Liebhaberstück Xenia (German Edition)
mich und andere Frauen berührte, hatte ich bisher nur für reine Anmache gehalten. Andererseits, wie er Mick immer kameradschaftlich auf die Schulter haute, wie er den Jungboxern vor dem Turnier auf den Rücken geklopft hatte, ja, Berührungen waren offensichtlich auch eine seiner Haupt-Liebessprachen.
Und plötzlich wurde mir bewusst, was mich den ganzen Abend über gestört hatte! Was als Hintergrundschwingung während meines ganzen Vortrages da war, ich aber nicht hatte greifen können.
Es war die Art, wie Thorsten Hartmann und seine Mutter miteinander umgingen. Ich hatte gesehen, wie Mick sich ihr gegenüber verhielt. Er umarmte sie zur Begrüßung, gab ihr einen Abschiedskuss, und sie reagierte wie jede Mutter mit warmherziger Zuneigung und sichtlichem Elternstolz.
Jetzt, wo ich so drüber nachdachte, fiel mir auf, dass Micks Mutter ihren älteren Sohn heute kein einziges Mal berührt hatte. Zwar hatte der sie tadellos höflich begrüßt und sich genauso verabschiedet, aber nur verbal und sehr förmlich. Und sie hatte genauso höflich reagiert. Unterkühlt höflich. So gänzlich ohne das Lächeln, das sie Mick so im Überfluss schenkte.
Als ob ich das nicht kenne n würde!
Unvermittelt fühlte ich mich an das Verhältnis zu meiner Mutter erinnert, welches immer davon beherrscht gewesen war, dass sie meine jüngeren Geschwister als ihre Wunschkinder empfunden hatte. Und mich als Zumutung, mit der sie ungewollt schwanger geworden war, was ihre Jugend mit siebzehn Jahren schlagartig beendet hatte.
Und was hatte Frau Hartmann gegen ihren ältesten Sohn?
Wenn ich nicht aufpasste, entwickelte ich noch Sympathien für ihn.
Das fehlte noch!
„Schön, dass ihr auf mich gewartet habt!“, brandete von oben seine Stimme auf mich nieder.
Ich fuhr zusammen, verwirrt, wusste zunächst nicht, ob das Realität war oder nur eine Ausgeburt meiner kranken Phantasie.
„Hast du es doch noch geschafft !“, bemerkte Mick. Und zu Freya und mir: „Ich habe mit Thorsten ausgemacht, dass wir uns hier treffen, weil die Kneipe nur ein/zwei Kilometer vom Flughafen entfernt ist. Ihr habt doch sicher nichts dagegen!“ Da er sich gleich wieder Freya zuwandte, bekam er den vernichtenden Blick nicht mit, den ich ihm zuwarf.
Sein großer Bruder murmelte etwas von e inem Scheiß-Verkehr und rief der Bedienung seine Bestellung zu: zwei große Apfelsaftschorle für ihn und Mick sowie zwei Campari Orange für die Damen. Obwohl wir alle schon Getränke vor uns hatten. Dann setzte er sich neben mich. Eng. Und schon lag auch sein rechter Arm hinter mir auf der Rückenlehne der Sitzbank.
Ich rückte sofort näher zu Freya, sie näher zu Mick, der Doktor näher zu mir, ich näher zu Freya, sie näher zu Mick…
Nur Mick blieb sitzen. Den linken Arm lässig auf der Rückenlehne, schaute er mit zustimmendem Lächeln zu, wie Freya durch mich immer näher an ihn heran geschoben wurde. Dabei sah er aus wie ein selbstgefälliges Spiegelbild seines Bruders.
„Nun fragen Sie schon !“ Er sah mich aufmunternd an.
„Was soll ich fragen ?“, entgegnete ich beängstigend dümmlich.
„Ob ich was mit Silke habe“, half er mir auf die Sprünge.
„Und warum sollte ich das fragen?“
„Weil Frauen von Natur aus neugierig sind.“
„Nur bezüglich Themen, die von Interesse sind.“
„Und mein Sexleben ist für Sie nicht von Interesse?“
„Nein.“
„Ich glaube, dass Sie sich selber belügen und in Wirklichkeit total darauf stehen würden, eine heiße Nacht mit mir zu verbringen.“
„Lieber würde ich eine Lungenbiopsie an mir machen la ssen.“
Das brauchte ein Schmunzeln auf seine Lippen. „ Aber ich bin ein geduldiger Mann und gebe die Hoffnung nicht auf, dass Sie irgendwann die Vorteile meines Vorschlags erkennen. Sie wissen schon: eine Nacht lang nur Spaß, guten Sex, keine Verpflichtungen, und dann trennen wir uns ohne Getue. Na, was meinen Sie? Besteht die Möglichkeit, dass Sie irgendwann Vernunft annehmen?“
Ich saß bereits in seiner Armbeuge und konnte nicht weiter ausweichen, da Freya inzwischen genauso eingekeilt war wie ich. Sie jedoch schien es nicht zu stören bei ihrem intensiven Gedankenaustausch mit Mick.
Z umindest verbal machte ich mir Luft: „Oh, ich bin sehr vernünftig! Zu vernünftig, um mich einem dahergelaufenen Idioten mit aufgeblasenem Ego und ohne jegliche Ethik an den Hals zu schmeißen!“ Wütend befreite ich meine Haarsträhne, die er sich gerade um den Finger gewickelt hatte.
Seine
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