Liebhaberstück Xenia (German Edition)
ein Taxi rufen.“
„Und wenn ich Sie über die Schulter werfen und in meine Wohnung schleppen würde?“
„Glauben Sie ja nicht“, und ich mei nte jedes Wort ernst, „dass Ihre Box-Erfolge mich einschüchtern! Ich würde Sie bekämpfen bis aufs Blut. Sie würden schon sehen, was Sie davon hätten!“
„Das klingt nach einem Riesenspaß!“ Er hielt den W agen an und beugte sich zu mir herüber. „Fast wäre ich versucht, mir diesen Nervenkitzel zu gönnen!“
Ein gehetzter Blick aus dem Autof enster zeigte mir, dass wir vor dem Haus standen, in dem Micks Wohnung lag.
„Nur leider“, fuhr er fort, „müssen wir das verschieben, weil ich jetzt gleich weiterfahren muss in die Klinik, Dienst schieben. Die haben vorhin angerufen, weil ein Kollege ausgefallen ist.“
Das war also der Handy-Anruf vor der Bar gewesen. Dann hatte er mich nur auf den Arm genommen!
„Vielen Dank fürs Mitnehmen !“, presste ich hervor und öffnete die Beifahrertür. Nichts wie raus hier!
Er hielt meinen Arm fest. „Wie wär’s mit einem G ute-Nacht-Kuss als Danksschön?“
„Nein.“
Sein intensiver Blick ließ die Luft zwischen uns vibrieren.
„Es war nett, mit Ihnen zu plaudern“ würgte i ch die gefährliche Kommunikation ab. „Wenn Sie mich nun trotzdem entschuldigen wollen…“
Er ließ meinen Arm los .
Es war anders als sonst.
Während w ir uns früher normal geschminkt und nur ein paar Spiralen auf unsere Gesichter gezeichnet hatten, verkünstelten wir uns diesmal damit, ausgefallene keltische Ornamente, die ich im Internet gefunden hatte, auf unsere Stirne und Wangen zu zaubern. Ganz zart nur, damit sie im Licht der Fackeln geheimnisvoll unsere Gesichtszüge umschmeichelten und unsere mystische Aura attraktiv unterstrichen.
Freya und ich feierten heute Samhain, das alte keltische Totenfest zu Ehren der Ahnen, das die Hollywood-Industrie zu Halloween verkitscht und die Christen zu Allerheiligen verfrömmelt hatten.
„Sie kommen nicht “, meinte Freya im Auto. „Du brauchst also nicht ständig in den Rückspiegel zu schauen.“
Ich fühlte mich ertappt und platzte heraus: „Natürlich nicht! Woher sollten sie auch wissen, dass wir he ute hier feiern!“
„Eben !“, pflichtete meine Freundin mir bei. „Woher sollten sie es auch wissen!“
In unserem heiligen Hain mussten wir uns die Steine, die unseren Altar darstellen, erst zusammensuchen, weil sie wieder von irgendwe lchen Campern zur Umrandung ihres Lagerfeuers missbraucht worden waren. So auch die Elementarsteine, die wir aus der Lagerfeuerasche holten und in einem Radius von etwa zehn Metern in den vier Himmelsrichtungen platzierten.
Da ich fröstelte, beeilte ich mich und bereute zutiefst, dass ich meinen Mantel weggelassen hatte und nur die hautengen Leggins und den figurbetonten schwarzen Pullover trug.
Weil der Mantel nicht sexy genug aussah.
Während wir den Altar neu erstehen ließen und ihn dem A nlass entsprechend mit vertrocknetem Laub und verdorrten Gräsern schmückten, unterbrachen wir mehrmals die Arbeit, um vorbeifahrenden Autos nachzulauschen, bis deren Scheinwerferlicht sich entfernte.
Das besondere Highlight unseres Altarschmuckes zu Sa mhain war ein Rehschädel, den mein Vater mal im Wald gefunden und den ich ihm abgeschwatzt hatte. Ich stellte ihn vor den mit Rotwein gefüllten Kelch zwischen die Muschel, welche die Göttin symbolisierte, und Freyas Kupferschale, aus der Weihrauch aufstieg.
Freya drapierte ihren Umhang so, dass ihr Busen gut zur Geltung kam und zog den magischen Kreis, indem sie mit der Würde einer Hohepriesterin die Elementarsteine umschritt. Der sinnliche Hüftschwung, den sie dabei an den Tag legte, verlieh dem Ganzen jedoch eine neue Note. Sie schaffte es gerade bis zu der Fackel, die im Süden das Element Feuer symbolisierte, als sie ganz entgegen den Gepflogenheiten des Rituals stehen blieb. Sie zog scharf die Luft ein.
Ich hörte es jetzt auch, das Auto, doch es fuhr vorbei, und seine Scheinwerfer verglimmten mit zunehmender Entfe rnung harmlos in der Dunkelheit. Ich ließ meinen angehaltenen Atem heraus, und Freya setzte ihren Weg im Kreis fort bis zum Osten, wo sie ihn begonnen hatte.
Sie breitete ihr langes Haar, das sie heute, auch anders als sonst, offen trug, apart um ihre Schultern, dann rief sie die Elemente an sowie Göttin und Gott. Und ich begann das Hauptritual: „Dies ist die Nacht, da der Schleier zwischen den Welten durchsichtig wird.“
Klang meine Stimme auch dun kel,
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