Liebling, Ich Kann Auch Anders
Francis hätte ihren Vergeltungstrip nicht genießen können, da die Sehnsucht nach den Kindern sie fast umgebracht hätte. Und den Kindern hätte es grausam zugesetzt. Den beiden, die Eva noch nie gesehen, von denen sie jedoch so viel gehört hatte, dass sie sich bereits als ihre Freundin und Vertraute empfand. Nein, es sollte kein Familiendrama geben! Woran ihr lag, das war Dramatik im Sinne einer Konfrontation mit Magnus.
Während sie ihre Toilette beendete und alles im Koffer verstaute, kam sie zu dem Schluss, dass es vielleicht doch vernünftiger wäre, ihre Beicht- und Wahrheitsbedürfnisse zu unterdrücken und ihre Verbindung zu Magnus nicht schon während der Heimfahrt zu enthüllen.
Schließlich ging sie zum Frühstück in den malerischen Innenhof des Hotels, wo Kletterpflanzen die Mauern hochrankten und Palmen und Feigenbäume Schatten spendeten. Zum Orangensaft blätterte sie die Tageszeitung durch, doch ihre Gedanken kreisten zunehmend um Francis. War sie einkaufen gegangen oder hatte sie sich gestern im Restaurant, während Eva auf der Toilette war, mit einem der beiden Kavaliere – oder gar mit beiden – verabredet? Genoss sie etwa gerade jetzt, während Eva, ihr Frühstücksei aufklopfte, die Freuden körperlicher Attraktionen? Auf einem breiten Bett mit weißer Satin-Bettwäsche, in einem großen Schlafzimmer, dessen Balkontüren weit offen standen und von weißen Gardinen sanft umweht wurden? Oder auf einer mit Blumen und Kübelpflanzen dekorierten Dachterrasse, wo sie – zwischen Küssen und Liebkosungen – von ihrem Liebhaber mit köstlich saftigen Früchten gefüttert wurde? Wie auch immer die Szenerie des Liebesspiels geartet sein mochte, Eva hätte es Francis wirklich von Herzen gegönnt – und Magnus erst recht!
Plötzlich stand Francis vor ihr. Ja, sie war wirklich verändert, strahlte und wirkte um einige Jahre jünger. Also doch! Eva rief begeistert: »Waaaaow, siehst du toll aus! Was hast du bloß angestellt?«
»Na, siehst du das denn nicht?« Francis fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich war beim parrucchiere und habe mir eine neue pettinatura verpassen lassen!«
»Ja, klar, jetzt sehe ich’s auch. Tolle Frisur! Fantastisch! Pfiffig und doch sehr feminin. Entschuldige, dass ich nicht gleich bemerkt habe, dass es an den Haaren liegt. Ich hatte da nämlich so ganz spezielle Fantasien, wo du gewesen sein und was du getrieben haben könntest.«
»Ach ja? Erzähl!«
»Nachher auf der Fahrt. Nur so viel: Ich dachte, du hast vielleicht copulato mit Blick auf die Casa Capuleti.«
»Auch eine nette Vorstellung. Aber mein Friseurbesuch war auch ein halber Liebesakt, das kann ich dir versichern. Der Typ hat sich vielleicht ins Zeug gelegt! Ich musste mich gelegentlich furchtbar beherrschen, dass ich nicht laut rausgelacht habe. Aber findest du es wirklich gut? Dann musst du nämlich gleich eine Menge Fotos schießen, damit ich meiner gewohnten Haarkünstlerin zeigen kann, wie ich es künftig will.«
Dreißig Bilder und zwei Stunden später – nach wortreichem Abschied vom Padrone – saßen sie im Auto.
»Hast du eigentlich inzwischen Magnus angerufen?«, wollte Eva wissen, die es nicht ausstehen konnte, wenn unerledigte Pflichten in der Luft hängen blieben.
»Ja, das habe ich auf dem Weg zum Friseur erledigt. Ich habe ihn geweckt. Er ist so spät ins Bett gekommen, weil er gestern noch auf meinen Anruf gewartet hat. Egal. Sonst bin es ja immer ich, die seinetwegen aufwacht.«
»Francis, die Rebellin …«
Sie lächelte. »Wie schon vermutet, ging’s um nichts Wichtiges. Er wollte bloß wissen, wann wir zurückkommen. Vielleicht plant er ja, uns mit einem köstlichen Festmahl zu begrüßen.«
Oder er will wissen, wie lange er sich mit seiner neusten Eroberung rumtreiben kann. »Ist das schon oft passiert, das mit dem Festmahl, meine ich?«
»Nein, noch nie.«
Sie lachten beide.
»Du magst dich ja verändert haben während unserer Reise, aber die Wahrscheinlichkeit, dass daheim alles beim Alten geblieben ist, mein Schatz, dürfte ziemlich groß sein.«
»Ja, leider. Aber nun erzähl mir endlich von deinen heißen Fantasien über meine Gestaltung des Vormittags!«
Eva gab ihre Visionen von Francis erotischen Spielen im pittoresken Ambiente wieder.
»Schön! So was könnte mir vielleicht tatsächlich gefallen. Ja wirklich. Je mehr ich darüber nachdenke, desto reizvoller kommt mir die Sache vor. Wie du vielleicht vermuten wirst, bin ich in der Hinsicht ja nicht
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