Liebling, Ich Kann Auch Anders
empfand bei dieser Erkenntnis eine gewisse Erleichterung. Wenn dem tatsächlich so war – und danach sah’s ja wirklich aus –, dann würde sie jetzt versuchen, sich wie ein Mann zu verhalten: sich keine Gedanken darüber zu machen, wie ihr Verhalten bei anderen ankam und von ihnen bewertet würde. Dann könnte sie auch einmal tun, wonach ihr die Sinne standen. Und wer damit sein Problem hatte, musste sich eben an die eigene Nase fassen. Basta!
Diese revolutionäre Einstellung, die auf sehr spontanen und umso wackeligeren Füßen stand, düngte sie während der Pause mit einem Glas Champagner – für den guten Zweck! Dabei hielt sie sich in der hintersten Ecke des Foyers auf. Wohl ahnend, dass Magnus, der ja ganz vorn saß, nicht so weit durch die dichte Menschenmenge dringen würde. Noch wollte sie ihm nicht begegnen. Dagegen freute sie sich, Emilie und Serge, das von ihr empfohlene Schauspielerpaar, wiederzusehen. Die besuchten ebenfalls das Konzert – schon um das Terrain zu sondieren und sich Gedanken über ihren Auftritt zu machen.
»Das sind ja lauter kultivierte und seriöse Menschen«, stellte Emilie spöttisch lächelnd fest.
»Na ja, was auch immer darunter zu verstehen ist«, erwiderte Eva angesichts ihrer ganz persönlichen Erfahrungen mit skeptischem Gesichtsausdruck.
»Wir lassen die Party erst mal anlaufen. Dann dringen wir in die Kleingruppen ein. Wenn sich die Reihen an den Speisetheken lichten, starte ich die Du-bist-zu-fett-Attacke«, sagte Serge.
Emilie lachte und auf Evas fragenden Blick hin erklärte sie: »Das ist eine sehr bewährte Einstiegsnummer. Da engagieren sich immer viele Anwesende. Und zwar mit großer Leidenschaft.«
Die beiden grinsten in Erinnerung an frühere Auftritte, und Eva nahm sich fest vor, sie in Aktion zu erleben.
Der Gong ertönte und sie kehrten gemächlich in den Saal zurück. Eva erblickte Dr. Renner und schenkte ihm ein Lächeln, das deutlich Zähne zeigte. Er erwiderte ihren Gruß mit einem ernsten Nicken. Er trug es ihr vermutlich immer noch nach, dass sie seinen Ehrgeiz in Schranken gewiesen hatte.
Doch darüber war sie jetzt mehr als froh. Sie fühlte sich wohl, authentisch und voll prickelnder Energie in diesem Moment, in der Vorfreude auf einen Eklat. Lange hatte sie überlegt, was sie an dem so wichtigen Abend anziehen sollte und sich schließlich nach einigem Hin und Her doch für das gelbe Seidenkleid entschieden, das sie für das erste Treffen mit Magnus gekauft hatte. Es stand ihr einfach hervorragend. Sie fühlte sich darin wohl und attraktiv. Überdies war es ja auch die absolut passende Hülle für ihrer beider erste Begegnung in Gesellschaft.
In der großen Schar der überwiegend dunkel gekleideten Konzertbesucherinnen und -besucher wirkte sie darin wie ein Sonnenstrahl im Tunnel, was ihr zahlreiche anerkennende bis begehrliche, aber auch einige missbilligende oder neidische Blicke eintrug.
Magnus hatte seinen Platz noch nicht eingenommen, als sie wieder den Saal betrat. Er stand mit einer kleinen Gruppe rechts vor der Bühne, lachte und versprühte seinen bewährten Charme. Die anderen blickten an und zu ihm hoch, als wäre er eine strahlende Lichtgestalt. Doch dann zupfte ihn seine Frau am Ärmel und er folgte ihr. Wieder durften ein paar Leute aufstehen, um die beiden durchzulassen. Die Musiker betraten bereits die Bühne, als Frau und Herr Weizenegger sich endlich setzten.
Vierzig Minuten später bedankte sich das Quintett für den üppigen Applaus mit zwei Zugaben. Eine der Damen des Initiativ-Komitees sprach die Schussworte und wies auf die anschließende Bewirtung im Foyer hin. Dann setzte sich die Menge wieder in Bewegung und drängte aus dem Konzertsaal. Etliche Gäste verließen auch gleich das Gebäude, aber zur großen Erleichterung der Veranstalterinnen entschloss sich doch die Mehrzahl zum Bleiben.
Eva bahnte sich einen Weg zu Frau Renner, um sie zum bisher erfolgreichen Verlauf der Veranstaltung zu beglückwünschen. Die war immer noch ganz aufgeregt und ihr Hals bezeugte dies mit glühenden hektischen Flecken.
»Ja, das Konzert war fantastisch, nicht wahr? Wirklich begnadete Musiker, reizende junge Leute. Nun müssen Sie aber kräftig zugreifen! Ach, ich hoffe ja nur, dass wir nicht auf dem Essen sitzen bleiben!«
Eva lächelte und beschwichtigte sie. Natürlich versprach sie ihr Bestes und wünschte noch einen erfolgreichen Abend. Dann hielt sie Ausschau nach Magnus. Er stand gerade inmitten einer Gruppe, zu der auch
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