Liebhaberstück Xenia (German Edition)
Sachs. Ich begrüße Sie zu diesem Vortrag!“
Die Anästhesistin zog doch glatt ein Notebook heraus und begann zu tippen. Wahrscheinlich etwas, das sie später gegen mich verwenden konnte. Die Internistin schaute noch säuerlicher, was ihr Gesicht unvorteilhaft verhärmt aussehen ließ, wie ich nicht ohne Schadenfreude feststellte. Und die Chirurgiezeug-Verkäuferin störte alle, indem sie mich völlig ignorierte und laut mit Hartmann flirtete.
Ohne Umschweife ging ich zum Angriff über: „Sicher fr agen Sie sich alle, wozu man überhaupt irgendwelche komischen Nahrungsergänzungen braucht, wo wir uns doch alle so gesund ernähren!“
Ja, ich sah ihnen an, dass sie sich das fra gten. Doch so hatte ich ihnen ihre Primärwaffe selbst vorgesetzt und ihnen somit den Wind aus den Segeln genommen. Sollten sie zusehen, wie sie das verkrafteten!
„Also schauen wir uns doch mal die Ernährung heutzut age an“, referierte ich weiter, während ich aus den Augenwinkeln beobachtete, wie sich die Internistin eine Zigarette ansteckte. Großartig! Das konnte ich bei Bedarf als Munition gebrauchen.
„ Unsere Nahrung ist nicht mehr das, was sie einmal war. Die Bitterstoffe zum Beispiel wurden weitgehend weggezüchtet aus dem Salat und damit leider auch der Großteil der Vitamine, Mineralien, Bioflavoniode, Xanthine, Terpene, Polyphenole und anderen Pflanzeninhaltsstoffe, die wichtige, jedoch zumeist unbekannte Aufgaben im Körper erfüllen.“
Nun hatte ich es ihnen aber gegeben! Ich sah ihnen an, dass sie keine Ahnung hatten von der Biochemie der Stoffe, die ich ihnen präsentierte. Keiner, nicht einmal der Doktor, würde es jetzt noch wagen, sich mit mir anzulegen! Ich spürte, wie ich das Publikum in der Hand hatte.
Bis auf die Chirurgieklemmen- Händlerin, die sich nach wie vor einen Dreck um das scherte, was ich vortrug.
Da eine brillante Rede immer mit einer Prise Humor g ewürzt ist, brachte ich nun den Witz gekonnt an, der mir immer das Lachen der Zuhörer sowie ihre Kaufkraft zuverlässig sicherte. „Unsere Nahrung“, setzte ich also an, „ist wie kastriert. Und die Herren unter Ihnen können sich bestimmt vorstellen, dass man dann nicht mehr die Leistung vollbringen kann, zu der man ursprünglich fähig ist.“
Das erwartete Gekicher kam auch, doch ich wusste im se lben Moment, dass dieser bei allen anderen meiner Vorträge so auflockernde Scherz hier ein taktischer Fehler war. Ich spürte es. Ein großer Fehler.
„Und Sie wollen uns he ute zeigen“, ertönte da auch schon Thorsten Hartmanns verhasste Stimme, „wie Sie diese…“ - anzügliches Grinsen – „…volle Leistungsfähigkeit, die von uns Männern erwartet wird, stimulieren wollen?“
„Ja, schon“, setzte ich mein professionelles Referat fo rt, „ich meine, nein, mehr indirekt…!“
Verdammt!
„Mich würde interessieren“, quälte er mich weiter, „wie Sie das indirekt hinkriegen wollen!“
Das Publikum bog sich vor Lachen. Auch Mick und Freya, die Verräter! Nur die Mutter der Hartmannbrüder art bedachte ihren älteren Sohn mit einem strafenden Blick. Danke, wenigstens einer stand auf meiner Seite!
Halt nein, auch Jörgs Frau verzog verächtlich die Mun dwinkel. Die Gute!
Trotz meines erbitterten Bemühens, eine geschäftstaugliche Gesichtsfarbe beizubehalten, stieg mir eine peinliche Hitze ins Gesicht. Außerdem hatte ich den Faden verloren.
Dieser miese Bastard!
„Wo war ich?“, fragte ich Mick.
Als ob der das wüsste! Er lachte mir bestens unterhalten ins Gesicht.
„ Sie wollten uns gerade etwas über das Kastrieren erzählen“, half Thorsten Hartmann bereitwillig aus. „Oder wie Sie sonst noch mit dem männlichen Geschlecht umgehen!“
Ich sah nicht hin. Seine blöden drei Grazien kicherten albern, wie auch Lars, Micks neuer Hoffnungsträger in der Welt des Network-Marketing.
Um mich bei Mick für sein unangebrachtes Gelächter zu r ächen – schließlich nahm ich das alles nur für ihn auf mich – wandte ich mich an ihn: „Also, Mick, erzähl du weiter!“
„Ich möchte dieses Thema lieber nicht anschne iden!“, stöhnte er übertrieben und presste beide Hände theatralisch auf seinen Schoß. „Und damit meine ich Anschneiden im wahrsten Sinne das Wortes!“
Das Publikum grölte. Sogar Micks Mutter gestattete sich ein amüsiertes Schmu nzeln.
„Ihr seid unmöglich !“, rief ich, entschied mich nun aber auch zu lachen. Denn das war besser, als Mick zu erschlagen! „Also, wo war ich?“
Als beide
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