe verspricht? Und ähnliche irreale Scheiß-Hirngespinste?“
„ Irreale Hirngespinste – ja, die wünsche ich mir unbedingt! Leben Sie wohl, Herr Dr. Hartmann!“
Diesmal ließ er mich einsteigen. Ich setzte die Brille auf, winkte noch Mick und Freya zu und fuhr fort, nur eine Straße weiter, um meinen Sohn abzuholen.
„Ich hab sie mir immer größer vorgestellt.“ Abschätzend musterte Freya die zierliche rothaarige Sprecherin auf dem riesigen Bühnenaufbau, hinter dem das Brandenburger Tor als passende Kulisse in den Sonntagnachmittagshimmel ragte.
„Hoffentlich kommt Mark noch! “, machte ich mir Sorgen. „Er ist angeblich nach Gwen O’Connor als Sprecher dran, aber noch keiner hat ihn gesehen.“
„Kein Wunder bei dem Getümmel hier.“
Sie hatte Recht. Die Kundgebung war ein Großereignis. Alle europäischen Gruppen der Umweltschutzorganisation Survival hatten Delegationen geschickt und die Polizei eine Hundertschaft. Etliche Berliner waren unterwegs zum Brandenburger Tor. Daneben zahlreiche Touristen. Und ein Fernsehteam.
Freya und ich hatten geholfen, die vier Stände aufzubauen und einzurichten. Im ersten brutzelten leckere Survival-Burger umweltfreundlich vor sich hin, im zweiten gab es Öko-Limonaden, im dritten Survival-Flugblätter, Bücher und T-Shirts und im vierten Informationen zum eigentlichen Thema der Veranstaltung, der Gentechnologie in der Landwirtschaft.
Inzwischen hatten sich genug Helfer auf alle Stände verteilt, so dass Freya und ich untätig herumstanden.
„Nicht schlecht, was wir hier auf die Beine gestellt h aben.“ Freya begutachtete das Geschehen mit einem zufriedenem Rundumblick. „Dagegen können die Ellmstädter Kundgebungen nicht anstinken. Kaum zu glauben, dass noch immer Ellmstadt das deutsche Survival-Hauptquartier ist und nicht Berlin!“
„Ich denke, das ist aus historischen Gründen so. Die Ellmstädter haben die deutsche Sektion gegründet, und dadurch hat sich… da ist Mark!“
„Wo?“ Ihre Augen folgten meinem ausgestreckten Arm.
Mark Fehrmann stieg gerade die Treppe zur Bühne hinauf und übernahm das Mikrofon von Gwen O’Connor. Er trug ehemals sicher schwarze, nun graue Jeans und ein T-Shirt mit dem Survival-Emblem auf der Brust. Sein schulterlanges Haar umwehte
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