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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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mit dieser alten Scheißkarre los, klar?«
    Die den Helden zur Verfügung stehenden kleinen Elektrobuggys werden von Vulcanus hergestellt, dem Exgott des Feuers und der Handwerker. Da sie ein göttliches Erzeugnis sind, kann man damit einen Porsche überholen, ohne den zweiten Gang einlegen zu müssen. Zudem werden sie standardmäßig ab Werk mit einer zwanzig Millionen Jahre währenden Garantie und Zentralverriegelung ausgeliefert. Deshalb benötigte George bis zum Piccadilly Circus keine dreißig Sekunden; was nur gut war, denn es dauerte mehr als eine Stunde, eine Parklücke zu finden.
    »Ist es dir hier recht, Boß?« fragte George.
    »Ja, in Ordnung«, antwortete Jason. »In spätestens zwei Stunden müßte ich wieder zurücksein.«
    »Ich hoffe nur, du weißt, was du tust.«
    »Und ob.«
    »Wie du meinst. Sag mal, was hast du eigentlich in der Plastiktüte drin?«
    »Sandwiches und eine Thermoskanne. Falls irgend jemand was von mir will, sag ihm, ich sei an Cholera gestorben. Alles klar?«
    Jason stieg aus, schnürte sich vorsichtig den Leinensack am Gürtel fest und ging die Treppe des U-Bahnhofs hinunter, wo er sich neben die Fahrkartenschranke hinstellte und wartete. Nach wenigen Minuten näherte sich ihm ein sehr kleiner, hagerer Mann mit einer Blume im Knopfloch.
    Der Mann räusperte sich und sagte langsam: »Die Verehrung von Mithras ist in Saxmundham noch lange nicht zu den Akten gelegt.«
    »Was ist los?«
    »Die Verehrung von Mithras … Ach, Scheiße, das war der falsche Text!« fluchte der kleine Mann leise vor sich hin. »Tut mir leid. Also: Dienstag ist kein guter Tag zum Zwiebelschälen.«
    »Der Freitag ist noch schlechter, erst recht wenn man Linkshänder ist«, antwortete Jason selbstbewußt. »Also bist du Vergil, richtig?«
    »Pst! Schrei hier nicht so rum!« ermahnte ihn der kleine Mann. »Eigentlich soll ich ganz woanders sein.«
    »Ich weiß, mir geht’s genauso.«
    »Ich habe denen im Büro gesagt, ich würde in Spoleto das Seminar ›Die heutige Bedeutung des Hexameters‹ besuchen. Aber ich möchte wetten, irgendeiner von denen ruft dort an und findet heraus, daß ich gar nicht da bin. Ich muß ein ganz schöner Idiot sein, daß ich mich auf so etwas einlasse.«
    »Aber du bist doch schon lange tot. Also was schert dich das noch?« erkundigte sich Jason neugierig.
    »Nur weil man tot ist, bedeutet das noch lange nicht, daß die nicht mehr hinter einem her sind«, zischte Vergil mit finsterer Miene. »Auf alle Fälle ist das hier das letztemal, daß ich mich auf solch eine Geschichte einlasse.«
    Jason klopfte ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. »Schön, das hast du alles schon einmal gesagt. Also laß uns jetzt endlich losgehen, ja? Wenn ich das nächstemal einen U-Bahn-Führer brauche, werde ich mir lieber einen dieser kleinen Pläne kaufen.«
    Vergil blickte ihn giftig an und zog aus der Tasche seines Regenmantels zwei Fahrkarten. Dabei handelte es sich allerdings nicht um gewöhnliche U-Bahn-Karten, sondern um leuchtende Fahrausweise aus Gold.
    »Verlier sie nicht«, ermahnte Vergil ihn. »Also gut. Halten wir’s mit Dante: ›Laßt jede Hoffnung hinter euch, ihr, die ihr eintretet.‹ Hier entlang.«
    Eine ganze Weile gingen sie durch finstere, gewundene Gänge, in denen gespenstische Geräusche widerhallten. Überall um sie herum bemerkte Jason Wesen, die verdächtig nach Quälgeistern aussahen – Gewaltverbrecher, Vater- und Muttermörder und irgendwelche Leute, die verzweifelt die nach Westen gehenden Bahnsteige suchten. Obwohl er ein Held war, erschauderte er leicht.
    »Das beweist wieder einmal die Wahrheit des alten Sprichworts, daß ein Freund in der Not eine Plage ist«, stellte Vergil fest. »Nur weil ich Dante damals nach seinem Verschwinden den Weg durch das Inferno gezeigt habe – du weißt schon, ein Dichter hilft dem anderen und dieser ganze Blödsinn, obwohl es sich dabei um das größte Ammenmärchen handelt, das mir je zu Ohren gekommen ist; versuch nur mal, einen Dichter darum zu bitten, dir im Regen bei einer Reifenpanne zu helfen, und du wirst schon sehen, wie weit du damit kommst –, jedenfalls nur weil ich ihm den Weg gezeigt habe, halten die mich für eine Art Ein-Mann-Unternehmen für Pauschalreisen. Allerdings ist in erster Linie mein Agent an allem schuld. Dieser verdammte Narr hat sie nämlich erst dazu ermutigt. Nächsten Monat soll ich eine Gruppe Schulkinder über holländische Tulpenzwiebelfelder führen! Unter angenehmem Zeitvertreib stelle

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