Liebling, Ich Kann Auch Anders
ja überhaupt nichts gesagt!«, empörte sich Francis künstlich. Doch Frau Renner, der die Ironie verborgen blieb, rechtfertigt sich sogleich: »Ach, es ging doch eh alles drunter und drüber in letzter Zeit. Außerdem gibt es da auch eine ärztliche Schweigepflicht.«
»Eben«, sagt Eva grinsend. »Und ich bin sowieso eine sehr problematische Patientin.«
Francis wandte sich der Theke zu und Alexandra bat, sie zu entschuldigen.
»Was war das für eine Bemerkung von wegen problematische Patientin«, fragte sie, als sie Eva ihr Glas reichte.
»Ich wollte nicht einsehen, warum ich meine Zähne abschleifen lassen sollte.«
»Ach so, seine Verblendungen. Wäre ja auch Wahnsinn. Aber das probiert er bei allen. Und bei erstaunlich vielen mit Erfolg. Aber bei mir hat er auch auf Granit gebissen.«
»Das freut mich aber sehr!«
»Tja, ein gesundes Selbstbewusstsein ist der wirksamste Schutz gegen Manipulationsversuche. Ich heiße … aber das weißt du ja schon. Prost, Eva!«
Sie stießen an und Eva, die die Entwicklung der Dinge für geradezu unglaublich hielt, fragte sich, ob sie das wirklich erlebte, oder ob es sich um einen Promilletraum handelte. Aber andererseits machte doch alles Sinn: zwei betrogene Frauen, zwei Betrugsdelikte und ein unverschämter Täter.
»Normalerweise tu ich mich mit dem Duzen ja etwas schwer, aber bei dir ist es mir einfach ein Bedürfnis. Ich fand dich auf Anhieb sympathisch, und ich fühle auch, dass zwischen uns die Chemie stimmt. Wie sagtest du vorhin so nett: Es gibt vieles, was uns verbindet.«
Ein Herr trat zu den beiden, überreicht Francis einen Autoschlüssel und sagte, Magnus habe ihn im Waschraum gebeten, ihr auszurichten, er hätte sich heimfahren lassen, da es ihm sehr übel sei. Sie sollte sich jedoch keine Sorgen machen und den Abend noch genießen.
»Hat sich wohl mal wieder den Magen verdorben.«
Eva, die den wahren Grund des fluchtartigen Aufbruchs kannte, war froh, dass Francis nicht allzu schockiert reagierte oder gar selbst aufbrach.
»Ist ja auch manchmal kaum zu glauben, was der Mann in sich reinzuschlingen vermag!«, meinte die mäßig besorgte Ehefrau.
»Dafür hat er aber eine erstaunlich gute Figur«, fand Eva und hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Verflixter Champagner! »Äh, zumindest nach dem flüchtigen Eindruck, den ich gewinnen konnte.«
»Ja, so ein tadellos sitzender Anzug vermag eben einiges zu kaschieren«, entgegnete Francis, die keinen Verdacht geschöpft hatte, mit mildem Lächeln.
Plötzlich hörten sie ein Gezeter, das aus der Menschenmenge zu ihrer Rechten kam.
Emilie und Serge! Die hatte sie über der Entwicklung ihres persönlichen Dramas ganz vergessen. Jetzt konnte sie lediglich sehen, wie der gute Serge von zwei Herren zu beiden Seiten gepackt und aus dem Raum gezerrt wurde. Emilie lief gestikulierend hinterdrein.
»Da scheint was schiefgelaufen zu sein!«, vermutete Francis.
»Eher nicht. Er hat damit gerechnet.«
Und Serges Rechnung schien aufzugehen. Denn nun bildeten sich lauter aufgeregte Grüppchen, die das unerhörte Benehmen dieses fremden Flegels erörterten, den in Konstanz noch niemand zu Gesicht bekommen hatte. Eva und Francis gesellten sich zu einer Gruppe, in der heftig diskutiert wurde.
»Unglaublich, dieser Mann! Mir fehlen die Worte«, echauffierte sich eine der Damen. »Stellen Sie sich vor, er hat seine Frau vor allen Leuten angemeckert, sie solle nicht so viel essen. Nein fressen. Jawohl, fressen hat er gesagt. Wortwörtlich! ›Du platzt in letzter Zeit ohnehin aus allen Nähten‹, hat er gesagt. Dabei ist die Frau ja ein Strich in der Landschaft. ›Jetzt reicht’s! Ich werde nicht zulassen, dass du so eine fette Kuh wie deine Mutter wirst‹, hat er geradezu gebrüllt. Entsetzlich! Und das hier inmitten lauter kultivierter Menschen!«
Eva und Francis grinsten sich an und zwinkerten sich zu, da sie es beide höchst amüsant fanden, mit welcher Inbrunst die sich kultiviert wähnende Dame all die unglaublichen Worte zitiert hatte.
»Frau Sauer hat ihn gehörig zurechtgewiesen. Aber dann hat doch tatsächlich diese Fremde zu ihr gesagt, sie solle sich da nicht einmischen, es stehe ihr nicht zu, ihren Mann zu kritisieren. Na ja, Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, hab ich gedacht. Doch der Typ hat sie aufgefordert die Klappe zu halten. ›Lass das Walross doch schimpfen‹, hat er gesagt. ›Wenn es sich angesprochen fühlt und ein bisschen herumzetert, so verbraucht es wenigstens ein
Weitere Kostenlose Bücher