Liebhaberstück Xenia (German Edition)
sondern auch an jeglichen Rat meiner Großmutter zu halten, hatte ich ihr Argument, es den Männern nicht allzu leicht zu machen, für sehr schlüssig gefunden. Denn sonst, so Großmutter, würden die Männer uns als billige Flittchen abtun.
Nicht, dass ich seither viel Gelegenheit gehabt hätte, diese These in der Praxis auszuprobieren.
Zu Mick sprach ich: „ Freya ist eben vielbeschäftigt.“
„Glaubst du, ich habe Chancen bei ihr ?“, wollte er weiter wissen.
Chancen? Sie redet nur von dir, träumt von dir, würde dich vom Fleck weg heiraten!
„Was glaubst du ?“, wich ich aus.
„Wenn ich wüsste, was ich glauben soll, würde ich dich nicht fragen .“
„Es ist wie beim Geschäft, Mick. Du musst den Interesse nten selber fragen, ob er dein Geschäftspartner werden möchte.“
„Danke, sehr aufschlussreich! Nach wem schaust du dich eigentlich immer so um?“
„Nach Frau Gerhardt, einer Interessentin.“
„Etwa die Frau Gerhardt, die letztes Mal schon ko mmen sollte, als du nicht da warst? Für die ich extra das Infopack mitgenommen habe?“
„Ja, aber diesmal hat sie definitiv zugesagt, als ich sie vor zehn Minuten noch mal angerufen habe.“ Ich schaute auf die Uhr an der Rezeption. „Ich gehe trotzdem schon mal besser rein!“ Drinnen im Konferenzzimmer wurde ich schließlich auch gebraucht.
„Schau, wer da kommt !“, rief Mick über meinen Kopf hinweg.
Erleichtert darüber, dass der zigmal verschobene Termin mit Frau Gebhardt nun endlich stattfinden würde, drehte mich zu ihr um. Doch da kam keine Frau Gerhardt.
Sondern Dr. Thorsten Hartmann.
Sogar in Anzug und Krawatte. Und auf eine äußerst u nfaire Art sah er darin auch noch so gut aus, dass mir der Atem stockte.
„Hallo, Xenia!“ Er war keine Männerschönheit wie die Adonisse der Fernsehwerbung, die im Feierabend-Programm zu karibischen Klängen Eiscreme lutschen. Dafür wirkten seine braunen, stets sehr kurzen Haare eine Idee zu militärisch. Und sein Körperbau war dafür eine Idee zu breit. Und seine hellbraunen Augen blickten dafür eine Idee zu unromantisch.
„Was wollen Sie denn hier?“, begrüßte ich ihn.
„Mich über diese tolle Geschäftsmöglichkeit informi eren, was sonst?“, war seine Antwort. „Oder sind Sie etwa so eitel zu glauben, ich wäre wegen Ihnen hier?“ Da war sie auch schon, dieses Glühen in seinem Blick.
„ Du hast ihn wohl hierher eingeladen?“, warf ich Mick ungehalten vor. Weil ich heute die öffentliche Konzeptpräsentation halten musste, konnte ich mir keine derartige Störung erlauben.
Und T horsten Hartmann stellte immer eine Störung dar.
„Klar“, e rwiderte Mick in kindlicher Unschuld. „Er ist doch immerhin mein Geschäftspartner, oder, Upline? Und die lädt man doch hierher ein!“
„Nur ernsthaft Interessierte lädt man hierher ein !“, korrigierte ich mühsam beherrscht.
„Oh, ich bin ernsthaft interessiert !“, behauptete des Doktors anzügliches Grinsen. „Sehr interessiert sogar!“
„Siehst du, Upline!“ Mick zuckte die Schulter. „Es ist alles okay!“
Mit einem unwilligen Schnauben drehte ich mich um und betrat den Konferenzraum. Oh, nein, ich würde nicht nervös werden! Das könnte ihm so passen! Noch immer hatte ich sein Gelächter im Ohr, nach Olives irischem Abend letzte Woche, als ich mich so schrecklich blamiert hatte. Mich und die anderen.
Nur wegen ihm!
Aber jetzt bei der Konzeptpräsentation durfte mir kein Lapsus passieren, denn immerhin ging es um mein Geschäft. Und immerhin war ich jetzt Stufe-4-Leader.
U nd Stufe-4-Leaders blamieren sich nicht!
Ich sah, wie Mick sich setzte und se inen Bruder zu sich winkte. Der Doktor folgte auch der Aufforderung, allerdings nicht ohne mir vorher ins Haar zu raunen: „Sie sehen lecker aus. Zum Anbeißen! Wie ein Ei.“
Dann ließ er mich stehen und setzte sich neben Mick.
Verwirrt sah ich an mir herunter und erkannte schockiert, dass ich zum weißen Hosenanzug ein gelbes Shirt trug.
Ein dottergelbes.
Ich ging nach vorne, begrüßte Engelrichs und besetzte einen Platz neben ihnen in der ersten Reihe, indem ich meine Tasche auf den dortigen Stuhl legte.
Meine eierschalenfarben e Tasche.
D a es bereits acht Uhr war, ging ich nach vorne, um als Moderator die einleitenden Begrüßungsworte zu sprechen und den Sprecher anzukündigen. Mit professioneller Coolness schaute ich ins Publikum, bis Ruhe einkehrte und sich eine erwartungsvolle Spannung aufbaute, zwang mich dazu, meinen Blazer nicht vorn
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