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Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Liebhaberstück Xenia (German Edition)

Titel: Liebhaberstück Xenia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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mehrstöckigen Käseplatte, Kuchen, Chips mit Dipp-Sauce, Servietten und was man sonst noch für eine große Party eben brauchte. Und der Kühlschrank war voll mit anderen Häppchenplatten, Sekt, Mick zuliebe sogar Bier. Und selbst gemachter Kräuterbutter, meiner Spezialität, die müßig vor sich hin duftete.
    Und was sol lte ich jetzt mit dem ganzen Zeug?
    Dem Wetterbericht zufolge würde es morgen auch nicht viel besser sein. Daher konnte ich nicht einfach zu einem Neujahrsumtrunk einladen und die vorbereitete Massenverpflegung damit doch noch über die Bühne bringen.
    Das Klingeln an der Wohnungstür überraschte mich. Ha tte sich einer meiner Gäste doch todesmutig hergewagt? Aber ich hatte doch alle angerufen? Oder nicht?
    Als ich die Wohnungstür öffnete, stand Thorsten Har tmann davor. In Jeans und graublauer Jack-Wolfskin-Jacke. Mit einer Flasche Champagner in der Hand. Seinen Blick spürte ich bis ins Rückenmark.
    „Ich weiß, Sie haben mich nicht eingeladen “, nahm er mir gleich das Wort aus dem Mund, „aber Mick hat gemeint, es wäre bei Ihnen ein Herr-der-Ringe- Special geplant, und da ich nur den ersten Teil gesehen habe, sollte ich ruhig mitkommen, hat Mick gesagt.“
    „So“, äußert e ich, „hat er das!“ Ich bringe Mick um!
    Zu meiner Erleichterung gelang mir ein distanzierter Tonfall, der deutlich machte, dass Hartmann auch mit dieser Masche nicht bei mir landen konnte: „Haben Sie keine Krankenschwestern oder Anästhesistinnen gefunden, mit denen Sie Silvester feiern könnten?“ Wie ein Fels stand ich zwischen ihm und meiner Wohnung.
    „Doch, das schon“, meinte er, „aber ich dachte mir, bei I hnen wäre es schöner.“
    „Das bezweifle ich, denn ich habe die Feier gerade abg esagt wegen dem Blitzeis.“
    „Dann bin ich Ihr einziger Gast?“
    Er klag so siegessicher, dass ich mich beeilte richtig zu stellen: „Nein, Sie sind überhaupt kein Gast! Wie Sie schon sagten, ich habe Sie nicht eingeladen!“
    „Das spielt jetzt keine Rolle mehr. Denn selbst wenn ich es wollte, könnte ich nicht mehr weiterfahren. Es ist so ve rdammt glatt draußen, dass ich Mühe hatte, es überhaupt von der Klinik bis hierher zu schaffen. Da können sogar Sie mich nicht wegjagen, oder? Darf ich jetzt reinkommen?“
    War das wieder eines seiner Spielchen, oder waren die Straßen tatsächlich schon jetzt so unpassierbar? Ich ließ ihn stehen, ging in meine Küche und schaute aus dem Fenster.
    Der Regen war in nur leichtes Nieseln übergegangen und hatte Straße, Parkplatz und Gehsteig mit einem schimmernden Guss überzogen. Und auf dem Gehsteig lag etwas. Etwas Sackähnliches. Etwas Sackähnliches, das sich bewegte.
    Schnell wandte ich mich um. Hartmann stand am Eingang zur Küche und meinte: „Glauben Sie mir jetzt? Selbst zur U-Bahnstation schafft man es nicht, ohne tausendmal hinzufallen und sich die Knochen zu brechen. Und die S-Bahn fährt gar nicht, wie gerade im Radio kam.“
    „Moment !“ Ich drängte mich an ihm vorbei, rannte die Treppe hinunter und weiter aus dem Haus. Hin zu dem sackähnlichen Etwas.
    Es war Frau Koslowski, die vergeblich versuchte, auf die Beine zu kommen. Ich rutschte aus, konnte mich aber ger ade noch fangen. Der Boden war tatsächlich spiegelglatt.
    Vorsichtig trippelte ich an sie heran und half ihr auf. Da ich selbst Schwierigkeiten hatte, festen Stand zu finden und da Frau Koslowski zwar klein, aber korpulent war, sehr korpulent, schaffte ich es zunächst nur, sie in eine kniende Position zu zerren, während sie sich in einem permanenten Wortschwall abwechselnd bedankte und entschuldigte.
    Hinter uns türmte sich Hartmanns Silhouette in den nächtl ichen Himmel. Er packte Frau Koslowski und mich, zog uns hoch und klemmte uns unter seine Achseln, Frau Koslowski unter die rechte, mich unter die linke. Als er uns schlitternd zum Haus schleppte, versuchte ich zumindest so etwas wie Gleichgewicht beizusteuern.
    Im Hausflur ließ er uns los.
    „Vielen Dank, danke sehr, vielen Dank…“, stammelte Frau Koslowski noch immer und bewegte sich unsicher voran. Sie knickte jedoch mit dem linken Fuß um. Thorsten Hartmann fing sie auf, nahm sie hoch und auf die Arme, als wäre sie so leicht wie ein kleines Kind.
    Diszipliniert schluckte ich jegliche Bewunderung für seine beunruhigende Kraft herunter und dirigierte ihn zu Frau Koslowskis Wohnungstür, zum Glück im Erdgeschoss. Umständlich – „Oh, vielen Dank! Aber das ist doch wirklich nicht nötig, vielen Dank!“ -

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